Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 28.06.2012) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28.06.2012 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer - Einzelrichterin - des LG Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.016,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 31 % und die Beklagte zu 69 %.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin, die die Rückzahlung von Versicherungsbeiträgen auf eine zwischenzeitlich gekündigte fondsgebundene Lebensversicherung nebst Zinsen begehrt, ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihr auf die Lebensversicherung M. Nr... geleisteten Beiträge - soweit diese von der Beklagten nicht schon zurückgezahlt worden sind - abzüglich des Prämienanteils für den Risikoschutz und auf Ersatz gezogener Nutzungen gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Var., 818 Abs. 1 u. Abs. 2 BGB in Höhe von insgesamt 4.016,91 EUR.
1. Ein Rechtsgrund für die Beitragszahlungen der Klägerin besteht nicht mehr, da der streitgegenständliche Lebensversicherungsvertrag nicht zustande gekommen ist. Die Klägerin hat dem Vertragsschluss mit Schreiben vom 28.03.2011 rechtzeitig gemäß § 5a Abs. 1 VVG a.F. widersprochen.
a) Das Widerspruchsrecht der Klägerin ist nicht gemäß § 5a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a.F. durch Ablauf der für Lebensversicherungsverträge maßgeblichen Frist von 30 Tagen erloschen, da diese Frist durch die Übersendung des Versicherungsscheins vom 04.12.1998 nicht entsprechend § 5a Abs. 2 S. 1 VVG a.F. in Lauf gesetzt wurde.
Nach § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. begann die Widerspruchsfrist erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach § 5 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. vollständig vorlagen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden war.
Die Belehrung in dem Versicherungsschein vom 04.12.1998 ("Sie können dem Abschluss des Versicherungsvertrages innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins, der Verbraucherinformation und der Allgemeinen Bedingungen schriftlich widersprechen. Die Frist beginnt mit dem Tag des vollständigen Erhalts dieser Unterlagen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.") ist wegen Verstoßes gegen § 187 BGB unwirksam. Über die Dauer der Frist ist zwar richtig belehrt worden, denn die Frist betrug im Jahr 1998 gemäß § 5a Abs. 1 S. 1 VVG in der Fassung vom 21.07.1994 (gültig bis 31.07.2001) 14 Tage. Die Frist bei Lebensversicherungsverträgen ist erst in § 5a Abs. 1 S. 2 VVG in der Fassung vom 02.12.2004 auf 30 Tage verlängert worden. Die Belehrung über den Fristbeginn ist jedoch inhaltlich unzutreffend und damit unwirksam. Es muss das Ereignis benannt werden, das die Frist in Lauf setzt (BGH, NJW 2009, 3572 und NJW 1994, 1800). Zwar brauchen weder das konkrete Datum des Fristbeginns noch die Grundsätze der Fristberechnung (§§ 187 ff. BGB) mitgeteilt zu werden (BGH, NJW 2010, 3503; OLG Köln, VersR 2013, 443). Formulierungen, die einen von § 187 Abs. 1 BGB abweichenden Fristbeginn nahelegen (BGH, NJW 1994, 1800: "ab heute"; OLG Köln a.a.O.) führen jedoch zur Unwirksamkeit. Nach der Belehrung auf dem Versicherungsschein vom 04.12.1998 beginnt die Widerspruchsfrist schon mit dem Tag des vollständigen Erhalts der Unterlagen. Dies widerspricht der Regelung des § 187 Abs. 1 BGB, nach der dann, wenn für den Anfang einer Frist ein Ereignis maßgebend ist, bei der Berechnung der Frist der Tag gerade nicht mitgerechnet wird, in welchen das Ereignis - hier der vollständige Erhalt der Unterlagen - fällt.
Da die Belehrung über das Widerspruchsrecht im Versicherungsschein aus den vorstehenden Rechtsgründen unwirksam ist, kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin mit dem Versicherungsschein die Verbraucherinformationen und die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zugegangen sind, wodurch nach der (unzutreffenden) Belehrung auf dem Versicherungsschein die Widerspruchsfrist in Gang gesetzt worden wäre.
Die Verbraucherinformationen und die Allgemeinen Versicherungsbedingungen enthalten ihrerseits ebenfalls keine den Anforderungen des § 5a Abs. 1 S.1 VVG a.F. genügende Belehrung über das Widerspruchsrecht. Vielmehr wird unter § 3 der AVB unter der Überschrift "Können Sie vom Versicherungsvertrag zurücktreten?" über ein Rücktrittsrecht von drei Monaten nach Abschluss des Versicherungsvertrags belehrt. Dies ist keine Belehrung über ein Widerspruchsrecht. Nr. 5 der Verbraucherinformationen enthält zwar eine Belehrung über ein Widerspruchsrecht innerhalb eine...