Leitsatz (amtlich)

1. Da § 556a BGB nur für Mietverhältnisse über Wohnraum gilt, kann der Vermieter den in einem Gewerberaummietvertrag vereinbarten Verteilungsschlüssel für die Umlage von Betriebskosten nur mit Zustimmung des Mieters ändern. Als Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Zustimmung zur Vertragsänderung kommen die Bestimmungen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in Betracht.

2. Die irrige Vorstellung des Vermieters, der vereinbarte Verteilungsschlüssel für die Umlage von Betriebskosten führe zur Deckung der ihm entstehenden Betriebskosten, rechtfertigt nicht die Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 2 BGB, weil eine fehlerhafte Kostenkalkulation in die Risikosphäre des Vermieters fällt. Anders liegen die Dinge nur, wenn der Mieter an der Kostenkalkulation beteiligt war oder sonst mit der Kalkulationsgrundlage zu tun hatte.

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 26.02.2015; Aktenzeichen 1 O 58/14)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 26.2.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Duisburg teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der weiter gehenden Rechtsmittel wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger EUR 60.734,61 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.2.2014 zu zahlen.

Die Hilfswiderklage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung angeblich überzahlter Betriebskosten in Anspruch. Hilfswiderklagend nimmt die Beklagte den Kläger auf Zustimmung zu einer Vertragsänderung in Anspruch.

Mit schriftlichem Vertrag vom 9.8.2011 mietete der Kläger von der Beklagten Räume in dem auf dem Grundstück Mülheimer Straße 26 in Oberhausen gelegenen Bürogebäude, beginnend mit dem 1.1.2011.

In § 1 Nr. 2 S. 1 des Mietvertrages heißt es:

"2. Der Vermieter vermietet an den Mieter in dem in Ziffer 1 genannten Gebäude eine Gesamtfläche von 4.585,72 m2 NGF (Mietgegenstand).".

Unter § 6 Nr. 3, Nr. 7 S. 1 und Nr. 8 des Mietvertrages ist unter anderem Folgendes geregelt:

"3. Auf die Betriebs- und Nebenkosten gem. Ziffern 1 und 2 (bzw. Ziffern 1, 2 und 3) wird derzeit eine monatliche Vorauszahlung in Höhe von EUR 2,65 pro m2 bezogen auf die Flächenaufstellung nach Anlage 2 erhoben. Die monatliche Nebenkosten/Betriebskostenvorauszahlung beträgt somit:

4.585,72 m2 × 2,65 EUR/m2 = 12.152,16 EUR.

(...)

7. Die Betriebskosten werden im Verhältnis der Mietfläche (NGF) zur Gesamtfläche (NGF) des Gebäudes auf den Mieter umgelegt, sofern dieser die Kosten nicht direkt begleicht oder eigene Zählereinrichtungen zur Verbrauchsmessung vorhanden sind. (...)

8. Die Kosten für die Beheizung der Räume werden (...) entsprechend der Ausnahmeregelung gem. Heizkostenverordnung (...) im Verhältnis der beheizten Mietfläche (NGF) zur beheizten Gesamtfläche (NGF) des Gebäudes auf den Mieter umgelegt.".

Gemäß § 20 S. 1 des Mietvertrages sind die im Mietvertrag aufgeführten Anlagen wesentliche Bestandteile dieses Mietvertrages; Mietvertragsbestandteil (als Anlage beigefügt) ist gemäß § 20 S. 4 des Mietvertrages insbesondere "Anlage 2: Flächenberechnung". Auf den Inhalt von Anlage 2 (Bl. 28 f. d. GA) wird Bezug genommen.

Bereits vor Abschluss des streitgegenständlichen Mietvertrages hatte der Kläger - damals noch unter der Bezeichnung A. handelnd - das Bürogebäude auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung mit der Beklagten vom 18.8.2009 genutzt.

Die von der Beklagten für die Jahre 2011 und 2012 zunächst erstellten Betriebskostenabrechnungen vom 1.8.2013 endeten unter Berücksichtigung der vom Kläger in den Jahren 2011 und 2012 geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von jeweils EUR 145.825,92 mit Nachforderungsbeträgen von EUR 41.022,25 bzw. EUR 40.053,23. Mit Schreiben vom 6.9.2013 monierte der Kläger gegenüber der Beklagten den den Abrechnungen zugrunde liegenden Flächenumlageschlüssel von 4.585,72 m2 zu 12.046,85 m2.

Die Fläche von 12.046,85 m2 entspricht der in Anlage 2 mit 15.393,15 m2 ausgewiesenen "NGF-Gesamt" des gesamten Gebäudes abzüglich der in Anlage 2 ausgewiesenen Positionen

"Sonst. Ext.

158,21

Stillgel./GBI

75,21

TG/G/Wohng.

3.112,88".

In einem Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 12.9.2013 heißt es sodann wörtlich:

"Gemäß dem Nachtrag zum Mietvertrag vom 05.08./09.08.2011, wird an das J. (= Kläger) eine Gesamtfläche von 4.989,81 m2 vermietet. (...)

Für die Betriebskostenabrechnung wird die Gesamtfläche des Gebäudes (15.393,15 m2) zugrundegelegt. Der auf J. entfallende Kostenanteil orientiert sich an der mietwirksamen Mietfläche (zz. 4.989,81 m2).".

Mit Schreiben vom 22.11.2013 übersandte die Beklagte dem Kläger korrigierte Abrechnungen mit geringeren Nachforderungsbeträgen. Den vom Kläger monierten Flächenumlageschlüssel hatte die Beklagte beibehalten. Der Kläger beg...

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