Leitsatz (amtlich)
1. Hat sich der Vormieter bei vorzeitiger Vertragsentlassung bis zum Ablauf der ursprünglichen Mietzeit für die Miete und Nebenkosten des von ihm gestellten Nachmieters verbürgt, so ist der gewerbliche Vermieter weder verpflichtet, den Bürgen über einen aufgetretenen Mietrückstand zu unterrichten noch zum Schutz des Bürgen von seinem Kündigungsrecht aus § 554 BGB Gebrauch zu machen.
2. Die zum Leasingvertrag ergangene Entscheidung des BGH vom 30.3.1995 (NJW 1995, 1886) ist auf das gewerbliche Mietrecht nicht übertragbar.
Verfahrensgang
LG Krefeld (Aktenzeichen 5 O 506/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 26.5.2000 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Krefeld unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels und der Anschlussberufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 18.543,13 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1.3.2000 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Kläger zu 4 %, der Beklagte zu 96 %.
Die Kosten der Berufung tragen die Kläger zu 6 %, der Beklagte zu 94 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Über den durch das LG zuerkannten Betrag von 6.392,27 DM hinaus können die Kläger von dem Beklagten als Bürgen die Zahlung weiterer 12.150,86 DM verlangen. Ihnen stehen darüber hinaus auf den Gesamtbetrag von 18.543,13 DM ab 1.3.2000 Prozesszinsen zu. Der weitergehende Zinsanspruch und die geltend gemachte Forderung auf Zahlung einer anwaltlichen Besprechungsgebühr i.H.v. 822,21 DM sind aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils nicht begründet. Die zulässige Anschlussberufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Berufung der Kläger
1. Den Klägern steht gegen den Beklagten gem. §§ 765, 535 S. 2 BGB ein Anspruch auf Zahlung der unstreitigen Mietrückstande der Hauptschuldnerin auch für die Zeit ab November 1999 zu. Dementsprechend schuldet der Beklagte den Klägern über den zuerkannten Betrag von 6.392,27 DM hinaus die Zahlung weiterer 12.150,86 DM.
Der Beklagte erhebt gegenüber seiner Inanspruchnahme aus der Bürgschaft ohne Erfolg den Einwand der Verwirkung (§ 242 BGB), weil die Kläger ihn nicht über den Zahlungsverzug der Hauptschuldnerin unterrichtet haben. Weder traf die Kläger eine diesbezügliche Informationspflicht noch waren sie – wie das LG jedoch angenommen hat – gegenüber dem Beklagten ab November 1997 verpflichtet, das Mietverhältnis mit der Hauptschuldnerin, der Nachmieterin des Beklagten, fristlos zu kündigen.
Die Bürgschaftsverpflichtung des Beklagten ist nicht teilweise dadurch erloschen, dass die Kläger ihm gegenüber zu beachtende Nebenpflichten aus dem Bürgschaftsvertrag verletzt hätten. Abgesehen davon, dass jeder plausible Vortrag darüber fehlt, was der Beklagte bei rechtzeitiger Unterrichtung über den Mietrückstand unternommen hätte, um das weitere Anwachsen der Hauptschuld zu verhindern, bestand keine Pflicht der Kläger, den Beklagten über die Entwicklung der Hauptschuld auf dem Laufenden zu halten. Im Rahmen des einseitig verpflichtenden Bürgschaftsvertrages bestehen grundsätzlich keine Sorgfaltspflichten des Bürgschaftsgläubigers. Dieser hat gegenüber dem Bürgen zwar im Einzelfall Rücksicht zu wahren (vgl. BGH WM 1984, 586) und es ist ihm verwehrt, das Risiko für den Bürgen zu erhöhen (vgl. KG v. 13.4.1987 – 24 W 5174/86, MDR 1987, 938 = NJW-RR 1988, 108). Hiervon abgesehen ist es aber grundsätzlich Sache des Bürgen, sich die notwendigen Informationen über die Vermögenslage des Hauptschuldners selbst zu beschaffen (OLG Hamburg, ZMR 1999, 630 [632] m.w.N.). Es oblag daher im eigenen Interesse allein dem Beklagten, sich fortlaufend über die Entwicklung der Hauptschuld zu unterrichten. Macht der Bürge hiervon – wie der Beklagte – keinen Gebrauch, kann er sich gegenüber seiner späteren Inanspruchnahme nicht auf eine Verletzung vertraglicher Informationspflichten berufen.
Das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelfall verlangte von den Klägern auch nicht, für den streitgegenständlichen Zahlungszeitraum gegenüber der Hauptschuldnerin von ihrem Kündigungsrecht aus § 554 BGB Gebrauch zu machen. Dem Bürgschaftsgläubiger ist es im Verhältnis zum Bürgen nicht grundsätzlich verwehrt, dem Hauptschuldner – etwa durch Absehen von einer Kündigung des Vertragsverhältnisses – anderweit Kredit zu geben, selbst wenn sich hierdurch die Tilgungsaussichten für die durch Bürgschaft gesicherte Forderung verringern (OLG Hamburg ZMR 1999, 630 [632] unter Berufung auf BGH WM 1971, 614 [615]).
Gegenteiliges ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht aus der Entscheidung des BGH v. 30.3.1995 – IX ZR 98/94, MDR 1995, 892 = NJW 1995, 1886 [1888]). Die Anwendung der Grundsätze dieser zum Leasingvertrag ergangenen Entscheidung kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich um unterschiedliche Sachverhalte handelt. Beim Leasingvertrag besteht für den Leasingg...