Leitsatz (amtlich)
1. Damit der Anleger die Objektivität der ihm angebotenen Beratungsleistung beurteilen kann, ist auch der freie Anlageberater zur Vermeidung eines vertragswidrigen Interessenkonfliktes verpflichtet, den Anleger über die Höhe des Entgelts aufzuklären, das er von dem Kapitalsuchenden für eine erfolgreiche Empfehlung erhält, gleichgültig aus welchem "Topf" der Gesamtfinanzplanung das Entgelt im Ergebnis gezahlt wird (vgl. Urteile des OLG Düsseldorf vom 8.7.2010 - I-6 U 136/09; v. 18.11.2010 - I-6 U 39/10). Wenn der Anlageberater diese Aufklärung unterlässt, kommt ein Schadensersatzanspruch des Anlegers gem. § 280 BGB in Betracht.
2. Dem Anleger werden i.S.d. § 199 Abs. 1 BGB die anspruchsbegründenden Umstände für einen solchen Schadensersatzanspruch bekannt, wenn der Anlageberater ihm ankündigt oder mit ihm vereinbart, ihn an dem Entgelt, das er für seine erfolgreiche Anlageempfehlung vom Kapitalsuchenden erhält, zu beteiligen, ohne ihm jedoch zugleich die Gesamthöhe der an ihn für die Anlageempfehlung gezahlten Provisionen zu offenbaren.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 31.07.2009; Aktenzeichen 2b O 2/08) |
BGH (Aktenzeichen III ZR 8/11) |
Tenor
Auf die Berufungen der Beklagten zu 1), 3) und 4) wird das am 31.7.2009 verkündete Teilurteil der 2b Zivilkammer des LG Düsseldorf in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 1.10.2009 unter Zurückwei-sung der Berufung der Klägerin teilweise abgeändert und wie folgt neuge-fasst:
Die gegen die Beklagten zu 1), 3) und 4) gerichteten Klagen werden abge-wiesen.
Die Kostenentscheidung bezüglich der Kosten 1. Instanz bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt vorbehalten, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des gegen sie vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Im Zusammenhang mit insgesamt vier Beteiligungen an jeweils zwei Medienfonds und Immobilienfonds nimmt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Zessionars aus abgetretenem Recht die Beklagte zu 1) als Rechtsnachfolgerin der A-GmbH wegen fehlerhafter Anlageberatung, die - inzwischen insolvente - Beklagte zu 2) als Komplementärin und die Beklagten zu 3) und 4) als jeweilige Treuhandkommanditisten der beiden Medienfonds auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin hat als Alleinerbin des am 29.10.2009 verstorbenen früheren Klägers B. das Verfahren aufgenommen. Dieser erhielt unter dem 17.12.2007 von dem Zeugen Dr. C alle Schadensersatzansprüche wegen dessen vier Beteiligungen an den nachfolgend genannten geschlossenen Immobilienfonds und Medienfonds abgetreten. Der Dr. C tätigte jede dieser Kapitalanlagen nach Gesprächen mit dem Zeugen D., einem Mitarbeiter der A-GmbH. Mit der A-GmbH unterhielt der Dr. C seit 1990 eine Geschäftsbeziehung, in deren Rahmen sie ihm die Finanzierung seiner Zahnarztpraxis und Immobilien sowie den Abschluss von (Lebens-)Versicherungen und weiteren steuersparenden Kapitalanlagen vermittelte. Die A-GmbH lud den Dr. C auch zu sog. "Ratgeberseminaren" ein, in denen sie mit ihrer Unabhängigkeit, individuellen Beratung und dem Erstellen persönlicher Anlagekonzepte warb. Vor ihren Gesprächen, die zu den nachfolgend genannten Beteiligungen des Dr. C führten, übersandte ihm der Zeuge D. jeweils den Emissionsprospekt der Kapitalanlagegesellschaft. Im Falle der beiden Filmfonds ließ außerdem der Dr. C die Prospekte durch seinen Steuerberater vorab prüfen. Bei jeder der streitgegenständlichen Kapitalanlagen setzte der Dr. C in den Verhandlungen mit der Beklagten zu 1) durch, dass diese einen Teil der Provision an ihn weiterleitete. Dabei wurde nur über die Höhe des weitergeleiteten Teilbetrags verhandelt, die Höhe der gesamten Provision jedoch weder von der A-GmbH offengelegt, noch von dem Dr. C erfragt.
Am 7.9.1995 zeichnete der Dr. C eine unmittelbare Kommanditbeteiligung über nominal 100.000 DM zzgl. 5 % Agio an der seit 1999 in Zahlungsschwierigkeiten befindlichen und zwangsverwalteten Immobilienfonds I. Der prospektierte Investitionsplan dieser Kapitalanlagegesellschaft sieht (Anlage 6a der Beklagten zu 1), S. 11) vor, dass auf das Agio 757.500 DM, auf das Damnum 1.550.000 DM und auf die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung 2.272.500 DM entfallen, dies sind zusammen 14,3 % der Investitionssumme i.H.v. 31.945.000 DM DM (= 15.300.000 DM Eigenkapital + 15.500.000 DM Fremdkapital + 387.500 DM Zinseinnahmen). Im selben Jahr noch, am 8.12.1995, zeichnete der Dr. C eine weitere Beteiligung über 80.000 DM zzgl. 5 % Agio an der gleichfalls seit 1999 in Zahlungsschwierigkeiten befindlichen und zwangsverwalteten Immobilienfonds II. Nach deren prospektiertem Investitionsplan betragen das Agio 744.000 DM, das Damnum 1.400.000 DM und die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung 2.320.000 DM; dies sind 14,4 % der Investitionssumme von 30.384.000 DM (= 15.000.000 ...