Normenkette
FamFG § 59
Verfahrensgang
AG Michelstadt (Beschluss vom 15.05.2013; Aktenzeichen 47 F 1/13 PF) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Darmstadt gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Michelstadt vom 15.5.2013 wird verworfen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 3.000 EUR.
Gründe
Die gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch gem. §§ 63 ff. FamFG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist unzulässig.
I. Mit Schreiben vom 21.12.2012 schickte die Staatsanwaltschaft Darmstadt an das AG - Familiengericht - Michelstadt ein als Antrag formuliertes Schreiben mit dem Begehren, für die Kinder Anna-Lena Osten, Tyler-Constantin Osten und Damian-Thyron Osten einen Ergänzungspfleger zu bestellen. Zur Begründung führte die Staatsanwaltschaft aus, dass die leibliche Mutter der drei Kinder und ihr Lebensgefährte beschuldigt werden, hinsichtlich zweier weiterer Kinder ihre Fürsorge- und Erziehungspflicht vernachlässigt zu haben. Um zu überprüfen, ob die Kinder ordnungsgemäß versorgt wurden, seien ärztliche Unterlagen beizuziehen und solle versucht werden, Anna-Lena zu vernehmen.
Die Kindesmutter hat für die drei Kinder das gemeinsame Sorgerecht mit dem gesetzlichen Kindesvater, der nicht ihr derzeitiger Lebensgefährte ist. Der sorgeberechtigte Kindesvater hält sich derzeit in der JVA in Dieburg auf. In Bezug auf Damian-Thyron Osten ist ein Abstammungsverfahren anhängig.
Nachdem der mit Beschluss vom 18.1.2013 für die Kinder bestellte Verfahrensbeistand in seiner Stellungnahme erklärt hatte, dass Anna-Lena nicht aussagebereit ist, erklärte die Staatsanwaltschaft nach Hinweis des AG, dass sie den Antrag auf Bestellung eines Ergänzungspflegers in Bezug auf die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts für Anna-Lena Osten zurücknehme.
In seiner schriftlichen Anhörung durch das AG erklärte der sorgeberechtigte Kindesvater mit Schreiben an das Gericht vom 1.5.2013, dass er mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten und als Sorgeberechtigter gesondert seine Zustimmung zur Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht erklären werde.
Mit Beschluss vom 15.5.2013 entzog das AG Michelstadt der Kindesmutter für die drei Kinder in Bezug auf die Entscheidung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht das Sorgerecht und übertrug es auf eine berufsmäßig bestellte Ergänzungspflegerin. Einen teilweisen Entzug der Sorge bei dem Kindesvater in Verbindung mit der Bestellung eines Ergänzungspflegers lehnte das AG in diesem Beschluss ab.
Gegen diesen Beschluss legte die Staatsanwaltschaft Darmstadt mit Schreiben vom 23.5.2013, bei Gericht per Fax eingegangen am gleichen Tag, Beschwerde ein. Die Staatsanwaltschaft vertritt die Auffassung, dass sie zum einen auch nach dem seit September 2009 geltenden Recht beschwerdeberechtigt ist und dass zum anderen hier ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist. Wegen der Gefahr einer den Interessen der Kinder zuwiderlaufenden Entscheidung durch den Kindesvater sei vorbeugend die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich. Der äußerlich nur bei einem Elternteil gegebene Interessengegensatz könne wegen gleichgelagerter Interessen auch zu einem Interessengegensatz beim anderen Elternteil führen. Dass die Eltern getrennt leben, führe nicht dazu, dass man von einem sachgerechten Verhalten des Kindesvaters ausgehen kann, zumal gegen die Kindeseltern im Jahr 2007 bereits ein Strafverfahren wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflichten eingeleitet worden war, das gem. § 153a StPO eingestellt wurde. Zuletzt sei wegen der jederzeitigen Widerrufsmöglichkeit der Zusage des Kindesvaters vorbeugend ein Ergänzungspfleger zu bestellen.
II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil die Staatsanwaltschaft im vorliegenden Verfahren nicht beschwerdeberechtigt i.S.d. § 59 FamFG ist.
Nach altem Recht wurde der Staatsanwaltschaft ein Beschwerderecht zugebilligt (s. Engelhardt in: Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl. 2005, § 57 Rz. 18). Dies wurde in der Rechtsprechung auf § 57 Abs. 1 Nr. 3 FGG (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 14.6.1999 - 3 W 132/99, FamRZ 2000, 243, Rz. 8 zitiert nach juris) oder - ohne Begründung - auf § 20 FamFG gestützt (OLG Naumburg, Beschl. v. 25.8.2005 - 14 UF 64/05, OLGReport Naumburg 2006, 392, Rz. 2 zitiert nach juris).
Nach neuem Recht setzt ein Beschwerderecht jedenfalls eine Rechtsbeeinträchtigung oder eine spezialgesetzlich normierte Beschwerdebefugnis voraus. Denn gem. § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde nur demjenigen zu, der durch den angefochtenen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. § 59 Abs. 1 FamFG entspricht inhaltlich der Regelung in § 20 Abs. 1 FGG. Erforderlich ist eine Beeinträchtigung von Rechten, die von einer bloßen Beeinträchtigung von Interessen zu unterscheiden ist. (BGH, Beschl. v. 18....