Leitsatz (amtlich)
1. Wenn sich ein Feststellungsantrag nach seinem Wortlaut auf die Feststellung der Wirksamkeit eines Widerrufs (im Sinne einer bloßen Vorfrage) beschränkt, ist er regelmäßig dahingehend auszulegen bzw. umzudeuten, dass die Feststellung begehrt wird, dass sich das Vertragsverhältnis in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt hat.
2. Soweit der Verwender in einer Widerrufsbelehrung gegenüber dem Muster der BGB-Info-V a.F. Umformulierungen vornimmt, insbesondere statt der Formulierung "... die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind..." die Formulierung "... wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind..." bzw. statt der Formulierung "der Darlehensgeber" die Formulierung "wir" verwendet hat, ist dies unschädlich, da es sich dabei ausschließlich - lediglich im Sinne eines "Perspektivwechsels" - um redaktionelle, nicht aber inhaltliche bzw. sachliche Änderungen handelt, die bei einem objektiv verständigen Verbraucher als Empfänger dieser Belehrung kein vom Muster abweichendes Verständnis aufkommen lassen können.
3. Auch wenn der Gestaltungshinweis 9 der BGB-Info-V a.F. vorsieht, dass dieser (allgemeinere) Satz für den Fall des finanzierten Erwerbs eines Grundstücks oder grundstückgleichen Rechts durch einen anderen (konkreter gefassten) Satz zu ersetzen ist, begründet die kumulative Verwendung beider Sätze keine inhaltliche, d.h. sachliche Änderung des Musters.
4. Die Verwendung eines vom Muster - bei wörtlicher und systematischer Auslegung - fakultativ zugelassenen Hinweises ist unschädlich, mag dieser auch mangels eines verbundenen Geschäfts im konkreten Fall nicht einschlägig sein.
5. Dass ein Belehrungsformular - im Sinne einer Art Sammelbelehrung - eine Mehrzahl von möglichen Geschäftstypen umfasst, enthält weder einen unzulässigen Eingriff in den Aufbau der Musterbelehrung noch einen inhaltlichen Verstoß gegen die dortigen Gestaltungshinweise.
6. Das gemäß § 3 ZPO maßgebliche wirtschaftliche Interesse des Klägers ermittelt sich regelmäßig aus der bei der Rückabwicklung entstehenden Ersparnis an Zinsen unter Berücksichtigung des Anspruchs der Bank auf einen Nutzungsersatz.
7. Ein Abschlag für die Feststellungsklage scheidet regelmäßig aus, wenn die Feststellungsklage der Leistungsklage insoweit gleichsteht, als der Kläger letztlich durch die Feststellung eine Endabrechnung und Leistung (Rückzahlung der Differenz zwischen Vertrags- und Marktzins bzw. Nutzungsersatz) erreichen will.
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Urteil vom 28.10.2014; Aktenzeichen 3 O 62/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Mönchengladbach vom 28.10.2014 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neugefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückabwicklung eines grundschuldgesicherten Immobiliendarlehensvertrages vom 04.10.2007, den er unter Geltendmachung fehlerhafter Widerrufsbelehrungen (zum Darlehens- bzw. Sicherungsvertrag) am 11.10.2013 widerrufen hat. Wegen weiterer Einzelheiten wird gemäß § 540 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat der Klage - teilweise - mit einer Zug-um-Zug-Einschränkung auch im Rahmen des Feststellungsantrages zur Wirksamkeit des Widerrufs und des Antrages auf Löschung der Grundschuld - entsprochen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe ein Feststellungsinteresse, da es ihm nicht um Klärung einer Vorfrage, sondern um die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gehe.
Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch gemäß §§ 355 Abs. 1, 357 Abs. 1, 346 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB zu. Das gesetzliche Widerrufsrecht gemäß § 495 Abs. 1 BGB a.F. habe nicht zu dem in § 355 Abs. 1 BGB a.F. bestimmten Zeitpunkt begonnen, da die Beklagte den Kläger nicht ordnungsgemäß belehrt habe.
Die von der Beklagten gewählte Widerrufsbelehrung entspreche im Hinblick auf den Satz "Bei einem finanzierten Erwerb ..." jedenfalls nicht dem Satz in Nr. 9 des Musters "Dies ist nur anzunehmen,...", wobei es sich nicht nur um eine rein redaktionelle Änderung handele, sondern um eine inhaltliche Bearbeitung (im Sinne BGH, NJW 2014, 2022).
Dass es vorliegend der Widerrufsbelehrung bezüglich finanzierter Geschäfte (gemäß Nr. 9 des Musters) nicht bedurfte hätte, führe nicht dazu, dass die Widerrufsbelehrung gegenstandslos sei und ins Leere gehe (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 07.07.2014, 23 U 172/13), denn § 355 Abs. 2 BGB a.F. stelle nicht auf die Kausalität zwischen Belehrungsmangel und der Widerrufsfrist ab, sondern allein auf die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung, denn Ziel des Widerrufsrechts sei der Verbraucherschutz (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 08.02.2012, 19 U 26/11).
Der Anspruch des Klägers sei nicht verwirkt, da jedenfalls das Umstandsmoment fehle, z...