Entscheidungsstichwort (Thema)

Deutsch-österreichischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6.6.1959 (BGBl. 1960 II S. 1246) Art. 13; Ausführungsgesetz vom 8.3.1960 (BGBl. I, 169) § 1 Abs. 1, 2; GVG § 23b Abs. 1 Nr. 5

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Anerkennung und Vollstreckung eines am 25.5.1993 ggü. dem Magistrat in G. (Österreich) geschlossenen Unterhaltsvergleichs (hier: Ansprüche des nichtehelichen Kindes gegen seinen Vater) richtet sich nach dem deutsch-österreichischen Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6.6.1959 (BGBl. 1960 II S. 1246 - deutsch-österreichischer Vertrag) und dem dazu ergangenen Ausführungsgesetz vom 8.3.1960 (BGBl. I, 169 - Ausführungsgesetz).

2. Für die Vollstreckbarerklärung der im Unterhaltsvergleich vom 25.5.1993 titulierten Ansprüche ist das AG - FamG - zuständig.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 10.08.2006; Aktenzeichen 3 O 229/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 18.8.2006 wird der Beschluss des Vorsitzenden der 3 Zivilkammer des LG Krefeld vom 10.8.2006 aufgehoben.

Die Sache wird auf Antrag der Antragstellerin nach Anhörung des Antragsgegners an das FamG Kempen verwiesen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin bittet als Vertreterin in Unterhaltsangelegenheiten für den am 1.1.1993 geborenen M. einen Unterhaltsvergleich für vollstreckbar zu erklären.

Der Antragsgegner verpflichtete sich ggü. dem Magistrat G. als Sachwalter durch Unterhaltsvergleich vom 25.5.1993 als ae KV (außerehelicher Kindesvater) des Kindes M. zu dessen Unterhalt ab 1.1.1993 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit einen Betrag von S 1.500 monatlich zu Händen des jeweiligen Sachwalters zu zahlen.

Wegen Rückständen von rund 10.000 EUR beantragte die Antragstellerin die Vollstreckbarerklärung.

Mit Beschluss vom 10.8.2006 wies der Vorsitzende der 3. Zivilkammer des LG Düsseldorf ohne Anhörung des Antragsgegners und ohne mündliche Verhandlung den Antrag - vor Ablauf einer von ihm gesetzten Stellungnahmefrist - als unzulässig zurück, weil der Antrag der Form des Art. 33 EuGVÜ nicht genüge und die Antragstellerin trotz gerichtlicher Aufforderung keine Ausfertigung der Entscheidung und keine Urkunden vorgelegt habe, aus denen sich ergebe, dass die Entscheidung nach dem Recht des Ursprungsstaates vollstreckbar und zugestellt worden sei (Art. 47 EuGVÜ).

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die geltend macht, die Stellungnahmefrist sei zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht abgelaufen gewesen. Dem Minderjährigen werde seit dem 1.11.1996 Unterhaltsvorschuss in Titelhöhe gewährt. Der Unterhaltsrückstand sei per 7.8.2006 auf 10.022,64 EUR angewachsen, per 26.9.2006 auf 10.131,65 EUR. Der letzte Zahlungseingang sei am 4.11.2004 verbucht mit 300 EUR. Sie beantrage erneut die Vollstreckbarkeit des Unterhaltsvergleiches über vormals ATS 1.500 = 109,01 EUR monatlich.

Nach der österreichischen Rechtsprechung sei ein Unterhaltsvergleich sofort rechtskräftig und exekutierbar. Ein Nachweis für die Zustellung sei nicht erforderlich, wenn dieser persönlich übernommen werde. Eine Ausfertigung des Vergleiches sei dem Antragsgegner persönlich übergeben worden. Ein Unterhaltsvergleich habe die gleiche Rechtswirksamkeit wie ein Unterhaltsbeschluss durch das Bezirksgericht.

Hilfsweise beantragt die Antragstellerin, die Sache an das FamG Kempen zu verweisen.

Der Antragsgegner hat sich nicht geäußert.

II. Die Beschwerde ist zulässig.

Der Vorsitzende der Zivilkammer des LG hat seine Entscheidung auf das Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz - AVAG) gestützt. Denn er hat die Zulässigkeit des Antrages auf Erteilung der Vollstreckungsklausel nach dem Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) beurteilt. Die Ausführung dieses Übereinkommens richtet sich nach dem AVAG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 AVAG.

Nach § 11 AVAG und Art. 36 EuGVÜ findet gegen die im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel die Beschwerde statt, die für den Gläubiger nicht fristgebunden ist.

Unabhängig von der Frage, ob über den Antrag des Gläubigers hier auf der Grundlage des AVAG/EuGVÜ entschieden werden durfte, ist - nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., 30 vor § 511) - jedenfalls das Rechtsmittel gegeben, das der erkennbar gewordenen Entscheidung entspricht (vgl. auch OLG Frankfurt v. 25.5.1993 - 20 W 435/92, OLGReport Frankfurt 1993, 214 = NJW-RR 1993, 958).

In der ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge