Entscheidungsstichwort (Thema)
Gutschein eines Apothekers für einen Sonderrabatt auf frei auswählbares rezeptfreies Arzneimittel
Leitsatz (amtlich)
Die Ankündigung eines Apothekers, bei Präsentation eines in eine Werbeanzeige aufgenommenen Gutscheins einen Sonderrabatt auf ein bei ihm frei auszuwählendes rezeptfreies Arzneimittel zu gewähren, und das tatsächliche Gewähren eines solchen Rabatts bedeuten keine nach § 7 Abs. 1 S. 1 HWG verbotene Werbegabe, weil damit nicht i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWG für ein - bestimmtes - Arzneimittel geworben wird.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 16.04.2004; Aktenzeichen 38 O 39/04) |
Tenor
Die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf vom 16.4.2004 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Antragsteller.
Gründe
Die Antragsgegnerin, Apothekerin in R., ließ in einer Anzeige "Joker-Coupons" abdrucken, bei deren Vorlage man "auf ein OTC-Produkt (= rezeptfreies Medikament) ihrer Wahl 10 % Sonderrabatt" erhielt.
Der Antragsteller, ein Wettbewerbsverband, hat dies unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) beanstandet.
Das LG hat - unter Aufhebung einer früheren Beschlussverfügung - den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil es sich nicht um Werbung für ein bestimmtes Mittel handele, sondern um Werbung für alle von der Antragsgegnerin vertriebenen rezeptfreien Arzneimittel.
Gegen diese Würdigung richtet sich die Berufung des Antragstellers.
Die Berufung des antragstellenden Vereins hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 11 UWG n.F. i.V.m. § 7 HWG verneint.
1. § 7 HWG greift - wie das LG zutreffend erkannt hat - in dieser Fallgestaltung nicht ein.
a) Allerdings erfasst § 7 Abs. 1 HWG i.F.d. Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Aufhebung der Zugabeverordnung und zur Anpassung weiterer Vorschriften vom 23.7.2001 (BGBl. I, 1661) auch Rabatte.
aa) Zwar unterfielen Rabatte nicht der Vorschrift des § 7 Abs. 1 S. 1 HWG a.F. Dies wurde teilweise damit begründet, dass Rabatte keine "Zuwendungen und sonstigen Werbegaben (Waren oder Dienstleistungen)" seien, weil dies ein neben der Hauptleistung gewährtes Gut voraussetze (Bülow/Ring, Heilmittelwerbegesetz, § 7 Rz. 7; OLG Hamburg WRP 2004, 219 - AirView), teilweise auch mit dem Verweis auf nach allgemeinem Recht erlaubte Zugaben durch § 7 Abs. 1 S. 1, letzte Alt. HWG i.V.m. § 1 Abs. 2 lit. b) ZugabeVO (Bülow/Ring, Heilmittelwerbegesetz, § 7 Rz. 28; Gröning, Heilmittelwerbegesetz, § 7 Rz. 18; Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Aufl., § 7 Rz. 17). Auf Rabatte in Bezug auf Heilmittel waren daher - vorbehaltlich besonderer Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und des Arzneimittelpreisrechts - lediglich die allgemeinen Vorschriften des Rabattgesetzes anzuwenden (Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Aufl., § 7 Rz. 17).
bb) Dies ist nach der Neufassung des § 7 HWG jedoch anders. Zwar ist der Begriff "Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Dienstleistungen)" in der Vorschrift erhalten geblieben, so dass nach dem Wortlaut - folgte man der o.g. Auffassung von Bülow - Rabatte weiterhin nicht der Norm unterfallen könnten. Jedoch geht der Gesetzgeber von einer Anwendung der Vorschrift auf Rabatte aus, wenn er in § 7 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) HWG n.F. Rabatte nur in bestimmten - hier nicht vorliegenden - Fällen gestattet (vgl. OLG Hamburg WRP 2004, 790 - AirView).
Die gewollte Erweiterung des § 7 HWG auf Rabatte lässt sich auch der Gesetzesbegründung entnehmen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthielt zumindest lediglich den Wegfall der letzten Alternative des § 7 Abs. 1 S. 1 HWG, ohne auf die einzelnen Fallgestaltungen einzugehen (BR-Drucks. 13/01, Begründung zu Art. 2 Nr. 1). Dies beanstandete der Bundesrat und nahm insb. auf bisher zulässige Natural- und Geldrabatte Bezug (BT-Drucks. 14/5594, Anlage 2 zu Art. 2). Dem verschloss sich die Bundesregierung nicht (vgl. BT-Drucks. 14/5594, Anlage 3). Daraufhin übernahm der Rechtsausschuss des Bundestages in seine Beschlussempfehlung weitere Ausnahmetatbestände, wobei er jedoch in seiner Fassung, die schließlich zum Gesetz geworden ist, nur bestimmte Geld- und Naturalrabatte für zulässig erachtete (vgl. BT-Drucks. 14/6469 zu Art. 2), andere aber ablehnte. Die dadurch eingetretene Verschärfung der Rechtslage wird im Gesetz und seiner Begründung zwar nicht ausdrücklich angesprochen, ergibt sich aber aus den engen Ausnahmevorschriften; Rabatte sind stärker eingeschränkt als nach dem alten Rabattgesetz.
cc) Das Verbot von Rabatten in § 7 HWG ist auch nicht dadurch hinfällig geworden, dass der Gesetzgeber durch Art. 24 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 die Preisbindung für rezeptfreie Arzneimittel aufgehoben hat. Wegen der nunmehr freien Preisgestaltung (und der möglichen Werbung mit dem Preis und einer Preisherabsetzung) weist das Argument des Rechtsausschusses des Deutsch...