Verfahrensgang

BKartA (Beschluss vom 22.07.2004; Aktenzeichen B 8-40200-Fa-27/04)

 

Tenor

Die Beschwerden der Beteiligten zu 1)-3) gegen den Beschluss des BKartA vom 22.7.2004 (B 8-40200-Fa-27/04) werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen außergerichtlichen Auslagen des BKartA fallen den Beteiligten zu 1)-3) zur Last.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 250.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1) (nachfolgend: M. AG) befasst sich mit der Strom-, Gas-, Wärme- und Wasserversorgung in F. und Umgebung. Maßgebende Gesellschafter der M. AG sind die Stadtwerke F. H GmbH (eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Stadt F.) mit 75,2 % und die T. AG (ein Unternehmen des E.-Konzerns) mit 24,4 %. Die restlichen Gesellschaftsanteile befinden sich im Streubesitz.

Die M. AG beliefert über zwei eigene Leitungsnetze lokale Gasweiterverteiler und Gasendkunden. Die Belieferung von Gasendkunden betreibt sie in Gemeinden östlich von F. über ihre 100 %-ige Tochtergesellschaft, die Gasversorgung M.-S. GmbH (nachfolgend: G. GmbH). Die M. AG erzielte im Jahre 2003 bei einem Gasabsatz von 24.216 GWh Umsatzerlöse von 701,4 Mio. EUR. Ihren Gasbedarf deckte sie im selben Jahr zu 84 % bei ihrem Beteiligungsunternehmen, der Gas U. GmbH, und zu 16 % bei der E. R. AG (vormals: "R. AG").

Die Beteiligte zu 3) (Stadt A.) übertrug mit Wirkung vom 1.1.2000 den Bereich der lokalen Energie- und Wasserversorgung aus ihrem Eigenbetrieb "Stadtwerke A." auf die neu gegründete Beteiligte zu 2) (A. GmbH, nachfolgend: A. GmbH), an der sie alle Geschäftsanteile hält. Die A. GmbH bezieht - ebenso wie zuvor die A. er Stadtwerke - ihren gesamten Gasbedarf aufgrund eines bis zum 30.9.2013 befristeten Vertrages von der M. AG. Hintergrund der Auslagerung der Stadtwerke A. in die A. GmbH war, dass im Rahmen einer Kooperation die E. B. AG 12 % und die M. AG 17,5 % der Anteile an der A. GmbH erwerben sollten; die restlichen Anteile sollten im Besitz der Stadt A. bleiben. Dieses Vorhaben wurde aus kartellrechtlichen Gründen in dieser Form nicht weiterverfolgt, für die E. B. AG trat die H. AG (nachfolgend: H. AG) in das Konsortium ein.

Unter dem 1.3.2004 hat die M. AG den Erwerb der Beteiligung beim BKartA angemeldet. Mit Beschl. v. 22.7.2004 hat das BKartA den Anteilserwerb gem. §§ 36 Abs. 1, 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB untersagt.

Dagegen haben die M. AG mit Schriftsatz vom 24.8.2004 und die A. GmbH sowie die Stadt A. mit Schriftsatz vom 25.8.2004 Beschwerde eingelegt.

Sie beantragen, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Das BKartA beantragt, die Beschwerden zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze und Anlagen verwiesen.

II. Die zulässigen Beschwerden der Beteiligten zu 1)-3) gegen die Untersagungsverfügung des BKartA vom 22.7.2004 sind unbegründet. Der streitgegenständliche Anteilserwerb der M. AG ist gem. § 36 Abs. 1 GWB zu untersagen.

1. Zu Recht hat das Amt einen Zusammenschluss gem. § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB angenommen.

Ob einem Unternehmen bei einer Beteiligung von unter 25 % die Möglichkeit verschafft wird, einen wettbewerblich erheblichen Einfluss i.S.v. § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB auszuüben, ist im Rahmen einer Gesamtschau unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Entscheidend ist, ob der Anteilserwerb i.V.m. anderen Umständen eine Einflussnahme auf die Willensbildung und damit auf das Marktverhalten des Beteiligungsunternehmens ermöglicht und den Erwerber in die Lage versetzt, eigene Wettbewerbsinteressen zur Geltung zu bringen. Der Zusammenschlusstatbestand ist auch dann erfüllt, wenn nach Art der Vertragsgestaltung und der wirtschaftlichen Verhältnisse zu erwarten ist, dass der Mehrheitsgesellschafter auf die Vorstellungen des Minderheitsgesellschafters Rücksicht nehmen wird, auch wenn dies nur geschieht, soweit es seinen eigenen Internessen nicht zuwiderläuft (vgl. BGH v. 21.12.2004 - KVR 26/03, AG 2005, 198 = BGHReport 2005, 583 = WRP 2005, 352 [353] - Deutsche Post/trans-o-flex; WuW/E DE-R 607, 608 - Minderheitsbeteiligung im Zeitschriftenhandel; WuW/E DE-R 607 - ASV/Stilke; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 - VI-2 Kart 10/04 (V), Umdruck S. 14 f. - KG Wochenkurier; Beschl. v. 6.7.2005 - VI-Kart 26/04 (V) - Umdruck S. 11 - Bonner Zeitungsdruckerei; Mestmäcker/Veelken in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., 37 Rz. 90). Im Falle einer Beteiligung unter 25 % muss der Anteilserwerb i.E. mit sog. Plus-Faktoren verbunden sein, die trotz der geringeren Anteilshöhe die Beteiligung als eine solche erscheinen lassen, die einem Anteilserwerb von 25 % und mehr gleichzusetzen ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 - VI-2 Kart 10/04 (V), Umdruck S. 14 f. - KG Wochenkurier; Beschl. v. 6.7.2005 - VI-Kart 26/04 (V) - Umdruck S. 11 - Bonner Zeitungsdruckerei; Bechtold, GWB, 3. Aufl., § 37 Rz. 38, 40). Letzteres ist hier der Fall.

Die M. AG wird zusammenschlussbedingt einen wettbewerblich erhebliche...

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