Leitsatz (amtlich)

1. Hat sich der Mandant vor Einschaltung des Rechtsanwalts mit dem Gegner schon teilweise geeinigt, so richtet sich der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts nach dem Wert des noch nicht erledigten Gegenstandes (hier: Streit um Lizenzgebühren).

2. Bei der Bemessung der Rahmengebühr (§ 12 BRAGO a.F. = § 14 RVG) ist das Gericht nicht an das Gutachten der Rechtsanwaltskammer gebunden.

 

Normenkette

BRAGO a.F. § 7 Abs. 1; BRAGO § 8 Abs. 1, §§ 12, 118 Abs. 1 Nr. 1 (jetzt RVG § 2, 14, 23, RVG-VV Nr. 2400)

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 13.10.2004; Aktenzeichen 5 O 4/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels das am 13.10.2004 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird unter Abweisung der weiter gehenden Klage verurteilt, an den Kläger 2.321,92 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.9.2002 zu zahlen.

Die Kosten beider Rechtszüge werden dem Kläger zu 83 %, dem Beklagten zu 17 % auferlegt mit Ausnahme derjenigen Kosten, welche durch die Anrufung des LG Berlin entstanden und vom Kläger allein zu tragen sind.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Das Rechtsmittel der Beklagten, mit welchem sie ihre Verurteilung zur Honorarzahlung (13.801,28 EUR nebst gesetzlichen Verzugszinsen) bekämpft, hat überwiegend Erfolg. Sie schuldet dem klagenden Rechtsanwalt unter Berücksichtigung der außergerichtlichen Teilzahlung (5.000 EUR) nur noch ein Resthonorar i.H.v. 2.321,92 EUR.

I. Das dem Kläger gem. §§ 611, 612 Abs. 2, 675 BGB i.V.m. den Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO), die gem. § 61 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) wegen der Auftragserteilung vor dem 1.7.2004 in der bis zum 30.6.2004 geltenden Fassung anzuwenden ist, zustehende Honorar errechnet sich wie folgt:

01

Gegenstandswert:

621.000,00 EUR

02

5/10-Geschäftsgebühr, §§ 11, 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO

1.716,00 EUR

03

5/10-Besprechungsgebühr, §§ 11, 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO

1.144,00 EUR

04

15/10-Vergleichsgebühr, §§ 11, 23 Abs. 1 S. 1 BRAGO

3.432,00 EUR

05

Post- und Telekommunikationspauschale, § 26 BRAGO

20,00 EUR

06

Zwischensumme

6.312,00 EUR

07

16 % Mehrwertsteuer, § 25 Abs. 2 BRAGO

1.009,92 EUR

08

Honorar

7.321,92 EUR

09

Vorschuss, §§ 17, 18 Abs. 2 BRAGO

- 5.000,00 EUR

10

Resthonorar

2.321,92 EUR

II. Erläuterungen:

1. Der Gegenstandswert der in Auftrag gegebenen Geschäftsbesorgung beträgt nicht, wie das LG (dem Kläger folgend) angenommen hat, 1.286.115,50 EUR, sondern nur 621.000 EUR (Zeile 01).

a) Die Gebühren des Rechtsanwalts werden gem. § 7 Abs. 1 BRAGO (jetzt § 2 Abs. 1 RVG) nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand seiner Tätigkeit hat. Unter dem Gegenstand ist das Recht oder Rechtsverhältnis (auch Streitgegenstand oder Streitverhältnis genannt) zu verstehen, auf welches sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nach dem Inhalt des erteilten Auftrags bezieht (BGH MDR 1976, 742). Geht es wie hier um außergerichtliche Tätigkeiten des Rechtsanwalts, sind gem. § 8 Abs. 1 S. 2 BRAGO (jetzt § 23 Abs. 1 S. 3 RVG) zur Bewertung der bearbeiteten Gegenstände die für das gerichtliche Verfahren maßgeblichen Wertvorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der jeweils maßgeblichen (hier in der bis zum 30.6.2004 geltenden) Fassung (nachfolgend GKG a.F. genannt) heranzuziehen, wenn die außergerichtliche Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens hätte sein können. Dafür genügt es, dass ohne eine außergerichtliche Regelung die gerichtliche Auseinandersetzung der Beteiligten unumgänglich wäre und dass zwischen der außergerichtlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts und derjenigen in einem etwaigen nachfolgenden Gerichtsverfahren ein innerer Zusammenhang bestehen würde (BGH v. 17.10.1996 - IX ZR 37/96, BRAK 1997, 96 = MDR 1997, 197 = NJW 1997, 188, sub Nr. 2; OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.4.2005 - I-24 U 66/04, OLGReport Düsseldorf 2005, 651, sub Nr. I.2b und I.3, m.w.N.). So verhält es sich im Streitfall.

b) Wäre es nicht zu dem außergerichtlichen Vergleich gekommen, hätten sich die Beklagte und ihre Lizenznehmerin R-GmbH (nachfolgend: Lizenznehmerin) über die gegenseitig erhobenen Ansprüche gerichtlich auseinandersetzen müssen. Der Wert der anwaltlichen Tätigkeit richtet sich deshalb mangels einer besonderen kostenrechtlichen Bestimmung gem. § 12 Abs. 1 S. 1 GKG a.F. (jetzt § 48 Abs. 1 S. 1 GKG), § 3 ZPO nach dem Interesse der Beklagten im Zeitpunkt der Auftragserteilung bzw. einer werterhöhenden Auftragsänderung (§ 15 GKG a.F., jetzt § 40 GKG).

aa) Im Streitfall maßgeblich für die Bestimmung des Auftragsumfangs ist zwar entgegen der Auffassung der Beklagten nicht der dem Kläger zunächst erteilte (eingeschränkte) Auftrag von März/April 2002 zur Frage der Durchsetzung der Lizenzgebührenforderung i.H.v. 160.500 DM, sondern der (erweiterte) Auftrag vom 15./21.5.2002, in welchem es (auch) um die Abwehr der geltend gemachten Schadensersatzansprüche der Lizenznehm...

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