Verfahrensgang
LG Duisburg (Entscheidung vom 17.01.2006; Aktenzeichen 24 O 138/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das am 17.01.2006 verkündete Teilurteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg (24 O 138/04) aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Landgericht vorenthalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 195.000 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen des Verlustes einer Palette, mit deren Transport vom O. Lager der A.C.A. M. A. Pharma AG (im folgenden: A.C.A. M.) nach A. sie die Beklagte zu 1) und diese die Beklagte zu 2) beauftragt hatte. Die Beklagte zu 2) beauftragte den Streithelfer, die Palette bei A.C.A. M. abzuholen und zum Lager der Beklagten zu 2) in H. zu transportieren. Am 09.01.2004 morgens holte ein angestellter Fahrer des Streithelfers die Palette bei A.C.A. M. ab und lieferte am Nachmittag desselben Tages mehrere Sendungen im Lager der Beklagten zu 2) ab. Als am Abend Mitarbeiter der Beklagten zu 2) die fragliche Palette auf den für England bestimmten LKW laden wollten, fanden sie sie nicht vor, und sie fand sich auch später nicht wieder ein. Die Beklagte zu 1) hat ihre Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) wegen dieses Verlustes der Klägerin abgetreten.
Das Landgericht hat, nachdem das Verfahren gegen die Beklagte zu 1) zum Ruhen gebracht wurde, durch das angefochtene Teilurteil die Beklagte zu 2) antragsgemäß zur Zahlung von 164.942,76 EUR nebst Prozesszinsen verurteilt. Sie schulde der Klägerin aus abgetretenem Recht der Beklagten zu 1) nach Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR vollen Schadensersatz für den Verlust der Sendung vom 09.01.2004 aus ihrer Obhut, denn der Verlust sei entweder durch eine ihr zuzurechnende Person vorsätzlich oder durch ein dem Vorsatz vergleichbares grobes Organisationsverschulden verursacht worden. Ein Mitverschulden der Klägerin bestehe angesichts des zwar hohen, aber nach den Erfahrungen nicht völlig aus dem Rahmen fallenden Sendungswerts nicht.
Mit der Berufung wehrt sich die Beklagte zu 2) gegen den Vorwurf groben Organisationsverschuldens und gegen die Verneinung eines Mitverschuldens. Sie bestreitet, dass die von der Klägerin angegebenen Arzneimittel sich auf der Palette befanden, sowie deren geltend gemachten Wert.
Die Beklagte zu 2) beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und ihr Streithelfer beantragen,
die Berufung zurückzuweisen,
und verteidigen das Ergebnis des angefochtenen Urteils.
Wegen des Sachverhaltes im übrigen und der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf das angefochtene Urteil verwiesen sowie auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung führt zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 3 ZPO.
I.
Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils (§ 301 ZPO) lagen nicht vor.
Ein Teilurteil darf nur dann ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse nicht besteht. Das trifft auch für den gemäß § 301 Abs. 1 ZPO gleichstehenden Fall zu, dass von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur ein Teil des Klagebegehrens als zur Endentscheidung reif erachtet wird. Bei - wie hier - Klagen gegen mehrere Personen (subjektive Klagehäufung) gilt nichts anderes. § 301 ZPO soll die Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit der Entscheidungen in ein und demselben Rechtsstreit bis zu dessen rechtlicher, nicht nur faktischer Trennung gewährleisten. Es soll nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung bloßer Urteilselemente, die nicht in Rechtskraft erwachsen, kommen. Ein Teilurteil ist schon dann unzulässig, wenn sich durch die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung im Instanzenzug die Gefahr widersprechender Entscheidungen ergeben kann (BGH 12.01.1999, NJW 1999, 1035).
Im hier zu entscheidenden Fall besteht die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen bei der vom Landgericht gewählten Verfahrensweise. Solange nicht zugleich darüber entschieden wird, dass die Beklagte zu 1) aus einem anderen Grund - etwa, weil ihre Stellung nach dem auf ihren Vertrag mit der Klägerin anwendbaren nationalen Recht nur der des deutschrechtlichen Spediteurs entsprechen sollte - für den Güterverlust nicht haftet, kann die eine unbeschränkte Haftung der Beklagten zu 2) begründende Feststellung einer qualifiziert schuldhaften Schadensverursachung i.S.d. Art. 29 CMR i.V.m. § 435 HGB auch für die Haftung der Beklagten zu 1) als Hauptfrachtführerin entscheidungserheblich sein. Dasselbe gilt für die Frage nach den auf der bewussten Palette gestapelten Waren und deren Wert. Durch das ...