Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei Hilfsaufrechnung; mehrere Gegenforderungen
Leitsatz (amtlich)
1. Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, handelt es sich um eine Hilfs- oder Eventualaufrechnung, und erhöht sich damit in Anwendung des § 45 Abs. 3 GKG der (im Übrigen durch die Klageforderung bestimmte) Streitwert des Verfahrens um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht. Hält der Beklagte der nicht bestrittenen Klageforderung mehrere (rechtlich selbständige) Gegenforderungen mit der Aufrechnung entgegen, handelt es sich nur bei der ersten um eine Hauptaufrechnung.
2. Eine Streitwerterhöhung durch (Hilfs-)Aufrechnung mit mehreren Gegenforderungen in einer insgesamt die Klageforderungen übersteigenden Höhe nach § 45 Abs. 3 GKG setzt voraus, dass es sich bei dem Verteidigungsmittel des Beklagten um mehrere rechtlich selbständige Gegenforderungen handelt. Mehrere nicht verselbständigte Teilbeträge derselben Forderung können nicht in einem Eventualverhältnis zueinander zum Gegenstand von Hilfsaufrechnungen gemacht werden.
3. Der Streitwerterhöhung aufgrund der hilfsweisen Aufrechnung mit Gegenansprüchen gem. § 45 Abs. 3 GKG steht nicht grundsätzlich entgegen, dass es sich bei den Gegenansprüchen um mängelbedingte Zahlungsansprüche handelt, die ihren Ursprung in demselben Vertragsverhältnis haben, das die Grundlage für den die Klageforderung darstellenden Vergütungsanspruch ist. Bei einer Hilfsaufrechung mit einem Mängelanspruch gegen den eingeklagten Vergütungsanspruch des Auftragnehmers findet eine Streitwerterhöhung nach § 45 Abs. 3 GKG unter besonderer Berücksichtigung der im Gebührenstreitwertrecht angezeigten wirtschaftlichen Betrachtungsweise in den Fällen nicht statt, in denen sich der Auftraggeber in erster Linie mit der fehlenden Fälligkeit verteidigt (Anschluss an BGH Beschl. v. 6.10.2004 - IV ZR 287/02, NJW-RR 2005, 506). Dies gilt nicht, wenn das primäre Verteidigungsvorbringen des beklagten Bestellers keine Beziehung zu den Mängeln hat, die die Grundlage für die zur Aufrechnung gestellten monetären Mängelansprüche darstellen.
Normenkette
GKG § 45 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 17.11.2008; Aktenzeichen 15 O 101/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird die Streitwertfestsetzung des LG im Urteil vom 17.11.2008 (15 O 101/07) teilweise abgeändert und der Streitwert auf 23.187,28 EUR festgesetzt.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I Die Klägerin wurde von der Beklagten mit Auftragsschreiben vom 19.01. (Nr. 1287) und 29.3.2006 (Nr. 1287-1) mit Planungs- und Ausführungsleistungen im Zusammenhang mit der Verlagerung einer Lackieranlage einer Fa. E. inklusive Fördertechnik von N. nach B. in der T. beauftragt. Mit der mit Klageschrift vom 25.2.2007 eingereichten Klage hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der mit Rechnung vom 3.7.2006 über 11.078,23 EUR geltend gemachten Vergütung restlicher Montagearbeiten entsprechend dem Angebot vom 29.3.2006 beantragt.
Die Beklagte ist der Klage in vollem Umfang entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe unter Außerachtlassung von Gewährleistungsansprüchen unter Berücksichtigung bereits von ihr erbrachter Zahlungen nur noch ein Betrag von 10.562,82 EUR zu. Desweiteren hat sich die Beklagte Schadensersatzansprüche berühmt, die ihr wegen Fehlleistungen der Klägerin bei Leistungserbringung zustünden. Zum einen seien die Planungsleistungen der Klägerin mangelhaft gewesen, als sich nach Einrichtung und Montage der Anlage in der T. herausgestellt habe, dass der von ihr (Beklagten) gegenüber ihrem Auftraggeber geschuldete Zyklus der Lackieranlage von 20 Sekunden für die Lackierung eines Heizkörpers nicht eingehalten worden sei. Um diesen Mangel zu beheben, habe der EDV-Dienstleister T. im Auftrag der Beklagten umfangreiche Zusatzarbeiten erbringen müssen, die für sie - die Beklagte - zu einem Kostenaufwand von 25.600 EUR geführt hätten. Weiterhin hätten zahlreiche Stahlträger gefehlt bzw. seien fehlangeordnet worden, wodurch eine umfangreiche Ergänzung der Stahlkonstruktion erforderlich geworden sei. Die Fa..A ..., die die Stahlkonstruktion auf Grundlage der von der Klägerin erstellten Planung errichtet habe, habe in ihrem - der Beklagten - Auftrag zahlreiche Umbauten und Ergänzungsarbeiten erbringen müssen, die für die Beklagte zu einem kostenmäßigen Mehraufwand von 45.000 EUR netto geführt hätten.
Das LG - Einzelrichterin - hat mit Urteil vom 17.11.2008 die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 11.078,23 EUR verurteilt. Den Einwand der Beklagten, der Klägerin stehe allenfalls ein Anspruch i.H.v. noch 10.562,82 EUR zu, hat das LG für unsubstantiiert gehalten. Der Klageanspruch sei nicht gem. § 398 BGB infolge Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen aus Schlechtleistun...