Steuerabzug nach § 50a EStG bei Softwareauftragsentwicklung

Das BMF hat dargelegt, wann bei Softwareauftragsentwicklungen eine  Steuerabzugspflicht nach § 50a EStG besteht. Die Aussagen stehen im Lichte der umfassenden Urheberrechtsreform aus 2021.

Steuerabzug nach § 50a EStG

In der Systematik der Besteuerung beschränkt steuerpflichtiger Personen bestimmt § 50a EStG die Erhebung der Einkommensteuer durch direkten Steuerabzug. Die Vorschrift regelt lediglich die Art und Weise der Steuererhebung; sie begründet keine Steuerpflicht, sondern setzt diese voraus. Erfasst werden nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG beispielsweise Vergütungen für zeitlich befristete Rechte- und Nutzungsüberlassungen (insbesondere von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten).

Mit Schreiben vom 2.8.2022 hat sich das BMF nun ausführlich zum Steuerabzug nach § 50a EStG bei einer sogenannten Softwareauftragsentwicklung geäußert. Danach gilt:

Auftragsentwicklung von Software

Bei der (grenzüberschreitenden) Auftragsentwicklung von Software werden regelmäßig Nutzungs- und Verwertungsrechte an einer Software überlassen, die durch einen ausländischen Auftragnehmer entwickelt wurde. Eine (zivilrechtliche) Übertragung des Urheberrechts an der Software ist nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz (UrhG) ausgeschlossen.

Reform des UrhG

Das BMF weist darauf hin, dass aufgrund der Urheberrechtsreform seit dem 7.6.2021 die folgenden Vorschriften des UrhG nicht mehr auf Computerprogramme anwendbar sind:

  • § 32a UrhG: Diese Vorschrift räumt dem Urheber ein unabdingbares Recht auf weitere (finanzielle) Beteiligung ein, wenn sich die vereinbarte Gegenleistung als unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes erweist. Mit der angeordneten Nichtanwendung dieser Vorschrift gibt es für den Urheberrechtsinhaber bei Computerprogrammen also keine Möglichkeit einer Nachforderung unter Berufung auf § 32a UrhG.
  • § 41 UrhG: Diese Vorschrift räumt dem Urheber gegenüber dem Nutzungsberechtigten das Recht ein, die Ausschließlichkeit des Nutzungsrechts oder das Nutzungsrecht insgesamt zurückzurufen, wenn der Nutzungsberechtigte es nicht ausübt. Auch diese Vorschrift wird nicht mehr auf Computerprogramme angewendet.

Die urheberrechtlichen Besonderheiten im Verhältnis zu anderen Schutzrechten bestehen darüber hinaus aber fort. Das Urheberrecht bleibt als höchstpersönliches Recht nicht übertragbar und ist auch nicht auftrennbar, da das beim Urheber fortbestehende Urheberrecht den Inhalt des Nutzungsrechts bestimmt.

Steuerabzugspflicht

Bei Verträgen über die Entwicklung von Software, auf die deutsches Recht Anwendung findet, kann je nach Gestaltung des Vertrages und dessen tatsächlicher Umsetzung eine Pflicht zum Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG bestehen. Ob eine konkrete Pflicht zum Steuereinbehalt besteht, richtet sich nach den folgenden Grundsätzen:

Zeitlich begrenzte Überlassung

§ 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG erfasst nur die "Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten". Die hiervon erfasste zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten (= Nutzungsüberlassung) ist auch dann anzunehmen, wenn bei Abschluss des Vertrags ungewiss ist, ob und wann die Überlassung zur Nutzung endet. Ein Nutzungsrecht wird hingegen nicht "überlassen", wenn es veräußert wird. Gleiches gilt für den wirtschaftlich vollständigen Verbrauch eines überlassenen Rechts während der eingeräumten Nutzung. Ob es sich um eine zeitlich begrenzte oder um eine endgültige Überlassung von Rechten handelt, muss nach dem Vertrag und den Verhältnissen bei Abschluss des Vertrags beurteilt werden.

Bei wem entsteht das Urheberrecht?

Das Urheberrecht entsteht zunächst bei den Schöpfern des Werks. Im Fall der Auftragsentwicklung von Software sind dies in der Regel die Personen, die eine Software programmiert und damit geschaffen haben.

Wirtschaftlicher Rechtekauf

Die Übertragung des Urheberrechts vom Schöpfer des Werks ist nach dem deutschen UrhG zwar ausgeschlossen, sodass ein Kauf der Urheberrechte und eine daraus folgende endgültige Nutzungsüberlassung weiterhin rechtlich nicht möglich sind. Nach dem Inkrafttreten der oben dargestellten Neuregelung des § 69a UrhG ist aber ein endgültiger wirtschaftlicher Übergang des Urheberrechts in Form eines sogenannten wirtschaftlichen Rechtekaufs möglich. Denn es besteht die Möglichkeit, dass der Urheber für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Fruchtziehung vollständig ausgeschlossen ist und deshalb keine Steuerabzugsverpflichtung nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG besteht.

Abgrenzung

Für die Abgrenzung zwischen einem nicht steuerabzugpflichtigen wirtschaftlichen Rechtekauf und einer steuerabzugpflichtigen befristeten Nutzungsüberlassung sind nach dem BMF-Schreiben die folgenden Kriterien anzuwenden:

Ein wirtschaftlicher Rechtekauf kommt mit Blick auf Urheberrechte nur in Betracht, wenn der Vertrag die Einräumung umfassender, exklusiver und zeitlich unbeschränkter, sowie unwiderruflicher Nutzungs- und Verwertungsrechte an der Software vorsieht. Die Voraussetzungen müssen in der Regel kumulativ vorliegen. Soweit und solange beim Urheber oder bei anderen (ausländischen) Personen und Gesellschaften aufgrund des geschlossenen Vertrages noch Rechte verbleiben, die sich aus dem Urheberrecht ergeben und die über einen eigenen wirtschaftlichen Wert verfügen, ist ein wirtschaftlicher Rechtekauf regelmäßig ausgeschlossen.

Weitere Aussagen

Das BMF zählt in seinem Schreiben exemplarische Fallkonstellationen für einen wirtschaftlichen Rechtekauf auf und thematisiert darüber hinaus, wie bei einer Softwareentwicklung durch Mitarbeiter im Ausland, bei mehrstufigen Vertragsverhältnissen und gemischten Verträgen zur Verfahren ist. Weiter äußert sich das BMF zur Höhe des Steuereinbehalts und zu Freistellungen.

Anwendbarkeit

Das Schreiben ist auf alle offenen Fälle anzuwenden, bei denen ein Vertrag zur Softwareauftragsentwicklung nach dem 6.6.2021 abgeschlossen wurde, sowie auf Sachverhalte, die nach diesem Datum entstehen. Aus Vereinfachungsgründen ist das Schreiben ferner auf alle Zahlungen anzuwenden, die nach dem 6.6.2021 zufließen.

BMF, Schreiben v. 2.8.2022, IV B 8 - S 2303/19/10004 :001


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