Leitsatz (amtlich)
1. Ein Zwangsverwalter bleibt auch nach Beendigung/Aufhebung der Zwangsverwaltung für von ihm im Zeitraum der Zwangsverwaltung begangene Pflichtverletzungen in Bezug auf seine persönliche Eigenhaftung (hier: im Rahmen von Verkehrssicherungspflichten) passivlegitimiert.
2. Der Zwangsverwalter eines Gebäudes ist im Rahmen von § 152 Abs. 1 ZVG unter Ausschluss des Eigentümers auch für die Beachtung der Verkehrssicherungspflichten und die Beseitigung verkehrsgefährdender Mängel alleine verantwortlich.
3. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 9 ZwVwV hat der Verwalter das Objekt in Besitz zu nehmen und einen Bericht zu fertigen, in dem - auch über § 3 Abs. 1 Nr. 1-8 ZwVwV hinaus - alle sonstigen für die Verwaltung wesentlichen Verhältnisse festzuhalten sind. Dies betrifft auch den Bauzustand des von ihm (zwangs-)verwalteten Objekts.
4. Der Zwangsverwalter haftet für die Sicherung des ordnungsgemäßen Bestandes des Objekts. Es besteht zwar bei Inbesitznahme keine Pflicht, sofort und persönlich zu prüfen, welche handwerklichen Maßnahmen erforderlich sind, um bauliche Schäden zu vermeiden, insbesondere wenn diese Prüfung bzw. Feststellung notwendiger handwerklicher Maßnahmen Fachkunde voraussetzt und das Objekt leer steht. Der Zwangsverwalter hat indes gleichwohl die Pflicht, vom Zwangsverwalterobjekt ausgehende Gefahren (für dieses selbst oder Nachbarobjekte) zeitnah zu ermitteln, abzuwenden bzw. notwendige Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Den Zwangsverwalter trifft insoweit eine Prüfpflicht (im Sinne einer Gefahrabwendungspflicht als Teil der Verkehrssicherungspflichten).
5. Versäumt der Zwangsverwalter die insoweit erforderlichen Feststellungen, trifft ihn die Beweislast, dass ein - wie hier - auch noch bei Aufhebung der Zwangsverwaltung bestehender Schaden am verwalteten Objekt (bzw. am Nachbarobjekt) nicht auf seinem pflichtwidrigen Unterlassen beruht bzw. es gilt insoweit der Anscheinsbeweis bei Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, wenn sich in dem Schadensfall gerade die Gefahr verwirklicht, der durch die Auferlegung bestimmter Verhaltenspflichten begegnet werden sollte.
6. Bei der Prüfung eines Verschuldens des Zwangsverwalters ist ein objektiver bzw. abstrakter, berufsgruppenbezogener Maßstab zugrunde zu legen, wobei er - bei fehlender eigener Baufachkunde - einen Baufachkundigen hinzuzuziehen hat.
7. Steht ein objektiver Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten und damit die Verletzung der äußeren Sorgfaltspflichten fest, so indiziert dies die Verletzung der inneren Sorgfaltspflicht bzw. hierfür spricht der Anscheinsbeweis.
8. Für die Annahme einer Fahrlässigkeit des Zwangsverwalters genügt die allgemeine Vorhersehbarkeit des schädigenden Erfolgs; der konkrete Ablauf muss für ihn nicht in allen Einzelheiten vorhersehbar sein und bei Bestehen einer Prüfpflicht reicht die nicht ganz fernliegende Möglichkeit einer Schädigung aus.
Verfahrensgang
LG Krefeld (Aktenzeichen 3 O 54/15) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 02.11.2017 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz werden dem Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil und das erstinstanzliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt den Beklagten (als vom 18.03.2014 bis 27.02.2015 bestellter Zwangsverwalter des dem Mehrfamilienhaus des Klägers "B.-Straße 21" in geschlossener Bauweise benachbarten Hauses "B.-Straße 23" in Krefeld) - zunächst als Partei kraft Amtes und zuletzt auf entsprechenden Hinweis des LG persönlich (vgl. 211 GA) - (u.a. unter Bezugnahme auf Lichtbilder in dem im Zwangsverwaltungsverfahren eingeholten Verkehrswertgutachten vom 10.06.2014) auf Schadensersatz auf Grund von Feuchtigkeitsschäden an seinem Gebäude in Höhe von insgesamt 20.254,50 EUR in Anspruch, und zwar wie folgt:
voraussichtlicher Beseitigungsaufwand 14.120,00 EUR
Kosten Privatgutachten U. (1.456,55 + 177,85 EUR) 1.634,40 EUR
Mietausfall für 3 Wohnungen vom 09/2014 - 02/2015
Zwischensumme 15.754,40 EUR
6 Monate × 3 × 250 EUR monatlich) 4.500,00 EUR
Klageforderung 20.254,40 EUR
Das Landgericht hat der Klage nach Hinweisen bzw. Auflagen (68 ff. GA) und Beweisaufnahme (91/171 ff. GA) durch Einholung von zwei schriftlichen Gutachten des Sachverständigen F. (119 ff./186 ff. GA, Gutachtenhefter) in Höhe von 15.754,40 EUR nebst Zinsen sowie vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 1.029,35 EUR - unter Klageabweisung im Übrigen (d.h. in Bezug auf den o.a. Mietausfall in Höhe von 4.500,00 EUR) entsprochen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
I. Die Parteiänderung sei zulässig.
Der Kläger habe den Zwangsverwalter ursprünglich als Partei kraft Amtes in Anspruch genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 01.08.2017 habe der Kläger erklärt, mit der Klage den Zwangsverwalter nunmehr persönlich in Anspruch zu nehmen. Werde eine Partei kraft Amtes im Laufe des Rechtsstreits nicht mehr in dieser Eigenschaft, son...