Leitsatz (amtlich)
1. Zur Reichweite des § 246 Abs. 1 AktG bei der Anfechtung einzelner Regelungen eines Gesellschaftsvertrages.
2. Zur Anfechtbarkeit des Beschlusses über eine formwechselnde Umwandlung einer AG in eine GmbH & Co. KG, wenn der ehemaligen Mehrheitsaktionärin die Stellung einer Kommanditistin eingeräumt und ihre 100%ige Tochtergesellschaft mit minimalem Kapitalanteil an der KG zur alleinigen Komplementärin bestellt wird.
3. Zu den Folgen der Nichtigkeit einzelner Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages des Zielrechtsträgers für den den Gesellschaftsvertrag zugleich feststellenden Umwandlungsbeschluss und zum Umfang der gerichtlichen Kontrolle in diesem Fall.
Normenkette
AktG §§ 53a, 243, 246 Abs. 1; UmwG §§ 195, 233 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 36 O 115/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 18.12.2001 verkündete Urteil des LG Düsseldorf teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der auf der Hauptversammlung der ehemaligen F. AG (HRB … AG Düsseldorf) vom 15.8.2000 zu Tagesordnungspunkt 10, Unterpunkt d), gefasste Beschluss wird hinsichtlich der Bestimmungen zu § 9 Abs. 3 S. 4 sowie zu § 16 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten für nichtig erklärt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger 90 % und die Beklagte 10 % zu tragen.
Die Revisionen beider Parteien werden zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des für die jeweils andere Partei aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die jetzige Beklagte ist durch formwechselnde Umwandlung aus der F. AG (im Folgenden als „ehemalige Beklagte” bezeichnet) entstanden. Die ehemalige Beklagte war ursprünglich Teil des A.-Konzerns. 1959 wurden die Minderheitsaktionäre nach den Vorschriften des damaligen Umwandlungsgesetzes aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Im Rahmen der Auflösung des A.-Konzerns wurde die ehemalige Beklagte unter der Firma B.-AG in den 80-er Jahren des vorigen Jahrhunderts wieder an der Börse eingeführt. Anlässlich dieser Börseneinführung erwarben die Kläger Aktien an der B.-AG. Letztere firmierte im Jahre 1992 in F.-AG um. Ursprünglich hatte die Gesellschaft die Funktion einer Konzernholding. Nachdem die Mehrheit der Aktien von der schwedischen C.-Gruppe übernommen worden war, war sie eine Zwischenholding für den deutschen Teilkonzern dieser Gruppe. 1998 schlossen sich die schwedische C.-Gruppe und die finnische D.-Gruppe zusammen. Die jeweiligen Zwischenholdings für den deutschen Teilkonzern wurden 1999 zur C. D. Beteiligungen GmbH verschmolzen. Diese GmbH ist nunmehr Konzernspitze des deutschen Teilkonzerns der C.-D.-Gruppe, unter anderem ist sie Alleingesellschafterin der C. D. Verwaltungs GmbH. Die ehemalige Beklagte hatte lediglich noch die Funktion einer Zwischenholding für einen Teil der deutschen Gruppe; sie hielt Anteile an in- und ausländischen Gesellschaften. So verhält es sich auch bei der Beklagten.
Am 15.8.2000 hielt die C. D. Beteiligungen GmbH mit knapp 15 Mio. Aktien ca. 98 % des Grundkapitals der Beklagten. Eine Aktie hielt die C. D. Verwaltungs GmbH. Die Kläger hielten 334 Aktien.
In der Hauptversammlung der Beklagten vom 15.8.2000 wurde mit den Stimmen der Mehrheitsaktionärin zu dem Tagesordnungspunkt 10 ein Beschluss gefasst, der die Unterpunkte a) bis m) umfasste. Zu a) wurde die Umwandlung der AG in eine KG durch Formwechsel beschlossen. Die Ziff. b) und c) regelten Firma und Sitz der KG. Zu Ziff. d) hieß es: „Für die Kommanditgesellschaft wird der als Anlage zu diesem Beschluss wiedergegebene Gesellschaftsvertrag festgestellt.” Die weiteren Punkte behandelten insb. die Umwandlung der Mitgliedschaftsrechte. Dabei war vorgesehen, dass die C. D. Verwaltungs GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 Euro die alleinige persönlich haftende Gesellschafterin mit einem Kapitalanteil von 25 Euro werden solle. Alle übrigen Aktionäre wurden Kommanditisten, wobei für jede Stückaktie ein Kapitalanteil von 25 Euro an der KG zugeteilt wurde. Die Summe der Kapitalanteile der Kommanditisten, die zugleich die Hafteinlage darstellte, betrug – bis auf 25 Euro – 375 Mio. Euro. Außerdem bot die Kommanditgesellschaft u.a. jedem Aktionär, der gegen den Umwandlungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärte, eine Abfindung von 161 Euro für jede von ihm gehaltene Stückaktie für den Fall an, dass er sein Ausscheiden aus der KG erkläre.
Die Kläger erklärten gegen den Beschluss Widerspruch zu Protokoll des amtierenden Notars.
Der Rechtsformwechsel wurde am 17.10.2001 im Handelsregister eingetragen. Die Umwandlung führte auf Seiten der Mehrheitsaktionärin zu einem erhöhten steuerlichen Abschreibungsvolume...