Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 26.11.2008) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 26.11.2008 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Düsseldorf geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter-sagt, im geschäftlichen Verkehr Softwareprodukte des Programms "A. O.-Version" anzubieten, zu vertreiben und/oder in Verkehr zu bringen, wenn diese sich nicht auf einem Hardwaregerät befinden, auf dem sie von einem A. Distributor vorinstalliert wurden.
Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses gerichtliche Verbot ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfügungsverfahrens einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
A. Von einem Tatbestand wird abgesehen. Zum Verständnis der Entscheidung sei nur Folgendes festgehalten:
Die Antragstellerin stellt eine Anwaltssoftware her, die sie über mit ihr vertraglich verbundene "Distributoren" ausschließlich vorinstalliert auf Computern vertreibt. Die Antragsgegnerin verkauft "gebrauchte" Software. Sie erwirbt von Endkunden u.a. auch die Software der Antragstellerin, allerdings ohne die Computer, auf denen die Software installiert war. Die Erstkunden übergeben der Antragsgegnerin vielmehr die Sicherungskopie, die sie selbst mit Zustimmung der Antragstellerin angefertigt hatten, und löschen die Installation auf ihren Computern vollständig. Die Antragsgegnerin bietet die Software sodann zum Kauf an und übergibt an den Käufer die Sicherungskopie, damit der Käufer die Software auf seinem Computer installieren kann. Mit dem Verfügungsantrag begehrt die Antragstellerin, gestützt auf ihr Urheberrecht an der Software, dass der Antragsgegnerin verboten werde, die Software ohne das Hardwaregerät, auf dem sie vorinstalliert war, anzubieten, zu vertreiben oder in den Verkehr zu bringen. Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil, veröffentlicht in CR 2009, 221 und MMR 2009, 216 (Leitsatz), den Verfügungsantrag zurückgewiesen und Erschöpfung der Urheberrechte der Antragstellerin gem. § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG angenommen. Dagegen richtet sich die Berufung der Antragstellerin.
B. Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg. Entgegen der Annahme des LG steht ihr der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG zu. Die Antragsgegnerin zieht nicht in Zweifel, dass das Computerprogramm der Antragstellerin, für das diese Schutz beansprucht, ein urheberrechtlich geschütztes Werk i.S.d. § 2 Nr. 1, § 2 Abs. 2 UrhG darstellt. Damit steht der Antragstellerin gem. § 69c Nr. 3 Satz 1 UrhG das ausschließliche Recht zu, das Original oder ein Vervielfältigungsstück des Computerprogramms in jeder Form zu verbreiten. Dieses Recht der Antragstellerin verletzt die Antragsgegnerin dadurch, dass sie die fragliche Software erwirbt und weiter verkauft.
Dem steht eine Erschöpfung der Rechte der Antragstellerin nicht entgegen. Gemäß § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG erschöpft sich das Verbreitungsrecht - mit Ausnahme des Vermietrechts - in Bezug auf ein Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms, das mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht wird. Erschöpfung kann danach nur bezogen auf ein in einem Vervielfältigungsstück körperlich festgelegtes Werk eintreten (vgl. nur BGH GRUR 1986, 1251 - Videofilmvorführung, zu § 17 Abs. 2 UrhG; Grützmacher, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 69c UrhG Rz. 30; Heerma, ebenda, § 17 UrhG Rz. 16; Bergmann, FS Erdmann, 2002, S. 17). Der Senat sieht keine Veranlassung, von diesem herkömmlichen Verständnis des Erschöpfungsgrundsatzes abzuweichen. Diese Auffassung wird etwa auch in dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Gutachten von H. vom 12.4.2007 geteilt. Danach kann sich das Verbreitungsrecht der Antragstellerin nur hinsichtlich des Werkstücks erschöpft haben, in dem sich ihr Computerprogramm verkörpert. Das ist die Hardware (der Computer), auf der das Programm von ihren "Distributoren" vorinstalliert wurde. Das urheberechtlich geschützte Programm ist - derart verkörpert - mit Zustimmung der Antragstellerin von deren "Distributoren" durch Veräußerung an die Erstkunden in den Verkehr gebracht worden. Diese Computer werden indes im vorliegenden Fall nicht von der Antragsgegnerin weiter veräußert; vielmehr trennt sie Hard- und Software und veräußert letztere isoliert weiter. Diese Handlung unterfällt unzweifelhaft nicht dem § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG in seinem herkömmlichen Verständnis.
Entgegen der Auffassung des LG kann der Begriff des Vervielfältigungsstücks in Fällen wie dem vorliegenden auch nicht "unter Berücksichtigung der Zwecke des Erschöpfungsgrundsatzes" erweiternd ausgelegt werden. ...