Leitsatz (amtlich)

1. Für das Säumnisverfahren ist auch nach Einführung des EG-Vollstreckungstitel-Durchführungsgesetzes nur eine allgemeine Säumnisbelehrung erforderlich.

2. Schlägt die mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens zum Zwecke der Sachverhaltsaufklärung und für einen Güteversuch verbundene Ladung der Partei fehl, so berührt dies nicht die wirksame Ladung ihres Prozessbevollmächtigten zum Termin.

3. Eine nachträglich eintretende anderweitige Rechtshängigkeit der Streitsache führt bei (Teil-) Identität des Streitgegenstandes nicht zur Unzulässigkeit der bereits rechtshängigen Klage, sondern des Antrags im zweiten Verfahren.

 

Normenkette

ZPO §§ 215, 141, 335, 345, 514

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Urteil vom 14.04.2010; Aktenzeichen 3 O 289/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 14.4.2010 verkündete zweite Versäumnisurteil der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Der Rechtsmittelstreitwert wird auf 270.536 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Das zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg, § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO. Das LG hat mit dem hier angefochtenen zweiten Versäumnisurteil vom 14.4.2010 (künftig: zweites Versäumnisurteil) den Einspruch des Beklagten gegen das am 2.12.2009 verkündete erste Versäumnisurteil (3 O 289/09 LG Wuppertal; künftig: erstes Versäumnisurteil) zu Recht als unzulässig verworfen. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine dem Beklagten günstigere Entscheidung.

I. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird Bezug genommen auf den Hinweisbeschluss vom 14.12.2010. Dort hat der Senat im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:

1. Nach § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt ein zweites Versäumnisurteil, gegen das gem. § 345 ZPO der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Berufung insoweit, als das Rechtsmittel darauf gestützt wird, ein Fall der Säumnis habe nicht vorgelegen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Beklagte in dem Termin zur mündlichen Verhandlung, in dem es zum Erlass des zweiten Versäumnisurteils gekommen ist (künftig: Einspruchstermin), im Rechtssinne nicht säumig gewesen ist, etwa weil seine Säumnis weder auf einem ihm zurechenbaren noch auf einem ihm zurechenbaren Verschulden Dritter beruhte oder er nicht, nicht rechtzeitig oder in sonstiger Weise nicht ordnungsgemäß zu dem Termin geladen worden ist (vgl. BGH NJW 1999, 724 und 2120; NJW 1982, 888; OLG Düsseldorf OLGReport Düsseldorf 2009, 27). Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer unverschuldeten Säumnis liegt bei dem die Berufung führenden Beklagten (vgl. BGH NJW 1999, 2120; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 514 Rz. 11), wobei der Sachverhalt, der die Zulässigkeit des Rechtsmittels gegen das zweites Versäumnisurteil rechtfertigen soll, vollständig in der Rechtsmittelbegründung vorgetragen werden muss (vgl. BGH NJW 2009, 687 m.w.N.). Die Verschuldensfrage ist nach denselben Maßstäben zu beurteilen, die bei der Beurteilung von Fristversäumnissen angelegt werden, wegen derer gem. § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden soll (vgl. BGH, a.a.O.; Zöller/Heßler, a.a.O., Rz. 9).

2. Nach diesen Kriterien kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte im Einspruchstermin ohne Verschulden säumig gewesen ist.

a) Der im Einspruchstermin vor dem LG am 14.4.2010 nicht durch einen zugelassenen Rechtsanwalt vertretene und deshalb säumige Beklagte war zu Händen seiner damaligen Prozessbevollmächtigten ordnungsgemäß i.S.d. §§ 166 Abs. 1, 172 Abs. 1, 215 Abs. 1, 341a ZPO geladen worden, so dass das LG nicht gem. § 335 Abs. 2 Nr. 2 ZPO daran gehindert gewesen war, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen. Die ordnungsgemäße Ladung lässt sich dem von den früheren Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 3.2.2010 unterzeichneten Empfangsbekenntnis entnehmen. Die mit dem Hinweisformular "ZP 82" versehene Ladung war gesetzmäßig, obwohl dem Formular in der seinerzeit und bis einschließlich August 2010 verwendeten, von der Landesjustizverwaltung genehmigten Fassung von Oktober 2007 (10.2007, ZP 82a. F.) ein spezifischer Hinweis auf die Rechtsfolgen wiederholter Säumnis (§ 345 ZPO) fehlte und nur den gem. § 215 Abs. 1 ZPO vorgeschriebenen Hinweis über die allgemeinen Rechtsfolgen bei erster Säumnis nach §§ 330 bis 331a ZPO (künftig: allgemeine Säumnisbelehrung) enthielt (vgl. aber die von der Landesjustizverwaltung jüngst genehmigte und seit September 2010 [09.2010 = ZP 82 n.F.] verwendete Fassung des Formulars ZP 82 [vgl. lv. justiz. nrw. de/formulare-vordrucke/formular-bek/buergerfreundliche-formulare/zp/index. php], die nun auch eine auf die wiederholte Säumnis i.S.d. § 345 ZPO bezogene Belehrung mit dem Hinweis enthält, dass gegen das zweite Versäumnisurteil ein weiterer Einspruch nicht mehr möglich ist, künftig: qualifizierte Säumnisbelehrung).

(1) Dieses Defizit hatte deshalb nicht zu einer fehlerhaften Ladung geführt, weil § 215 Abs. 1 S. 1 ZPO in der Fassung, wie sie durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (...

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