Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der rechtzeitigen Ausübung des dem Ersteher aufgrund der Ersteigerung des Mietgrundstücks zustehenden Sonderkündigungsrechts.
Normenkette
BGB § 565 Abs. 1a, § 571; ZVG § 57a
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 15 O 319/99) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 8.3.2002 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 10 % über dem zu vollstreckenden Betrag abzuwenden, wenn nicht der Kläger vorab in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Räumung und Herausgabe des im Erdgeschoss des Gebäudes B. 68 in D. gelegenen, von dem Beklagten zu 1) mit Vertrag vom 29.5.1998 angemieteten Ladenlokals nebst Hallenfläche in Anspruch. Wegen der näheren Einzelheiten des erstinstanzlichen beiderseitigen Vorbringens und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 239–241 GA) verwiesen.
Das LG hat die Beklagten mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Gründe ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 241–243 GA), antragsgemäß verurteilt. Das Mietobjekt ist zwischenzeitlich im Wege der Zwangsvollstreckung geräumt und an den Kläger übergeben worden.
Gegen die Verurteilung richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgen. Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und führen ergänzend und korrigierend aus: Die auf § 57a ZVG gestützte Kündigung des Klägers vom 14.4.1999 (Bl. 24 f. GA) als Ersteher des Grundstücks B. 68 sei mit Blick auf den Zuschlagsbeschluss des AG Düsseldorf vom 26.3.1999 (65a K 78/98; Bl. 22 f. GA) verspätet. Am 28. oder 29.3.1999 habe sich der Kläger dem Beklagten zu 1) nicht nur als neuer Eigentümer vorgestellt, ihm sei – entgegen dem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten – auch eine Kopie des Mietvertrages überlassen worden. Zudem sei er von dem Beklagten zu 1) auf die Undichtigkeit des Flachdaches und die deshalb um 70 % geminderte Mietzinszahlung hingewiesen worden. Überdies habe der Verwalter des Grundstücks B. 68, der Zeuge K., am 6.4.1999 mit dem Kläger eingehend „das Mietverhältnis mit dem Beklagten zu 1) einschl. der Mietkürzungen” besprochen. Der schriftliche Mietvertrag sei dem Kläger von dem Verwalter ohnehin erst nach dem 14.4.1999 überlassen worden. Eine auf das Sonderkündigungsrecht gestützte Kündigung hätte daher spätestens am 6.4.1999 erfolgen müssen.
Der Kläger bittet um Zurückweisung der Berufung. Er hebt nochmals hervor, dass der Verwalter K. in der Karwoche (29.3.1999–5.4.1999 = Ostermontag) nicht erreichbar gewesen sei, was unstreitig ist. Erst nachfolgend habe er von dem Verwalter die aktuelle Mieterliste nebst dazugehörenden Mietverträgen und Unterlagen erhalten. Noch am 6.4.1999 habe er alsdann einen Besprechungstermin mit seinen erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten auf den 13.4.1999 vereinbart. Als Folge der Beratung habe er das Sonderkündigungsrecht am 14.4.1999 ausgeübt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschl. der zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
I. Das LG hat mit zutreffender Begründung festgestellt, dass die Beklagten gem. §§ 556 Abs. 1, 3, 985 BGB mit Ablauf des 31.12.1999 zur Räumung und Herausgabe des Ladenlokals B. 68 in D. verpflichtet sind. Denn das Mietverhältnis des Beklagten zu 1) mit der Voreigentümerin, in das der Kläger mit Zuschlag gem. § 57 ZVG i.V.m. § 571 BGB eingetreten ist, war aufgrund der Kündigung des Klägers vom 14.4.1999 gem. §§ 57a S. 1 ZVG, 565 Abs. 1a BGB am 31.12.1999 beendet. Damit ist auch das Besitzrecht des Beklagten zu 2) entfallen.
1. Die Bestimmung des § 57a S. 2 ZVG, wonach die Kündigung ausgeschlossen ist, wenn sie nicht für den ersten zulässigen Termin erfolgt, steht der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung nicht entgegen. Zwar hätte der Kläger gem. § 565 Abs. 1a BGB theoretisch schon zum 3. Werktag im April 1999 (6.4.1999) das Sonderkündigungsrecht ausüben können. Die bloße theoretische Möglichkeit bestimmt jedoch nicht den ersten zulässigen Termin für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts. Maßgebend ist vielmehr, ob dem Kläger die Ausübung des Rechts unter Beachtung der erforderlichen Sorgfalt bis zum 6.4.1999 tatsächlich möglich war (vgl. Zeller/Stöber, ZVG, 16. Aufl., § 57a Rz. 5.2; Böttcher, ZVG, 3. Aufl., §§ 57–57d Rz. 12; jew. m.w.N.). Dabei muss dem Ersteher grundsätzlich Gelegenheit eingeräumt werden, die Sach- und Rechtslage zu überprüfen, sich über Umstände zu informieren, die für oder gegen ein Verbleiben des Mieters sprechen, und die interne Willensbildung im Rahmen des üblichen Geschäf...