Leitsatz (amtlich)
Eine Klausel in ARB einer Versicherung, wonach
"Rechtsschutz nicht besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung und Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung abwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)"
verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Absatz 1 BGB.
Normenkette
BGB § 307
Verfahrensgang
Tenor
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 10. August 2011 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (12 O 302/10) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das landgerichtliche Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
II.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier Risikoausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) der Beklagten.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte hat gegenüber ihren Kunden in privaten Rechtsschutzversicherungsverträgen ihre Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2000/2 bis 2006) verwendet und sich zur Ablehnung ihrer Einstandspflicht auf die unter § 3 (2) f) bb) bezeichneten Klauseln berufen. Diese lauten:
"Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung und Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung abwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)"
Der Kläger wendet sich mit der Unterlassungsklage aus § 1 UKlaG gegen die Verwendung dieser Klauseln, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer).
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat der auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten gerichteten Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klausel unterliege der Inhaltskontrolle, da sie weder den Typ des Versicherungsvertrages konstituiere noch den Kernbereich des versicherten Risikos und somit Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlege, sondern das generell gegebene Leistungsversprechen einschränke bzw. modifiziere. Gemessen an den zum Transparenzgebot entwickelten Grundsätzen ergebe sich bei kundenfeindlichster Auslegung der Klausel, dass diese in ihren beiden Teilaspekten unwirksam sei. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer erkenne zwar, dass sich die Klausel mit dem Ausschluss von Streitigkeiten im Zusammenhang mit Finanztransaktionsgeschäften befasst und dass sich der Ausschluss auf zwei Sachverhalte beziehen soll. Das Verständnis des exemplarisch erläuterten Begriffs "Effekten" bereite dem Durchschnittsverbraucher aber schon deshalb Schwierigkeiten, weil er allenfalls einem Teil der Verbraucher und insbesondere solchen fortgeschrittenen Alters geläufig sei. Auch handele es sich nicht um einen einheitlich verwendeten Begriff der Rechtssprache, da es an einer Legaldefinition fehle und die Verwendung im Gesetz nicht den Begriff selbst, sondern Zusammensetzungen wie Effektenhandel und Effektengeschäft oder aber Spezialnormen betreffe. Auch eine Information aus allgemein zugänglichen Quellen verschaffe keine Klarheit über den Begriff, eine intensivere Recherche führe sogar zu weiteren Schwierigkeiten, da Kenntnisse über die Börsenhandelbarkeit vom Durchschnittsverbraucher nicht erwartet werden könnten. Insgesamt lasse sich feststellen, dass das Auffinden einer Definition, die den intendierten Umfang treffe, letztlich vom Zufall abhänge und angesichts der Vielzahl differierender Erklärungen keine hinreichende Sicherheit darüber zu gewinnen sei, welche Definition die zutreffende sei.
Auch hinsichtlich des zweiten Teils der Klausel seien die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs erschöpft. Kenntnisse über den Anwendungsbereich der Prospektpflicht seien beim durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht zu erwarten. Transparenz erlange die Klausel auch nicht aufgrund der Verwendung eines in der Rechtss...