Leitsatz (amtlich)
1. Begehrt der Netzbetreiber die Umrechnung der historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten der betriebsnotwendigen Anlagegüter auf Tagesneuwerte unter Verwendung eigener Preisindizes, so hat er vollständig und nachprüfbar nachzuweisen, dass seine Preisindizes auf den Indexreihen des Statistischen Bundesamtes beruhen. Dies gilt auch im Falle der Verwendung der sog. WIBERA-Reihen.
2. Will ein Netzbetreiber die Vermutung des § 32 Abs. 3 S. 3 GasNEV widerlegen, muss er "etwas anderes nachweisen", d.h. er muss darlegen und belegen, dass er der kalkulatorischen Abschreibung die behaupteten längeren Nutzungsdauern zugrunde gelegt hat und dass und welche Relevanz dies für seine Entgeltbildung hatte.
Normenkette
GasNEV § 6 Abs. 3 S. 2, § 32 Abs. 3 S. 3
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11.10.2006 (Az.: BK 9-06/172) wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: bis 8,5 Mio. EUR.
Gründe
A. Die Antragstellerin betreibt ein Gasversorgungsnetz im Raum H. Ihrem Antrag auf Genehmigung der Netzentgelte vom 27.1.2006 gem. § 23a EnWG hat die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 11.10.2006 für die Zeit ab Zustellung des Bescheids (13.10.2006) bis zum 31.3.2008 unter Erteilung von Auflagen teilweise entsprochen. Sie hat 11,4 % der angemeldeten Kosten nicht anerkannt und in zwei Auflagen verfügt, ihr unverzüglich - im Falle vorgelagerter kostenorientiert-regulierter Netzbetreiber unverzüglich nach Vorliegen von deren erstmalig genehmigten Entgelten - die für ihr Netz geltenden Ausspeiseentgelte inklusive gewälzter Kosten und/oder gewälzter Entgelte anzuzeigen, sowie die genehmigten Entgelte unverzüglich anzupassen, soweit der vorgelagerte Netzbetreiber im Genehmigungszeitraum seine Netzentgelte senkt.
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 13.11.2006 beim OLG Düsseldorf eingereichten Beschwerde. Zur Begründung trägt sie vor: Die Antragsgegnerin habe bei der Ermittlung der Tagesneuwerte zu niedrige Indexreihen angesetzt. Ferner habe sie die unteren Werte der in Anlage 1 zur GasNEV genannten Spannen von Nutzungsdauern zugrunde gelegt und keine monatsgenaue Abschreibung vorgenommen. Auch die Kürzung der Eigenkapitalverzinsung sei rechtswidrig. Sie beruhe auf den rechtswidrigen Kürzungen der Restwerte des Sachanlagevermögens und darauf, dass die Antragsgegnerin das zu verzinsende Eigenkapital zwei Mal auf 40 % gekappt habe. Zudem sei der für den übersteigenden Anteil des Eigenkapitals gem. § 7 Abs. 1 S. 3 GasNEV angesetzte Zinssatz von 4,8 % um einen angemessenen Risikozuschlag zu erhöhen. Bei der kalkulatorischen Gewerbesteuer sei der Insichabzug fehlerhaft. Die Auflagen könnten im Genehmigungsverfahren nicht angeordnet werden. Sie seien auch nicht geeignet, die Voraussetzungen der Entgeltgenehmigung sicherzustellen. Die anzuzeigenden Entgelte vorgelagerter Netzbetreiber seien ihr nicht bekannt.
Die Antragstellerin beantragt,
1. die Antragsgegnerin unter teilweiser Aufhebung der Regelung in Ziff. 1 der Entgeltgenehmigung vom 11.10.2006 (BK 9-06/172) zu verpflichten, ihr die Genehmigung der Entgelte für den Gasnetzzugang in der im Genehmigungsantrag vom 27.1.2006 (Preisblatt Anlage 1) bezeichneten Höhe mit Wirkung ab dem 13.10.2006 zu erteilen,
2. hilfsweise zu 1: die Antragsgegnerin analog § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO zu verpflichten, den Genehmigungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,
3. die Nebenbestimmungen in Ziff. 5 und 6 des Entscheidungstenors der Genehmigung vom 11.10.2006 aufzuheben,
4. hilfsweise zu 3: die Antragsgegnerin zu verpflichten, die beantragte Entgeltgenehmigung ohne die Einschränkungen der Nebenbestimmungen in Ziff. 5 und 6 des Entscheidungstenors zu erteilen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Die Antragstellerin habe nicht nachgewiesen, dass die von ihr angewandten WIBERA-Indexreihen auf den Indexreihen des Statistischen Bundesamtes beruhen. Deswegen habe sie zumindest die niedrigeren Werte gemäß einem von ihr entwickelten Rechentool angesetzt. Bei den Merkmalen des § 6 Abs. 3 S. 2 GasNEV stehe ihr ein Beurteilungsspielraum zu. Zu Recht habe sie die Vermutung des § 32 Abs. 3 S. 3 GasNEV angewandt, weil die Antragstellerin keine längeren Nutzungsdauern nachgewiesen habe. Für die Anerkennung auch unterjähriger Abschreibungen sei nach § 6 Abs. 5 S. 1 GasNEV kein Raum. Die Möglichkeit nur jährlicher Abschreibungen reduziere den Prüfungsaufwand erheblich. Die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung sei zutreffend ermittelt. Die zweifache Anwendung der 40 %-Quote sei nach der GasNEV vorgegeben. Der Zinssatz von 4,8 % hinsichtlich des die zugelassene Eigenkapitalquote übersteigenden Anteils des Eigenkapitals sei verordnungskonform. Auch hierbei stehe ihr ein Beurteilungsspielraum zu. Für die Zubilligung eines Risikoa...