Leitsatz (amtlich)
1. Das Begehren des potentiellen Insolvenzverwalters (Antragstellers) um Aufnahme in eine Vorauswahlliste bzw. in ein Vorauswahlverfahren kann - auch wenn ein förmliches Vorauswahlverfahren nicht vorgesehen ist (insoweit abweichend von OLG Düsseldorf v. 24.6.1996 - 3 VA 4/95, OLGReport Düsseldorf 1996, 254 = NJW-RR 1996, 1273) - zulässig als Antrag im Verfahren gem. §§ 23 ff. EGGVG geltend gemacht werden.
2. Richtiger Antragsgegner ist in Nordrhein-Westfalen der Direktor des AG (potentiellen Insolvenzgerichts), nicht das Land.
3. Die Entschließung über die Aufnahme eines Bewerbers in eine Liste derjenigen Personen, aus denen der Richter sodann im Einzelfall in dem Eröffnungsbeschluss den nach seiner Auffassung am besten geeigneten Insolvenzverwalter auswählt und bestellt, ist als Justizverwaltungshandeln, nicht als Spruchrichtertätigkeit zu qualifizieren.
4. Die Justizverwaltung ist verpflichtet - ggf. mit Hilfe der Insolvenzrichter - sachgerechte Kriterien für ein Vorauswahlverfahren zu bestimmen, danach eine Vorauswahlliste für mögliche Insolvenzverwalter anzulegen und aufgrund der entwickelten Kriterien, den Antragsteller zu bescheiden.
5. Die bloße Sammlung möglicherweise in Betracht kommender Bewerber und bereits beauftragter Verwalter (faktisch "geschlossene Liste") reicht zur Vorbereitung der Bestellung durch den Richter im Einzelfall nicht aus und genügt nicht den vom BVerfG (BVerfG v. 23.5.2006 - 1 BvR 2530/04, NJW 2006, 2613) aufgestellten Anforderungen.
6. Überlässt die Justizverwaltung die Vorauswahl und die Festlegung der maßgebenden Auswahlkriterien den Insolvenzrichtern, so entfällt hierdurch nicht ihre Verantwortung, ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln im Sinne einer sachgerechten und verfassungsrechtlichen Maßstäben genügenden Vorauswahl sicher zu stellen.
Normenkette
EGGVG § 23 ff.; InsO § 27 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 56
Tenor
Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu bescheiden.
Gründe
A. Der Antragsteller, Fachanwalt für Insolvenzrecht, wurde in der Zeit vom 27.3.2000 bis 15.9.2003 im Bezirk des AG X - Insolvenzgericht - in 76 Verfahren als Gutachter, vorläufiger Insolvenzverwalter oder Insolvenzverwalter eingesetzt. Nach der Versetzung des Insolvenzrichters, von dem der Antragsteller nahezu ausschließlich Aufträge erhalten hatte, zum 1.1.2004, wurde er nur noch in einem weiteren Insolvenzverfahren berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 6.1.2005 wandte er sich schriftlich an die Insolvenzrichter. Er beanstandete die Praxis des Insolvenzgerichtes als verfassungswidrig und bat um einen rechtsmittelfähigen Bescheid. In ihren Antworten sahen sich die Insolvenzrichter dazu nicht in der Lage und teilten im Wesentlichen mit, dass sie für künftige Bestellungen keine konkrete Zusage machen könnten.
Mit einem weiteren Schreiben vom 6.1.2005 unterrichtete der Antragsteller den Antragsgegner über seine Schreiben an die Insolvenzrichter und teilte mit, er beabsichtige gegen die Entscheidung des Insolvenzgerichtes, ihn nicht weiter zu berücksichtigen, Rechtsmittel einzulegen.
Mit Schreiben vom 8.3.2006 verwies der Antragsteller darauf, dass nach der Entscheidung des BVerfG vom 3.8.2004 ein Anspruch auf Aufnahme in die Vorauswahlliste bestehe und eine Ablehnung in rechtsmittelfähiger Form vorzunehmen sei. Zwar sei die Frage eines Anspruchs auf Ernennung in einem konkreten Insolvenzverfahren bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden; jedenfalls aber sei eine nur formal anerkannte Aufnahme in die Vorauswahlliste - wie in seinem Fall - verfassungswidrig.
Er beantragte förmlich
1. Aufnahme in den Kreis der Personen, die als Gutachter, vorläufiger Insolvenzverwalter, Insolvenzverwalter und Treuhänder bestellt werden;
2. Zusage einer konkreten Berücksichtigung in Zukunft bei der Vergabe von Gutachtenaufträgen sowie der Ernennung zum vorläufigen Insolvenzverwalter, Insolvenzverwalter und Treuhänder.
Die Insolvenzrichter teilten dem Antragsteller daraufhin mit Schreiben vom 24.3.2006 mit, das Führen einer Vorauswahlliste sei eine Verwaltungsmaßnahme und obliege ihnen daher nicht; die Bestellung von Sachverständigen, vorläufigen Verwaltern und Verwaltern erfolge nach § 56 InsO in jedem Einzelfall; die Zusage einer konkreten Berücksichtigung in Zukunft erfolge nicht, weil hierfür keine Rechtsgrundlage bestehe.
Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 25.4.2006 verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.
Er macht geltend:
Vor seiner ersten Ernennung zum Gutachter in einem Insolvenzeröffnungsverfahren habe er ein Gespräch mit den damaligen Insolvenzrichtern geführt. Ihm sei bedeutet worden, dass er als Insolvenzgutachter, vorläufiger Insolvenzverwalter und Insolvenzverwalter sowie Treuhänder eingesetzt werden würde, sofern er in X ein Büro eröffne und die Zulassung bei dem AG X erhalte. Diese Voraussetzungen habe er dann erfüllt. Die Insolvenzrichter, die ihn nachfolgend nicht beauftragt hätten, hätten ihm mitgeteilt, dass von dort bis auf...