Verfahrensgang

AG Neuss (Entscheidung vom 18.11.2010)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der am 18.11.2010 erlassene Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuss unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Kosten der gemäß Beweisbeschluss des Amtsgerichts vom 23.07.2010 durchgeführten Beweisaufnahme tragen die Beteiligten zu 2. und 3. je zur Hälfte. Die übrigen Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt der Beteiligte zu 1.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Beteiligte zu 1. zu 90% und die Beteiligten zu 2. und 3. zu je 5 %.

Der Beschwerdewert entspricht den erstinstanzlich entstandenen Verfahrenskosten.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Der Beteiligte zu 1., Sohn der Beteiligten zu 2., hat mit seinem gegen den Beteiligten zu 3. gerichteten Antrag die Feststellung dessen Vaterschaft verfolgt und mit diesem im Mai 2010 beim Amtsgericht anhängig gemachten Verfahren einen Antrag auf Zahlung des Mindestunterhalts für die Zeit ab Juli 2003 verbunden. Nach Einholung eines Abstammungsgutachtens, das die Vaterschaft des Beteiligten zu 3. ausschloss, hat der Beteiligte zu 1. seine Anträge zurückgenommen. Mit Beschluss vom 18.11.2010 hat das Amtsgericht dem Beteiligten zu 1. die Kosten des Verfahrens auferlegt. Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde wendet der Beteiligte zu 1. ein, dass ihm nach § 81 Abs. 3 FamFG keine Verfahrenskosten hätten auferlegt werden dürfen. Zudem sei der Beteiligte zu 3. als leiblicher Vater in Betracht gekommen.

II.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen geringen Umfang Erfolg.

1.

Die angefochtene Kostenentscheidung ist in einem Verfahren ergangen, in dem eine Unterhaltssache mit einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren verbunden war (§ 179 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Trotz dieser Verbindung handelt es sich im Hinblick auf die anzuwendenden Verfahrensvorschriften um selbständige Verfahren, auf die das jeweils geltende Verfahrensrecht Anwendung findet, mithin nur auf die Unterhaltssache das Verfahrensrecht für das Familienstreitverfahren (BT-Drs. 16/6308 S. 257; Zöller/Lorenz, ZPO, 28. Aufl., § 237 FamFG Rn. 1). Daher beurteilt sich nur die Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung in der Unterhaltssache nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 269 Abs. 5 ZPO (§ 243 FamFG betrifft die Kostenverteilung, nicht deren Anfechtbarkeit - vgl. Johannsen/Henrich/Maier, Familienrecht, 5. Auflage, § 243 Rn. 11; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. Auflage, § 58 Rn. 95, 97; Zöller/Herget, ZPO, 28. Auflage, § 243 FamFG Rn. 10). Die Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung in der Abstammungssache richtet sich nach §§ 58 ff. FamFG.

2.

Die somit nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 269 Abs. 5, 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde gegen den das Unterhaltsstreitverfahren betreffenden Teil der Kostenentscheidung ist unbegründet. In dem Unterhaltsverfahren entspricht es billigem Ermessen, dem Beteiligten zu 1. die Kosten aufzuerlegen, nachdem er seinen Unterhaltsantrag zurückgenommen hat (§ 243 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 FamFG). Das Unterhaltsverfahren leitete er bei der zweifelhaften Vaterschaft auf eigenes und - nicht zuletzt angesichts des geltend gemachten hohen Unterhaltsrückstands (§ 51 Abs. 2 Satz 1 FamGKG) - hohes Risiko ein. Die Antragsrücknahme war wirksam, der Beteiligte zu 3. hat ihr mit seinem Kostenantrag vom 16.11.2010 konkludent zugestimmt. Einer Zustimmung der Beteiligten zu 2. bedurfte es nicht, da sie an der Unterhaltssache nicht beteiligt war.

3.

Hinsichtlich des die Abstammungssache betreffenden Teils der Kostenentscheidung ist die Beschwerde zulässig und mit dem aus dem Tenor ersichtlichen Ergebnis begründet.

a)

Der Zulässigkeit der diesbezüglichen Kostenbeschwerde steht § 61 Abs. 1 FamFG nicht entgegen. Diese Regelung findet bei einer Abstammungssache keine Anwendung, weil es sich hierbei nicht um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handelt. Die Anfechtung einer Kostenentscheidung vermag an der Qualifikation einer Familiensache als vermögens- oder nichtvermögensrechtlich nichts zu ändern (so auch OLG Nürnberg, NJW 2010, 1468 f; Zöller/Feskorn, ZPO, 28. Auflage, § 61 FamFG Rdnr. 6: "…nach dem eindeutigen Wortlaut … ohne Mindestbeschwer zulässig …"; zum Meinungsstand vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 2010, 1695 Rdnr. 14, 15 - Dort stand eine sog. isolierte Kostenbeschwerde zur Entscheidung an. Die Problematik ist identisch.). Die gegenteilige Auffassung führt insbesondere bei einer vergleichenden Betrachtung der Zulässigkeit von Kostenbeschwerden in Familiensachen, die keine Familienstreitsachen sind, mit der Zulässigkeit von Kostenbeschwerden in Familienstreitsachen zu Ergebnissen, denen es an einer inneren Rechtfertigung fehlt. Dies zeigt nachfolgende Gegenüberstellung der Zulässigkeit der Kostenbeschwerde gegen eine Kostenentscheidung nach Antragsrücknahme in einer Abstammungssache und der Zulässigkeit der Kostenbeschwerde gegen eine Kostenentscheidung nach Antragsrücknahme in einer Fa...

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