Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 24 O 51/12) |
Tenor
Auf die Berufung der beklagten Stadt wird das am 11.1.2019 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die beklagte Stadt wird verurteilt, an die Klägerin 25.949,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.12.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 80 % und die beklagte Stadt zu 20%. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt vorbehalten, die Vollstreckung der beklagten Stadt gegen Sicherleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die beklagte Stadt vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. In der Berufungsinstanz streiten die Parteien über Forderungen der Klägerin wegen eines ihr verspätetet möglichen Baubeginns.
Am 19.7.2010 beauftragte die beklagte Stadt die Klägerin unter Einbeziehung der VOB/B mit der Erstellung eines Wärmverbundsystems an dem A.- Berufskolleg in Oberhausen. Im Auftragsschreiben legte sie fest, dass der Arbeitsbeginn der Klägerin im Abschnitt LOS 1 am 30.8.2010, im Abschnitt LOS 2 am 13.10.2010 und im Abschnitt LOS 3 am 6.12.2010 erfolgen sollte. Vor Arbeitsbeginn der Klägerin waren andere Gewerke (u.a. Gerüstbauarbeiten) geplant.
Der Baubeginn verschob sich nach und nach, da das Gewerk der Aluminiumfenster von der beklagten Stadt neu ausgeschrieben werden musste. Letztlich konnte die Klägerin erst am 21.11.2011 mit der Ausführung ihrer Arbeiten beginnen. Bei der Ausführung der Arbeiten kam es ebenfalls noch zu Verzögerungen.
Unter dem 12.9.2012 erteilte die Klägerin eine Schlussrechnung, die eine Position "Kosten für Bauzeitverschiebung" i.H.v. 181.497,13 EUR brutto enthielt. Diese Rechnungsposition ist unstreitig nicht ausgeglichen und war teilweise Gegenstand der Klage. Wegen der Einzelheiten wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Mit dem am 11.1.2019 verkündeten Urteil hat die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg durch den Vorsitzenden der Klage in Höhe von 88.397,19 EUR nebst Zinsen ab dem 5.12.2012 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Klage sei jedenfalls ab Vorlage der Schlussrechnung zulässig. Etwaige selbstständige Ansprüche seien damit nur noch unselbstständige Rechnungsposten geworden. Der Wechsel von der Abschlags- auf die Schlussrechnung stelle keine Klageänderung im Sinne von § 264 ZPO dar.
Die Klägerin könne von der Beklagten die Zahlung von 88.397,19 EUR aus § 642 BGB verlangen. Ein weitergehender Anspruch stehe ihr nicht zu.
Aufgrund der Verschiebung des Baubeginns bestehe ein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 642 Abs. 1, 2 BGB i.H.v. 52.476,80 EUR netto.
Der Baubeginn habe sich vom 30.08.2010 auf den 21.11.2011 verschoben, was 310 Arbeitstage ausmache. Während dieses Zeitraums sei die beklagte Stadt nicht ihrer Obliegenheit nachgekommen, der Klägerin die Ausführung der beauftragten Leistungen zu ermöglichen, weshalb sie im Verzug der Annahme gewesen sei. Es obliege dem Bauherrn, dem Unternehmer das Baugrundstück aufnahmebereit zur Verfügung zu stellen. Hierzu gehöre auch die Durchführung etwaiger Vorarbeiten. Ordne der Bauherr einen späteren Baubeginn an, beinhalte dies das Verbot für den Unternehmer, früher anfangen zu dürfen. Dies gelte auch für den Zeitraum vom 10.01.2011 bis 23.08.2011, für den keine konkrete Anordnung vorliege. Die beklagte Stadt habe nicht vorgetragen, dass die Klägerin die Arbeiten in diesem Zeitraum hätte aufnehmen können. Die Indizien sprächen für den Fortbestand des Leistungshindernisses.
Die Höhe der Entschädigung bestimme sich nach § 642 Abs. 2 BGB. Entgegen der Ansicht der beklagten Stadt könne die Klägerin Ersatz ihrer allgemeinen Geschäftskosten sowie des in der Vergütung kalkulierten Anteils für Wagnis und Gewinn verlangen. Allgemeine Geschäftskosten seien Bereitschaftskosten des Unternehmers, die im Regelfall durch einen Folgeauftrag erwirtschaftet werden könnten. In der Zeit des Stillstands könne der Auftragnehmer keine andere Bauleistung erbringen, mit der er die Deckungsbeiträge erwirtschaften könne. Es bestehe eine widerlegbare Rentabilitäts- und Beschäftigungsvermutung für den Unternehmer. Die ersatzfähigen allgemeinen Geschäftskosten der Klägerin schätze das Gericht auf 112,76 EUR netto pro Arbeitstag. Für Wagnis und Gewinn schätze das Gericht einen Kostenanteil von 56,52 EUR netto pro Arbeitstag. Die Schätzung erfolge auf Basis der Kalkulation der Klägerin und der Plausibilitätsprüfung des Sachverständigen B.
Der Anspruch aus § 642 BGB erfasse auch den in der vereinbarten Vergütung enthaltenen Anteil für Gewinn und Wagn...