Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 12 O 288/19)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Juli 2020 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Az.: 12 O 288/19 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, hat keinen Erfolg.

Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer entscheidungserheblichen Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO durch das Landgericht, noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.

Mit Recht hat das Landgericht entschieden, dass der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche unter keinem in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht aus § 97 Abs. 1 UrhG zustehen. Das Berufungsvorbringen der Klägerin führt zu keiner abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

1. Nachdem der § 24 UrhG durch das Gesetz vom 31. Mai 2021 (BGBl. I S. 1204) mit Wirkung ab dem 07. Juni 2021 aufgehoben worden ist, ist der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch nur dann begründet, wenn das beanstandete Verhalten sowohl nach altem als auch nach neuem Recht rechtswidrig war oder ist. Dagegen findet auf den Auskunftsanspruch für die Zeit bis zum 07. Juni 2021 allein das bis dahin geltende Recht Anwendung; für die Zeit danach ausschließlich das neue Recht.

2. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin setzt gemäß § 97 UrhG eine widerrechtliche Verletzung ihres Urheberrechts voraus. Diese Voraussetzungen liegen vor.

2.1. Der Senat hat angesichts des von der Klägerin vorgelegten Erbscheins keinen Zweifel an deren Aktivlegitimation.

2.2. Bei der von Herrn Prof. A. im Jahr 1961 entworfenen Figur des "...X1" handelt es sich auch um ein schutzfähiges Werk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG.

a. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat den urheberrechtlichen Werkbegriff als "Eckpfeiler des Urheberrechtssystems" (so Generalanwalt Szpunar, Schlussanträge vom 2. Mai 2019 in der Rechtssache - C-683/17 - Cofemel/G-Star - zitiert nach juris, Rn. 43 f.) im Rahmen der Anwendung von Art. 2 Buchst. a und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vom 20. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft - InfoSocRL - (ABl. L 167 S. 10) im Wege einer Gesamtanalogie werkartenübergreifend harmonisiert (siehe dazu Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 5. Auflage, § 2 Rn. 14; Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, 6. Auflage, § 2 Rn. 22 f.). Dieser unionsrechtliche Werkbegriff enthält zwei Tatbestandsmerkmale. Zum einen muss es sich bei dem betreffenden Gegenstand um ein Original in dem Sinne handeln, dass er eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Zum anderen ist die Einstufung als Werk Elementen vorbehalten, die eine solche Schöpfung in einem mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbaren Gegenstand zum Ausdruck bringen (siehe EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009, Az.: C-5/08 - Infopaq, zitiert nach juris, Rn. 33 ff.; Urteil vom 13. November 2018, Az.: C-310/17 - Levola Hengelo, zitiert nach juris. Rn. 33 ff.; Urteil vom 29. Juli 2019, Az.: C-469/17 - Funke Medien, zitiert nach juris, Rn. 18 ff.; Urteil vom 12. September 2019, Az.: C-683/17 - Cofemel/G-Star, zitiert nach juris, Rn. 29 ff.). Originalität ist dann gegeben, wenn der Gegenstand die Persönlichkeit seines Urhebers widerspiegelt, indem er dessen freie kreative Entscheidungen zum Ausdruck bringt.

b. Gemessen daran - und in Übereinstimmung mit den von der deutschen Rechtsprechung entwickelten Kriterien - genießt das Werk des Prof. A. Urheberrechtsschutz. Es handelt sich um eine persönliche geistige Schöpfung, die sich erkennbar von einer naturgetreuen, naturalistischen Darstellung eines radschlagenden Menschen abhebt und damit deutlich vom vorbekannten Formenschatz unterscheidet. Die Werkqualität und der damit einhergehende urheberrechtliche Schutz werden vor allem durch das hohe Maß an Abstrahierung begründet. Der Klägerin ist darin zuzustimmen, dass die künstlerische Leistung des Prof. A. in der minimalistischen Darstellung liegt, die den ästhetischen Gesamteindruck prägt. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Klägerin Unterlassung jeder Form einer vereinfachenden, abstrahierenden, minimalistischen Darstellung des "...X1" verlangen kann.

2.3. Für den Streitfall ist ein widerrechtlicher Eingriff in das Urheberrecht der Klägerin zu verneinen, weil das von der Beklagten neu geschaffene Werk einen hinreichenden Abstand im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG n.F. bzw. § 24 UrhG a.F. wahrt.

a. Für die Frage des hinreichenden Abstandes im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG ist auf die zu § 24 UrhG a.F. entwickelten Kriterien zurückzugreifen (vgl. BT-Drucksache 19/27426, Seite 55 und 78). Danach liegt ein hinreichender Abstand vor, w...

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