Verfahrensgang

BKartA (Entscheidung vom 13.01.2012; Aktenzeichen VK 2 - 127/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 13. Januar 2012 (VK 2 - 127/11) aufgehoben.

Der Antragsgegnerin wird untersagt, im vorliegenden Vergabeverfahren einen Zuschlag auf das Los F zu erteilen.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die in diesem Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin werden der Antragsgegnerin auferlegt. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war im Verfahren vor der Vergabekammer für die Antragstellerin notwendig. Die Beigeladene trägt ihre Aufwendungen und Kosten selbst.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 13.000 € festgesetzt.

 

Gründe

A.

Die Antragsgegnerin, eine gesetzliche Krankenkasse, schrieb den Abschluss einer Rahmenvereinbarung zur Versorgung ihrer Versicherten mit Anti-Dekubitus-Liegehilfen, Anti-Dekubitus-Sitzhilfen und statischen Positionierungshilfen (Hilfsmittel gemäß § 127 Abs. 1 SGB V der Produktgruppe 11) in sechs Losen im offenen Verfahren europaweit aus. Die Versorgung sollte am 1. Juni 2012 (Los B) beziehungsweise am 1. April 2012 beginnen (Los A und Lose C bis F). Angebote waren bis zum 2. November 2011 einzureichen. Einziges Zuschlagskriterium war der niedrigste Preis. Zu dem vom Bieter zu stellenden Personal wurde in der EU-Bekanntmachung unter III.2.3) ausgeführt:

3. Weitere fachliche Voraussetzung:

a. Nachweis über für den Bieter tätiges Fachpersonal. Bei Vertragsbeginn müssen mindestens 1,5 qualifizierte Mitarbeiterinnen pro Los beschäftigt werden und die Vertretung sichergestellt sein. Es ist eine berufspraktische Erfahrungszeit von mindestens zwölf Monaten innerhalb der letzten drei Jahre in mindestens einer Teilzeitbeschäftigung (ab 14 Stunden wöchentlich) oder einer vergleichbaren selbstständigen Tätigkeit in einem für den beantragten Hilfsmittelbereich zugelassenen Betrieb oder einer geeigneten Einrichtung nachzuweisen.

Das Fachpersonal muss ausgebildet sein als

- examinierte Krankenschwester/-pfleger

- Kinderkrankenschwester/-pfleger oder,

- Altenpfleger/in.

Die geforderte berufspraktische Erfahrungszeit nachzuweisen. Hier zählen nur Tätigkeiten nach dem erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung. Für examinierte Krankenschwestern/-pfleger, Kinderkrankenschwestern/-pfleger und Altenpfleger/innen sind als geeignet für die Ableistung der berufspraktische Erfahrungszeit insbesondere folgende Einrichtungen anzusehen:

- Kliniken,

- Altenpflegeheime,

- Behindertenheime oder,

- sonstige vergleichbare Leistungsträger.

Die geforderten Qualifikationen sind bereits bei Angebotsabgabe für diese Personen einzureichen, der Beschäftigungsnachweis erst bei Vertragsabschluss.

b. Der Bieter hat mit Angebotsabgabe eine namentliche Zuordnung des Fachpersonals auf das jeweilige Los vorzunehmen.

Die Antragstellerin und die Beigeladene gaben Angebote für das überregionale Los F ab. Die Antragstellerin bot den niedrigsten Preis an. Ihr Angebot wurde jedoch von der Antragsgegnerin wegen mangelnder materieller Eignung ausgeschlossen. Zur Begründung führte sie aus, die Qualifikation der von der Antragstellerin benannten Mitarbeiterin X... genüge nicht den gestellten Anforderungen, denn die geforderte berufspraktische Erfahrung von zwölf Monaten sei nicht hinreichend belegt worden. Der Zuschlag solle der Beigeladenen erteilt werden.

Die Antragstellerin rügte den Ausschluss ihres Angebots. Sie beanstandete, die berufspraktische Erfahrung müsse erst zum Vertragsbeginn und nicht schon bei Angebotsabgabe vorliegen. Die Antragsgegnerin wies die Rügen zurück.

In ihrem Nachprüfungsantrag führte die Antragstellerin aus, ihr Angebot sei zu Unrecht ausgeschlossen worden. Die benannte Mitarbeiterin, eine ausgebildete Krankenschwester, erfülle alle Anforderungen an die nachzuweisende Qualifikation, insbesondere verfüge sie über die geforderte berufspraktische Erfahrungszeit von zwölf Monaten innerhalb der letzten drei Jahre. Zwar sei die Mitarbeiterin zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe am 2. November 2011 erst elf Monate - nämlich seit dem 1. Dezember 2010 - bei ihr beschäftigt gewesen, es sei aber auch das von der Mitarbeiterin zuvor abgeleistete studienbegleitende Praktikum zu berücksichtigen. Bei Vertragsbeginn am 1. April 2012 werde die Mitarbeiterin sogar 16 Monate bei ihr beschäftigt sein. Im Übrigen habe die Mitarbeiterin vollzeitig gearbeitet, während von der Antragsgegnerin nur eine Teilzeitbeschäftigung von 14 Stunden gefordert worden sei.

Die Antragstellerin hat beantragt,

1. der Antragsgegnerin zu untersagen, im Los F den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen,

2, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Angebotswertung unter Be- rücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu durchzuführen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Sie hat zur Begrü...

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