Verfahrensgang

BKartA (Entscheidung vom 13.01.2012; Aktenzeichen VK 2 - 127/11)

 

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 13. Januar 2012 (VK 2-127/11) wird bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB verlängert.

Der Beschluss des Senats vom 09. Februar 2012 ist damit gegenstandslos.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, in der Sache bis zum 13. April 2012 abschließend vorzutragen.

 

Gründe

Auf den Antrag der Antragstellerin ist die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde gegen den angegriffenen Beschluss gemäß § 118 Abs. 1 S. 3 GWB anzuordnen. Der sofortigen Beschwerde, mit der die Antragstellerin geltend macht, die Antragsgegnerin habe ihr Angebot zu Unrecht wegen fehlender Eignung von der weiteren Wertung ausgeschlossen, kann eine hinreichende Erfolgsaussicht und damit eine Chance auf den Erhalt des Zuschlags im Sinne des § 118 Abs. 2 S. 3 GWB nicht abgesprochen werden. Auch die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde gebieten nicht, den Eilantrag abzulehnen.

1.

a) Die Antragsgegnerin war nicht berechtigt, das Angebot der Antragstellerin wegen fehlender Eignung - der fehlenden berufspraktischen Erfahrung der Mitarbeiterin L.... - von der weiteren Wertung auszuschließen, weil sie die beizubringenden Eignungsnachweise unter III.2.3) 3.a. der EU-Bekanntmachung hinsichtlich des Inhalts (siehe 1. aa), der Art (siehe 1. bb) und des Vorlagezeitpunkts (siehe 1. cc) nicht klar und eindeutig gefordert hat. Die Anforderungen sind unklar und lückenhaft. Der Auftraggeber hat bereits in der Vergabebekanntmachung anzugeben, welche Nachweise zur Beurteilung der Eignung vom Bieter vorzulegen sind (§ 6 Abs. 3, § 12 Abs. 2 S. 2 l) VOL/A, § 7 Abs. 5 S. 1 EG VOL/A)). Diese müssen im Einzelnen aufgeführt werden, damit sich die Bieter darauf einstellen und sich rechtzeitig die entsprechenden Nachweise beschaffen können. Die Angaben der Bekanntmachung zu den mit dem Angebot vorzulegenden Eignungsnachweisen müssen zudem klar und widerspruchsfrei sein. Unklarheiten und Widersprüche gehen zu Lasten des Auftraggebers (siehe auch: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02. Mai 2007, VII Verg 1/07; Dittmann in Kulartz u.a., VOL/A, 2. A., § 16 VOL/A, Rdnr. 30f u. 177ff; Völlink in Ziekow/ders., Vergaberecht, § 12 VOL/A, Rdnr. 17 i.V.m. § 12 VOB/A, Rdnr. 31).

aa) Es ist unklar, welche Tätigkeiten nach dem Abschluss der Berufsausbildung als berufspraktische Erfahrungen anerkannt werden können, insbesondere ist nicht eindeutig ersichtlich, welcher konkrete Bezug zur Hilfsmittelversorgung gegeben sein muss.

bb) Offen bleibt auch, in welcher Weise der Eignungsnachweis - durch Eigenerklärungen oder Fremderklärungen - geführt werden soll. Es ist auch unklar, ob mit dem verwendeten Begriff der "Qualifikation" die absolvierte Ausbildung oder die erworbene berufspraktische Erfahrung gemeint ist, so dass zweifelhaft bleibt, ob sich die vorzulegenden Nachweise auf die Ausbildung oder die berufspraktische Erfahrung oder auf beide Bereiche beziehen sollen. Dies ergibt sich auch nicht aus Ziffer 4.1. "Persönliche Eignung" der Vergabeunterlagen in Verbindung mit dem Anhang 1 "Teilnahmevoraussetzungen". Dort wird lediglich die Vorlage einer Kopie des Ausbildungsnachweises, den die Antragstellerin für die Mitarbeiterin L.... vorgelegt hat, nicht aber die Vorlage weiterer Nachweise gefordert. Auch aus der Ziffer 5. "Weitere fachliche Voraussetzungen" des Anhangs 17 "Liste zu erbringender Nachweise" ergibt sich diesbezüglich nichts. Dort wird lediglich, wie auch in Anhang 1, der Wortlaut von III.2.3) 3.a. der EU Bekanntmachung wiedergegeben. Gleiches wie für den Begriff "Qualifikation" gilt auch für den Begriff "Beschäftigungsnachweis". Auch bei diesem bleibt fraglich, ob sich der Beschäftigungsnachweis auf die berufspraktische Erfahrung oder die Beschäftigung beim Bieter zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bezieht.

cc) Letztlich ist durch die Formulierung "Die geforderten Qualifikationen sind bereits bei Angebotsabgabe für diese Personen einzureichen, der Beschäftigungsnachweis erst bei Vertragsabschluss." ebenfalls unklar, welche Nachweise bei Angebotsabgabe und welche bei Vertragsabschluss vorgelegt werden müssen, weil die Begriffe "Qualifikation" und "Beschäftigung" - wie ausgeführt - mehrdeutig und auslegungsfähig sind. Aufgrund des Wortlauts der Formulierung kann sich "Qualifikationen" auch nur auf die Ausbildung und "Beschäftigungsnachweis" sowohl auf die berufspraktische Erfahrung als auch auf die tatsächliche Beschäftigung der Mitarbeiterin L.... bei der Antragstellerin beziehen.

Dass die Anforderungen der Antragsgegnerin hinsichtlich der vorzulegenden Nachweise nicht klar und eindeutig gewesen sind, geht auch daraus hervor, dass ausweislich der Ziffer VI des Vergabevermerks vom 13.12.2011 und der "Formellen Angebotsauswertung" bei der formalen Prüfung der Angebote...

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