Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbswidrigkeit eines rechnungsähnlichen Vordrucks zur Eintragung in ein Online-Firmenverzeichnis
Leitsatz (amtlich)
Die Versendung eines Vordrucks zur Erteilung eines Auftrags zur Eintragung in ein Online-Firmenverzeichnis kann unter dem Gesichtspunkt einer auf Täuschung angelegten Werbung nach § 1 UWG auch dann sittenwidrig sein, wenn eine relevante Irreführung nach § 3 UWG zu verneinen ist, weil nur bei einem kleinen Teil der Werbeadressaten, nämlich denen, die die gebotene und zu erwartende Sorgfalt außer Acht lassen, mit einer Fehlvorstellung zu rechnen ist.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 30.05.2003; Aktenzeichen 38 O 42/03) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragstellers wird das Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf vom 30.5.2003 abgeändert und die Beschlussverfügung der 11. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt am Main vom 4.12.2002 - Aktenzeichen 3-11 O 168/02 - mit der Maßgabe bestätigt, dass die Werbung nur ggü. Gewerbetreibenden verboten wird.
Die Antragsgegner haben die Kosten des Verfahrens zu tragen, allerdings mit Ausnahme der Mehrkosten, die durch die Anrufung des unzuständigen LG Frankfurt am Main entstanden sind; diese Kosten muss der Antragsteller tragen.
Gründe
I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird nach § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO zunächst auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Danach stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar:
Der Antragsteller, ein Wettbewerbsverband nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG, nimmt die Antragsgegnerin zu 1), eine Verlegerin, und den Beklagten zu 2) als ihren Geschäftsführer im Wege des Eilverfahrens auf Unterlassung in Anspruch, und zwar eines Werbeschreibens für bezahlte Eintragungen in einem sog. Online-Firmenverzeichnis. Der Inhalt und die Gestaltung des von der Antragsgegnerin zu 1) versandten Schreibens ergeben sich aus dem nachfolgend wiedergegebenen Beispiel:
Der Antragsteller will von der Werbung der Antragsgegnerin zu 1) erst am 4.11.2002 erfahren haben. Das nach einer erfolglosen Abmahnung am 4.12.2002 angebrachte auf §§ 1, 3 UWG und den Vorwurf der Irreführung gestützte Begehren hat zum Erlass einer antragsgemäßen Beschlussverfügung des LG Frankfurt am Main vom 4.12.2002 geführt, die dann aber nach einer Verweisung der Sache vom LG Frankfurt am Main an das LG Düsseldorf durch das vom Antragsteller jetzt angefochtene Urteil wieder aufgehoben worden ist.
Der Antragsteller beanstandet jetzt in erster Linie eine Täuschung der angeschriebenen Gewerbetreibenden über die Entgeltlichkeit des Angebots. In zweiter Linie macht er aber weiterhin geltend, dass durch die "rechnungsgleiche Ausgestaltung" des Schreibens ein bereits bestehender Auftrag vorgespiegelt werde.
Er beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beschluss des LG Frankfurt am Main vom 4.12.2002 zu bestätigen.
Die Antragsgegner beantragen Zurückweisung der Berufung.
Sie verneinen jede Gefahr einer Irreführung. Die Antragsgegner halten die Sache auch nicht für dringlich, weil der Antragsteller mit der Rechtsverfolgung zu lange zugewartet habe. Die beanstandete Werbung sei dem Antragsteller seit Ende August 2002 bekannt gewesen, und zwar aufgrund eines ihm vorgelegten Schreibens einer Online V. GmbH, R., deren Geschäftsführer damals unstreitig der jetzige Antragsgegner zu 2) war.
II. Die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des LG Düsseldorf, mit dem die zuvor erwirkte Beschlussverfügung des LG Frankfurt am Main aufgehoben und der Verfügungsantrag zurückgewiesen worden ist, ist zulässig und in der Sache begründet. Die Beschlussverfügung ist mit der - klarstellenden - Maßgabe zu bestätigen, dass sich das Verbot nur auf eine Werbung ggü. Gewerbetreibenden erstreckt. In der Sache bedeutet die Bestätigung der Eilmaßnahme nach ihrer zwischenzeitlichen Aufhebung einen Neuerlass.
Das Begehren des Antragstellers, eines Wettbewerbsverbands, dessen Klage- bzw. Antragsbefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG für den Streitfall zu Recht außer Streit steht, bezieht sich allein auf eine Werbung, wie sie mit dem vorstehend wiedergegebenen Schreiben versandt worden ist. Der Antragsteller hat sich auf dieses an eine Buchdruckerei W. KG gerichtete Exemplar des Schreibens und noch auf ein weiteres an ein Autohaus B. versandtes Exemplar des Schreibens bezogen. Beide Exemplare bilden die Anlage K 1, die in der Beschlussverfügung in Bezug genommen ist. Der Antrag ist damit hinreichend bestimmt. Den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bestimmen nach dem engen in Wettbewerbssachen geltenden Streitgegenstandsbegriff (BGH v. 8.6.2000 - I ZR 269/97, MDR 2001, 583 = GRUR 2001, 181 - Dentalästhetika) auf der Grundlage des vorgelegten Werbeschreibens die genannten beiden nach §§ 1 und 3 UWG zu prüfenden Vorwürfe der Irreführung. Der Adressatenangabe in den beiden Exemplaren des die konkrete Verletzungshandlung wiedergebenden Schreibens ist zu entnehmen, dass es von Anfang an nur um das Verbot einer Werbung ggü. Gewerbetreibenden ging. Der Antrags...