Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung schwiegerelterlicher Zuwendungen (=Schenkungen) nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage unter Berücksichtigung des auf der Basis der alten BGH-Rechtsprechung zu sog. ehebedingten Zuwendungen beruhenden bereits durchgeführten Zugewinnausgleich zwischen Kind und Schwiegerkind (sog. Altfälle). Die Verjährung des Anspruchs richtet sich nach § 195 BGB
Leitsatz (amtlich)
1. Schwiegerelterliche Zuwendungen, die mit Rücksicht auf die Ehe ihres Kindes an das (künftige) Schwiegerkind erfolgen, sind keine unbenannten Zuwendungen, sondern stellen regelmäßig eine Schenkung i.S.d. § 516 Abs. 1 BGB dar (vgl. BGH FamRZ 2010, 958; BGH FamRZ 2010, 1626; BGH FamRZ 2012, 273).
2. Rückforderungsansprüche der Schwiegereltern nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB, können nicht mit der Begründung verneint werden, dass das beschenkte Schwiegerkind mit dem eigenen Kind der Schwiegereltern in gesetzlichem Güterstand gelebt hat und das eigene Kind über den Zugewinnausgleich teilweise von der Schenkung profitiert (vgl. BGH FamRZ 2010, 958).
3. Ist grundsätzlich eine Anpassung der Schenkungsverträge nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Rahmen einer Gesamtabwägung aller relevanten Umstände vorzunehmen, ist in diesem Rahmen in sog. Altfällen das Ergebnis des auf der alten Rechtsprechung des BGH beruhenden bereits durchgeführten Zugewinnausgleichsverfahrens zwischen dem Kind und dem Schwiegerkind zu berücksichtigen.
4. Die Verjährung des Anspruchs nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage richtet sich nach § 195 BGB.
Normenkette
BGB §§ 313, 516, 195
Verfahrensgang
AG Neuss (Beschluss vom 12.04.2012; Aktenzeichen 51 F 106/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengerichts - Neuss vom 12.4.2012 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an die Antragstellerin 3.457,34 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz werden zu 13 % der Antragsgegnerin und zu 87 % der Antragstellerin auferlegt.
Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz werden zu 20 % der Antragsgegnerin und zu 80 % der Antragstellerin auferlegt.
Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet, § 116 Abs. 3 FamFG.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist die frühere Schwiegermutter der Antragsgegnerin. Der frühere Schwiegervater der Antragsgegnerin ist am 27.12.2006 verstorben und von der Antragstellerin beerbt worden (GA 9).
Sie begehrt nach dem Scheitern der am 20.6.1983 geschlossenen Ehe ihres Sohnes mit der Antragsgegnerin von dieser die Rückzahlung - nach ihrem Vortrag ihrem Sohn und der Antragsgegnerin - geschenkter Geldbeträge nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage.
Der Sohn der Antragstellerin und die Antragsgegnerin erwarben nach der Eheschließung ein Grundstück in Bad Wünnenberg im Sauerland, das mit einem Ferienhaus bebaut wurde.
Die Schwiegereltern der Antragsgegnerin leisteten dazu finanzielle Beiträge. Sie überwiesen insgesamt 27.751,49 EUR direkt an Bauträger, die Stadt Wünnenberg oder andere am Bau beteiligte Firmen sowie insgesamt 36.744,82 EUR auf ein von ihrem Sohn und der Antragsgegnerin unterhaltenes Baukonto bei der Sparkasse Neuss (Kto-Nr.: 40 30 14) oder auf ein Privatgirokonto der Antragsgegnerin (Kto-Nr.: 41 07 19 9 gezahlt (Gesamtaufwand 27.751,49 EUR + 36.744,82 EUR = 64.496,31 EUR).
Der Sohn der Antragstellerin und die Antragsgegnerin trennten sich im März des Jahres 2000. Im Scheidungsverbundverfahren war auch die Folgesache Zugewinn anhängig. Zahlungen der Antragstellerin und ihres Mannes zur Errichtung des Ferienhauses waren auch Gegenstand dieses Verfahrens (vgl. insb. Beschluss des OLG Düsseldorf vom 8.11.2004, GA 171 ff.). Im Termin am 11.11.2004 haben die Antragsgegnerin und der Sohn der Antragstellerin einen Vergleich geschlossen, dass wechselseitige Zugewinnausgleichsansprüche nicht bestehen (vgl. GA 73 f.). Die Ehe ist zwischenzeitlich rechtskräftig geschieden.
Durch notariellen Vertrag vom 15.7.2005 veräußerte die Antragsgegnerin ihren hälftigen Miteigentumsanteil an dem Ferienhaus zu einem Kaufpreis von 70.000 EUR an den Sohn der Antragstellerin.
Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, bei den zur Errichtung des Ferienhauses geleisteten Geldbeträgen habe es sich um Schenkungen gehandelt, die die Antragsgegnerin nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu 11/20 der hälftigen Gesamtaufwendungen, hier 17.736,49 EUR, zurückerstatten müsse (Gesamtaufwendungen 64.496,31 EUR: 2 = 32.248,16 EUR × 11/20 = 17.736,49 EUR). Sie hat dazu vorgetragen, der Zweck ihrer Schenkung wäre nach 20-jähriger Nutzung als erreicht anzusehen. Tatsächlich habe die Antragsgegnerin das Ferienhaus aber nur 9 Jahre bis zum Trennung genutzt. Deshalb habe sie 11/20 der hälfti...