Leitsatz (amtlich)
Ist nicht ersichtlich, dass der Besitz einer Urkunde einen eigenen Wert darstellt, muss entsprechend der Bewertung der Verteidigung gegen eine Auskunftsklage auf das Interesse des Rechtsmittelführers, die Herausgabe nicht leisten zu müssen, abgestellt werden.
Normenkette
ZPO §§ 511, 3
Verfahrensgang
LG Krefeld (Urteil vom 26.11.2009; Aktenzeichen 3 O 422/07) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 26.11.2009 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Krefeld wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 400 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Der Kläger nimmt den Beklagten auf die Herausgabe von Unterlagen aus einem seit dem Jahr 2000 bestehenden (zwischenzeitlich beendeten) Mandatsverhältnis und auf Rückzahlung nicht verbrauchter Vorschüsse, Rechnungslegung und Schadensersatz in Anspruch. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des am 26.11.2009 verkündeten Urteils des LG Krefeld Bezug genommen. Damit wurde der Beklagte zur Herausgabe näher bezeichneter Unterlagen sowie zur Zahlung von EUR 7.494,19 nebst Zinsen für nicht verbrauchte Vorschüsse und von EUR 816,41 für außergerichtliche Anwaltsgebühren verurteilt. Desweiteren stellte das LG die Erledigung diverser Klageanträge fest.
Gegen das dem Beklagten am 7.12.2009 zugestellte Urteil legte dieser mit einem am 7.1.2010 beim OLG eingegangenen Schriftsatz Berufung ein. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 5.3.2010 begründete der Beklagte seine Berufung fristgerecht.
Der Beklagte beschränkt diese und beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern, soweit er gemäß der Ziff. 1. a), b), c) und d) zur Herausgabe von Unterlagen verurteilt worden ist.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat den Beklagten mit Beschluss vom 29.6.2010 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf EUR 400,- festzusetzen, und dass die Berufung sodann als unzulässig zu verwerfen sei. Auf diesen Hinweis hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 20.7.2010 vorgetragen, worauf verwiesen wird.
B. Die Berufung des Beklagten ist unzulässig. Insoweit verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 29.6.2010.
I. In diesem Beschluss hat der Senat folgendes ausgeführt:
Der nach §§ 511 Abs. 2 Nr. 1, 3 ZPO festzusetzende Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand allenfalls EUR 400,-, weshalb die Berufung des Beklagten unzulässig und gem. § 511 Abs. 1 ZPO zu verwerfen wäre.
Der Wert bei Verurteilung eines Beklagten zur Herausgabe von Unterlagen bzw. Urkunden richtet sich grundsätzlich nach dem Wert eines im Besitz der Urkunde verkörperten Rechts (Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 3 Rz. 16 "Herausgabe"). Hier ist nicht ersichtlich, dass der Besitz der Urkunden einen eigenen Wert darstellt, weshalb insoweit keine Schätzung möglich ist.
In derartigen Fällen muss deshalb entsprechend der Bewertung einer Auskunftsklage (vgl. hierzu BGH MDR 1999, 1218; NJW 1995, 664; Zöller/Herget, a.a.O.) auf den Wert abgestellt werden, den das Interesse des Rechtsmittelführers hat, die Herausgabe nicht leisten zu müssen (Zöller/Herget, a.a.O.). Abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses kommt es auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung einer geschuldeten Auskunft (vgl. hierzu BGHZ 164, 63 (65 f.; 128, 85 (87 f.); BGH FamRZ 2008, 1346; NJW-RR 2008, 889; FamRZ 2010, 891 m.w.N.) bzw. die geschuldete Herausgabe erfordert. Der eigene Zeitaufwand des Pflichtigen kann hierbei entsprechend den Regelungen für Zeugen im JVEG bewertet werden, woraus sich maximal EUR 17,-/Stunde ergeben (§ 22 JVEG; vgl. BGH FamRZ 2010, 891 m.w.N.). Kosten für die Hinzuziehung von sachkundigen Hilfspersonen können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung allein nicht in der Lage ist (BGH FamRZ 2007, 714; ZEV 2009, 38; FamRZ 2010, 891). Das kommt indes nur in Ausnahmefällen in Betracht, etwa bei Angaben zu größeren Unternehmensbeteiligungen für länger zurück liegende Zeiträume (BGH NJW 2009, 2218; FamRZ 2009, 594; FamRZ 2010, 891).
Unter Würdigung dieser Rechtsprechung ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand davon auszugehen, dass der Beklagte einen Zeitaufwand von mehr als 35,5 Arbeitsstunden zum Heraussuchen der den vier Angelegenheiten zuzuordnenden Unterlagen nicht glaubhaft gemacht hat. Nur dies entspräche nämlich einem Betrag, der die Berufungssumme von EUR 600,- übersteigen würde (35,5 × 17 = EUR 603,50). Vielmehr geht der Senat davon aus, dass pro Angelegenheit ein Betrag von allenfalls EUR 100,- zu schätzen wäre, zumal auch nicht ersichtlich ist, dass der Beklagte sich hierfür zusätzlicher Hilfspersonen bedienen müsste. Vielmehr müsste für ihn bei Durchsicht seiner Handakten und...