Verfahrensgang

BKartA (Entscheidung vom 11.03.2011)

 

Tenor

Auf den Antrag der Antragstellerin wird die Vollstreckung des Beschlusses des Bundeskartellamts vom 11. März 2011 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 28.04.2011 - betreffend die Anforderung des Zinsbetrages von … € zu dem mit Bußgeldbescheid vom 17. März 2005 (B 6 - 82/02-6) festgesetzten Bußgeld bis zur Entscheidung über die gegenüber dem Bundeskartellamt erhobenen Einwendungen ausgesetzt.

 

Gründe

I.

Das Bundeskartellamt hat gegen die Antragstellerin mit Bescheid vom 17. März 2005 ein zwischenzeitlich rechtskräftiges Bußgeld in Höhe von .. Mio. € festgesetzt. Der Bußgeldbescheid ist der Antragstellerin am 23. März 2005 zugestellt worden. Am 30. Juli 2009 hat die Antragstellerin die verhängte Geldbuße bezahlt, nachdem sie zuvor ihren Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurückgenommen hatte.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Bundeskartellamt die Antragstellerin gemäß § 81 Abs. 6 GWB i.V.m. §§ 247, 288 Abs. 1 BGB zur Zahlung eines Zinsbetrages von … € - durch Berichtigungsbeschluss vom 28. April 2011 geringfügig reduziert auf … € - aufgefordert.

Im vorliegenden Verfahren wendet sich die Antragstellerin gegen diese Zinsfestsetzung und begehrt vorab die Aussetzung der Vollstreckung. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 81 Abs. 6 GWB geltend.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Vollstreckung des Beschlusses des Bundeskartellamts vom 11. März 2011 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 28.04.2011 - bis zur Entscheidung über die gegenüber dem Bundeskartellamt erhobenen Einwendungen auszusetzen.

Das Bundeskartellamt beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Es verteidigt den angefochtenen Beschluss und tritt den Ausführungen der Antragstellerin im Einzelnen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den angefochtenen Beschluss sowie auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Antrag der Antragstellerin, die Vollstreckung des angeforderten Zinsbetrages auszusetzen, hat Erfolg.

A. Der Antrag ist nach § 103 Abs. 2 Satz 2 OWiG statthaft. Nach der genannten Vorschrift kann das Gericht im Verfahren auf gerichtliche Entscheidung nach § 103 Abs. 1 OWiG die Vollstreckung (einstweilen) aussetzen, bis über die vom Vollstreckungsschuldner erhobenen Einwendungen entschieden ist. Das Verfahren gemäß § 103 Abs. 1 OWiG - und mithin auch die gerichtliche Aussetzungsbefugnis aus § 103 Abs. 2 Satz 2 OWiG - sind gegen die auf § 81 Abs. 6 GWB gestützte kartellbehördliche Festsetzung eines Zinsbetrages eröffnet.

1. Gemäß § 103 Abs. 1 OWiG entscheidet das Gericht nicht nur über Einwendungen, die gegen die Zulässigkeit des Vollstreckungsverfahrens insgesamt erhoben werden (Nr. 1), sondern daneben auch über die sonst bei der Vollstreckung eines Bußgeldbescheides getroffenen Maßnahmen der Vollstreckungsbehörde (Nr. 3). Geht es - wie vorliegend - um die Vollstreckung eines Kartellbußgeldbescheides, können Einzelanordnungen und Einzelmaßnahmen, die die Kartellbehörde in ihrer Eigenschaft als Vollstreckungsbehörde im Zusammenhang mit der Durchsetzung des Bußgeldbescheides trifft, gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 3 OWiG zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden.

2. Zu jenen (Einzel-)Maßnahmen gehört - entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Burrichter in FS Bechtold, S. 97, 117) - die kartellbehördliche Festsetzung des nach § 81 Abs. 6 GWB geschuldeten Zinsbetrages. Es handelt sich um eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung und nicht um die Verhängung einer bußgeldähnlichen Sanktion, gegen die der Einspruch nach § 67 OWiG eröffnet ist.

a) Schon in zeitlicher Hinsicht geht es um eine Anordnung im Rahmen der Bußgeldvollstreckung und nicht um eine solche in einem Erkenntnisverfahren. § 81 Abs. 6 GWB bestimmt, dass im Bußgeldbescheid festgesetzte Geldbußen gegen juristische Personen und Personenvereinigungen mit den im Bürgerlichen Gesetzbuch vorgesehenen Verzugszinssatz des § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu verzinsen sind. Der Zinszeitraum beginnt zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheides (§ 81 Abs. 6 Satz 1 GWB) und endet mit der vollständigen Zahlung der festgesetzten Geldbuße. Bußgeldentscheidungen sind dabei erst mit Eintritt ihrer Rechtskraft vollstreckbar (§ 89 OWiG). Bei dieser rechtlichen Ausgangslage ist die behördliche Festsetzung des Zinsbetrages Bestandteil des Verfahrens zur Vollstreckung des Bußgeldbescheides. Denn die Zinsschuld kann kartellbehördlich erst beziffert und beigetrieben werden, nachdem der zugrunde liegende Bußgeldbescheid rechtskräftig (und damit vollstreckbar) geworden ist und der Bußgeldschuldner daraufhin die verhängte Geldbuße gezahlt hat.

b) Auch der Sache nach geht es bei der Ermittlung und Festsetzung des Zinsbetrages nicht um ein bußgeldähnliches Erkenntnis der Kartellbehörde, sondern um eine Maßnahme zur Beitreibung der Bußgeldschuld. Die Kartellbehörde besitzt weder bei der Frage, ob überhaupt Zinsen auf die re...

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