Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei Persönlichkeitsverletzungen durch Äußerungen in Medien
Normenkette
GKG § 53; ZPO § 3
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 11.04.2023; Aktenzeichen 2-03 O 170/23) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 11.04.2023 - Az. 2-03 O 170/23 - abgeändert:
Gründe
1. Dem Antragsgegner wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten untersagt, sich wie folgt zu äußern
(Von der Darstellung des nachfolgenden Bildes wird abgesehen - die Red.)
wenn dies geschieht wie unter www.(...).de und in der Anlage LHR 10 ersichtlich
und/oder
(Von der Darstellung des nachfolgenden Bildes wird abgesehen - die Red.)
wenn dies geschieht wie unter www.(xxx).de und wie ersichtlich in der Anlage LHR 9.
2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfügungsverfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird in Abänderung der Festsetzung durch das Landgericht vom 11.04.2023 für das Erlassverfahren und ebenfalls für das Beschwerdeverfahren auf 40.000,00 EUR festgesetzt.
Die form- und fristgerecht (§ 569 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsteller ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig und hat in der Sache Erfolg.
1. Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts resultiert aus Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO (VO (EU)1215/2012) und die örtliche Zuständigkeit aus § 32 ZPO.
2. Entgegen der Ansicht des Landgerichts können die Antragsteller die Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerung gemäß §§ 1004 Abs. 1, 824 BGB von dem Antragsgegner verlangen. Hiernach hat, wer der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, dem anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muss.
a) Die Antragsteller sind anspruchsberechtigt.
§ 824 BGB schützt u.a. juristische Personen (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Auflage 2018, Kap. 5, Rn. 262), wobei - anders als bei Art. 19 Abs. 3 GG - keine Einschränkung auf inländische juristische Personen gegeben ist.
Die Antragsteller sind auch individuell durch die Äußerung betroffen. Zwar nennt die Äußerung kein konkretes Unternehmen bzw. eine konkrete Firmierung, sondern beschränkt sich auf die Nennung des "X-System Vorname1 Nachname1". Da beide antragstellenden Unternehmen den Bestandteil "Vorname1" in ihrer Firmierung haben und zudem beide u.a. den Vertrieb von Produkten in Bezug auf die Distributed-Ledger-Technologie zum Gegenstand haben, erscheint es möglich, dass Personen davon ausgehen, dass sich das hier in Rede stehende Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen der Antragsteller richtet; zumal der zuvor veröffentlichte Artikel des Antragsgegners gemäß der Anlage LHR 8 vor dem "X-System Vorname1 Nachname1" warnt und dort auf die Homepage "Vorname1.com" verweist, welche die Antragstellerin zu 1. nunmehr betreibt (vgl. Anlage LHR 2).
b) Es handelt sich bei der streitgegenständlichen im Internet behaupteten Äußerung im Schwerpunkt um eine Tatsachenbehauptung, denn ob ein entsprechendes Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft Stadt1 geführt wird, ist dem Beweis zugänglich.
c) Dass die streitgegenständliche Aussage wahr ist, hat der glaubhaftmachungsbelastete Antragsgegner nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Der im Beschwerdeverfahren angehörte Antragsgegner hat sich im Rahmen der Anhörung nicht geäußert.
Der Antragsgegner ist aufgrund der hier gegebenen Glaubhaftmachungslastumkehr gem. § 186 StGB darlegungs- und glaubhaftmachungsbelastet für die Unwahrheit der streitgegenständlichen Äußerung.
Die Glaubhaftmachungslast für die Unwahrheit einer Behauptung trägt grundsätzlich der Anspruchsteller (Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 12, Rn. 138 m.w.N.). Handelt es sich jedoch um eine Äußerung, die - wie hier - eine üble Nachrede nach § 186 StGB darstellt, findet eine Glaubhaftmachungslastumkehr statt, so dass der Äußernde die Wahrheit der aufgestellten Tatsachenbehauptungen glaubhaftmachen muss (Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 12, Rn. 139 m.w.N.).
Die hier in Rede stehende Äußerung ist geeignet, die Antragsteller in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Denn die Behauptung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kann sich auf den sozialen Geltungsanspruch eines Unternehmens bzw. dessen Geschäftsehre negativ auswirken. Insoweit ist es entgegen der Ansicht des Landgerichts unbeachtlich, dass ein Unternehmen nicht Gegenstand von Ermittlungen sein kann, sondern nur natürliche Personen Subjekt eines Strafverfahrens sein können. Der juristisch nicht vorgebildete Durchschnittleser wird diese rechtliche Differenzierung in der Regel nicht vornehmen. Selbst dann, wenn er dies tun sollte, wird er die Äußerun...