Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Urteil vom 11.09.2015; Aktenzeichen 11 O 71/14) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.9.2015 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Mönchengladbach wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen eines Unfalls in Anspruch, der sich am 14.02.2011 gegen 18:00 Uhr in Mönchengladbach ereignet hat.
Damals wollte die Klägerin den Adolf-Kempken-Weg in Höhe der dort gelegenen M.-D.-Filiale überqueren. Nachdem sie auf die Straße getreten war, wurde sie von dem von der Beklagten zu 1) geführten Mercedes des Beklagten zu 2) erfasst, der aus ihrer Sicht von links kommend den Adolf-Kempken-Weg in Richtung Trompeterallee befuhr. Die Klägerin wurde zu Boden geschleudert und schwer verletzt. Sie erlitt u.a. eine Unterschenkelfraktur links, eine Schädelprellung und eine HWS-Distorsion. Sie wurde zunächst vom 14.02. bis zum 25.02.2011 stationär behandelt und musste am 08.04. sowie vom 29.09. bis zum 05.10.2011 erneut zur Nachbehandlung ins Krankenhaus. Außerdem musste sie sich im Mai und vom 14.7. bis zum 07.8.2011 berufsorientierten Rehabilitationsmaßnahmen unterziehen.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte sei ohne Licht gefahren. Sie habe sie auch erst erfasst, als sie die in der Mitte der Straße gelegene Verkehrsinsel beinahe erreicht hatte. Als Unfallfolge leide sie weiter unter Schmerzen im nunmehr verkürzten linken Bein und habe ein hinkendes Gangbild. Zudem leide sie unter ständigen Rückenschmerzen sowie Zuckungen in den linken Fingern und Schmerzen an beiden Armen bei Belastungen. Hierbei handele es sich um Dauerschäden.
Die Klägerin hat auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 15.000 EUR, die Feststellung einer weiter gehenden Ersatzpflicht und Übernahme ihrer vorgerichtlichen Kosten angetragen.
Die Beklagten haben behauptet, die Klägerin sei ohne nach links zu schauen, plötzlich zwischen einem vorausfahrenden Fahrzeug und dem Mercedes der Beklagten auf die Straße getreten. Aufgrund ihrer dunklen Kleidung sei sie von der Beklagten auch kaum zu erkennen gewesen. Die Beklagte habe keine Chance gehabt, ihr Fahrzeug noch abzubremsen.
Das LG hat die Klägerin und die Beklagten zu 1) und 2) angehört und durch Vernehmung des Zeugen H. (Bl. 89 ff. GA) sowie durch Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens des SV D. (Bl. 118 ff. + 181 ff. GA) über den Unfallhergang Beweis erhoben. Dann hat es die Klage abgewiesen. Ein Anspruch sei ausgeschlossen, weil der Unfall auf das grobe Verschulden der Klägerin zurückzuführen sei. Diese sei - offenbar telefonierend - ohne sich um den Verkehr zu kümmern, unmittelbar vor dem Fahrzeug der Beklagten auf die Fahrbahn getreten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die meint, die Beklagte sei im Hinblick darauf, dass schon 70 m vor der Unfallstelle durch das Zeichen 133 vor Fußgängern gewarnt werde und dass die Fahrbahn nass war, zu schnell gefahren. Außerdem sei keineswegs erwiesen, dass die Klägerin telefoniert habe. Das überwiegende Verschulden sei bei der Beklagten zu 1) zu suchen, weshalb die Klägerin an ihren erstinstanzlich gestellten Anträgen fest hält.
B. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Klägerin stehen weder aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG noch aus einem anderen Rechtsgrund Schadenersatzansprüche gegen die Beklagten zu. Wie das LG zutreffend entschieden hat, überwiegt das erhebliche Verschulden der Klägerin an der Unfallerstehung derart, dass dahinter die auf Seiten der Beklagten lediglich zu berücksichtigende Betriebsgefahr des Fahrzeugs zurücktritt und die Klägerin damit für die Unfallfolgen selbst einstehen muss.
1. Immerhin sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG erfüllt. Die Beklagte zu 1) hat als Fahrerin, der Beklagte zu 2) als Halter und die Beklagte zu 3) als Haftpflichtversicherer grundsätzlich für die Verletzungen einzustehen, die sich bei dem Betrieb des von der Beklagten zu 1) geführten Mercedes ereignet haben. Weder der Halter noch die Fahrerin können sich entlasten, weil keine Fall höherer Gewalt vorliegt und weil die Beklagte zu 1) auch nicht nachweisen kann, dass sie in jeder Hinsicht die notwendige Sorgfalt beachtet hat. Wenn sie sich der Kollisionsstelle mit 45 km/h angenähert hat, was nach dem Sachverständigengutachten nicht auszuschießen ist, hätte sie dem Zeichen Nr. 133 nicht ausreichend Rechnung getragen.
2. Der Anspruch ist aber gemäß § 9 StVG i.V.m. § 254 Abs. 1 BGB wegen überwiegenden Verschuldens der Klägerin ausgeschlossen. Zwar kommt eine vollständige Überbürdung des Schadens auf den Geschädigten, wie der BGH erst kürzlich noch ausgeführt hat (BGH 28.04.2015 - VI ZR 206/14, DAR 2015, 455), unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens nur ausnahmsweise in Betracht. In Fällen, in denen einerseits kein die Betriebsgefahr erhöhender Umstan...