Leitsatz (amtlich)
Zur Geltung der Vorfahrtsregel auf privaten Parkplätzen.
Normenkette
StVO § 1 Abs. 2, § 8
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 12.05.2016; Aktenzeichen 1 O 72/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.5.2016 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des LG Wuppertal (Az.: 1 O 72/15) unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.816,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2015 sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.289,59 EUR für die Zeit vom 04.02.2015 bis zum 31.03.2015 und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 157,79 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 64 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 36 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten als Gesamtschuldner zu 30 % und der Klägerin zu 70 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche der Klägerin aus einem Verkehrsunfall, der sich am 08.01.2015 in Wuppertal auf dem Parkplatz des B.-Baumarktes, O. Straße 200, ereignet hat. Wegen des Sachverhalts wird zunächst auf die Darstellung des Tatbestandes in dem angefochtenen Urteil des LG Bezug genommen.
Mit der am 04.03.2015 eingegangenen und den Beklagten jeweils am 25.03.2015 zugestellten Klageschrift vom 27.02.2015 hat die Klägerin zunächst neben Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.029,35 EUR folgende Schadenspositionen geltend gemacht:
Wiederbeschaffungswert: |
20.000,00 EUR |
abzgl. Restwert: |
-9.200,00 EUR |
Merkantile Wertminderung: |
850,00 EUR |
Sachverständigenkosten: |
1.228,38 EUR |
Nutzungsausfallentschädigung: |
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(26 Tage à 65,00 EUR): |
1.690,00 EUR |
Ab- und Anmeldekosten: |
56,00 EUR |
Kostenpauschale: |
25,00 EUR |
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14.649,38 EUR |
Die Klägerin hat zunächst beantragt, die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 14.649,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2015 sowie weitere 1.029,35 EUR zu zahlen.
Nachdem die Beklagte zu 2) am 31.03.2015 gemäß ihres Abrechnungsschreibens vom 26.03.2015 an die Klägerin einen Betrag von 6.473,42 EUR sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 650,34 EUR gezahlt hat, haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit mit Schriftsätzen vom 01.04.2015 und 15.04.2015 übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Klägerin hat nunmehr beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an sie 14.649,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2015 abzüglich unter den 31.03.2015 gezahlter 6.473,42 EUR sowie weitere 379,01 EUR zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Das LG Wuppertal hat mit Urteil vom 12.05.2016 (Az.: 1 O 72/15) die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus einem Betrag von 9.947,50 EUR vom 04.02.2015 bis zum 31.03.2015 sowie weitere 3.892,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2015 sowie weitere 236,69 EUR zu zahlen.
Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden.
Zur Begründung hat das LG ausgeführt:
Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen N. stehe nicht fest, dass der Unfall für einen der Beteiligten unvermeidbar gewesen sei.
Die nach §§ 17 Abs. 1, Abs. 2, 18 Abs. 3 StVG erforderliche Abwägung der Verursachungsbeiträge führe zu einer Haftungsverteilung von 20: 80 zu Lasten der Beklagten.
Zu Lasten des Beklagten zu 1) greife ein Anscheinsbeweis dahingehend ein, dass er unter Verstoß gegen § 8 Abs. 2 S. 1 und S. 2 StVO dem Zeugen B. die Vorfahrt genommen habe. Der Zeuge B. sei i.S.d. § 8 Abs. 1 StVO bevorrechtigt gewesen, da er von rechts gekommen sei.
Auf dem streitgegenständlichen Parkplatz sei diese Vorfahrtsregel anwendbar. Die beiden Fahrbahnen zwischen den einzelnen Abstellplatzreihen, auf denen sich die beiden Pkws aufeinander zubewegt hätten, dienten nicht nur dem Suchverkehr, sondern sie hätten darüber hinaus Straßencharakter. Insbesondere habe sich die von dem Zeugen B. befahrene Fahrbahn nicht augenscheinlich von dem vom Beklagten zu 1) befahrenen Mittelweg abgehoben. Deren Breite und Fahrbahnoberfläche unterscheide sich nicht dergestalt von dem Mittelweg, dass diese gegenüber dem Mittelweg als untergeordnet angesehen werden müsste. Die von beiden Fahrzeugführern befahrenen Straßenflächen erwiesen sich nach ihrem Ausbauzustand und der Verkehrsführung als im Wesentlichen gleichartig. Dass die von dem Zeugen B. befahrene Fahrgasse nicht ausschließlich dem Suchen von Parkplätzen gelte, ergebe sich darüber hinaus auch daraus, dass am Ende der Gasse eine Umgehungsfahrbahn erreicht werden könne, über die der Eingang zum Baumarkt und die Ausfahrt vom Parkplatzgelände erreicht werden könne.
Dem Beklagten zu 1) sei darüber hin...