Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Anwaltskosten im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren. Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens
Leitsatz (redaktionell)
Auch im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ist gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 RVG-VV anzurechnen.
Normenkette
RPflG § 11 Abs. 2, § 21 Nr. 1; ZPO § § 103 ff., § 103 Abs. 2 S. 1, § 569 Abs. 1; GWB § 73 Nr. 2, § 120 Abs. 2, § 124 Abs. 2, § 128 Abs. 4 S. 3
Nachgehend
Tenor
Die Sache wird dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
Gründe
I.
Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Mai 2008 den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Gleichzeitig hat er der Antragstellerin die im Verfahren vor der Vergabekammer entstandenen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin auferlegt, festgestellt, dass die Hinzuziehung eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig war, und der Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.
Die Antragsgegnerin, die sowohl vor der Vergabekammer als auch vor dem Vergabesenat durch ihre jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vertreten war, hat daraufhin mit Schriftsatz vom 23.06.2008 - abgesehen von der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG und der Umsatzsteuer - für das Verfahren vor der Vergabekammer eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG von 2,0 sowie für das Verfahren vor dem Vergabesenat eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG von 1,6 sowie eine Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV RVG von 1,2, insgesamt 6.133,50 Euro nebst Zinsen, beim Oberlandesgericht zur Festsetzung gegen die Antragstellerin angemeldet. Der Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 26. Juni 2008 lediglich einen Betrag von 5.211,84 Euro (rechnerisch richtig 5.199,94 Euro) nebst Zinsen festgesetzt; im Hinblick auf die Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG hat er die Geschäftsgebühr in Höhe von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet.
Gegen diesen ihr am 17. Juli 2008 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin mit am 24. Juli 2008 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz "sofortige Beschwerde" eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine Anrechnung finde nicht statt. Vorbem. 3 Abs. 4 zu Teil 3 VV sei nicht einschlägig, wie das OLG München in seinem Beschluss vom 12.06.2008 (Verg 13/07) entschieden habe. Das Verfahren vor der Vergabekammer ähnele mehr einem gerichtlichen Verfahren als einem Verwaltungsverfahren, auf das die Anrechnungsvorschrift zugeschnitten sei. Auch der Beschluss des BGH vom 23.09.2008 (X ZB 19/07) verhalte sich zu der hier zu entscheidenden Problematik nicht. Der Rechtspfleger hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.
Die Antragstellerin ist der Erinnerung entgegen getreten.
II.
Nach Ansicht des Senats ist die als Erinnerung auszulegende "sofortige Beschwerde" zwar zulässig, aber nicht begründet.
1.
Gegen die Entscheidung des Rechtspflegers ist nach § 11 Abs. 2 RPflG die Erinnerung statthaft. Die Frist des § 569 Abs. 1 ZPO (i.V.m. § 11 Abs. 2 S. 1 RPflG) ist eingehalten.
2.
Die Erinnerung ist unbegründet.
a) Allerdings ist der Rechtspfleger des Oberlandesgerichts nach ständiger Rechtspraxis - soweit ersichtlich - sämtlicher Oberlandesgerichte zur Festsetzung der im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zuständig. "Erster Rechtszug" im Sinne des § 103 Abs. 2 S. 1 ZPO (vgl. auch § 164 VwGO) ist nicht das Verfahren vor der Vergabekammer, sondern das Beschwerdeverfahren vor dem Vergabesenat; bei der Vergabekammer handelt es sich sowohl organisationsrechtlich als auch kostenrechtlich (vgl. BGH, Beschluss vom 23.09.2008 - X ZB 19/07) nicht um ein Gericht. Mangels besonderer Vorschriften im GWB sind - soweit nicht Besonderheiten des Beschwerdeverfahrens etwas anderes erfordern - zur Lückenfüllung - auch über die in § 120 Abs. 2 i.V.m. § 73 Nr. 2 GWB ausdrücklich aufgeführten Vorschriften hinaus - die Regeln der ZPO anzuwenden. Für das Kostenfestsetzungsverfahren gelten damit die §§ 103 ff. ZPO und ergänzend dazu § 21 Nr. 1 RPflG.
b) Zu Recht hat jedoch der Rechtspfleger zugunsten der Antragsgegnerin lediglich einen Betrag von 5.211,84 Euro (rechnerisch richtig 5.199,94 Euro) festgesetzt. Höhere als die festgesetzten Gebühren stehen ihren Verfahrensbevollmächtigen nach dem RVG (vgl. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO) nämlich nicht zu. Zutreffend hat der Rechtspfleger auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG (i.V.m. Vorbem. 3.2.1 Abs. 1 Nr. 4) gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 die gleichfalls für das Verfahren vor der Vergabekammer entstandene Geschäftsgebühr (vgl. BGH, Beschluss vom 23.09.2008 - X ZB 19/07 - unter Rdnr. 8) mit einem Gebührensatz von 0,75 angerechnet.
aa) Bereits nach dem Wortlaut ist diese Vorschrift einschlägig. Zugunsten der Verfahrens...