Leitsatz (amtlich)
Zur Bestellung eines Ergänzungspflegers für die Vertretung des Kindes in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten.
Das OLG FFM. hat ausdrücklich die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Verfahrensgang
AG Gießen (Beschluss vom 26.07.2013; Aktenzeichen 241 F 1378/13) |
Tenor
Die Beschwerde wird verworfen, soweit mit ihr die Anordnung einer Pflegschaft begehrt wird. Im Übrigen wird sie zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.
Beschwerdewert: 2. 500 EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Das im Rubrum genannte minderjährige Kind reiste am 12.6.2013 ohne Begleitung seiner Eltern oder sonstiger Vertretungsberechtigter in das Bundesgebiet ein und wurde in der Folgezeit am 3.7.2013 vom Jugendamt der Stadt Gießen gem. § 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VIII in Obhut genommen. Mit Schreiben vom 5.7.2013 regte das Jugendamt bei dem Familiengericht an, das Ruhen der elterlichen Sorge nach § 1674 BGB festzustellen, da der Minderjährige seit der Flucht aus seiner Heimat keinen Kontakt zu seiner Mutter - der Vater sei bereits verstorben - habe. Gleichzeitig regte das Jugendamt seine Bestellung als "vorläufiger Pfleger" für den Bereich der Personensorge an und darüber hinaus die Bestellung eines Rechtsanwaltes als Ergänzungspfleger für die Vertretung des Kindes in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten, da dem Jugendamt insoweit die erforderliche Sachkunde fehle. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Schreiben des Jugendamts vom 5.7.2013. Mit Beschluss vom 9.7.2013 (241 F 1368/13) stellte der Rechtspfleger des AG Gießen das Ruhen der elterlichen Sorge fest. Mit richterlichem Beschluss vom 26.7.2013 ordnete das AG- Familiengericht - Gießen die Vormundschaft für den Betroffenen an und bestellte die Beschwerdeführerin als Amtsvormund. Von der Bestellung eines anwaltlichen Ergänzungspflegers für die Vertretung des Kindes in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten sah es unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH vom 29.5.2013 (XII ZB 530/11) ab.
Gegen die dem Amtsvormund am 1.8.2013 zugestellte Entscheidung legte dieser mit Schreiben vom 14.8.2013, eingegangen beim AG am 19.8.2013, Beschwerde ein und stellte auf entsprechenden Hinweis des Senats mit Schreiben vom 10.10.2013 klar, dass er die Beschwerde als Amtsvormund in eigenen Namen eingelegt habe.
Der Amtsvormund macht geltend, das Absehen von der Bestellung eines anwaltlichen Ergänzungspflegers für die Vertretung des Kindes in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten widerspreche ebenso wie die Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) europäischem Recht, insbesondere der Richtlinie 2013/32/EU vom 26.6.2013 und der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (sog. Dublin-III-VO) vom selben Tag. Wegen des weiteren Beschwerdevorbringens wird Bezug genommen auf das Schreiben des Jugendamts vom 25.9.2013 (Bl. 21 ff. d.A.). Der Senat hat das betroffene Kind durch den mit Beschluss vom 5.11.2013 beauftragten Berichterstatter angehört.
II. Die gem. §§ 58 ff., 151 Nr. 4 FamFG in der Kindschaftssache eingelegte Beschwerde ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.
Die Beschwerde des Amtsvormunds ist unzulässig, soweit mit ihr geltend gemacht wird, das AG hätte zusätzlich eine Ergänzungspflegschaft für die Vertretung des Kindes in dessen asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten bestellen müssen. Insoweit fehlt es bereits an der Beschwerdeberechtigung des Amtsvormunds bei dem Jugendamt, da dieses hier nicht als anzuhörende Fachbehörde i.S.d. §§ 162 FamFG, 2 Abs. 2 Nr. 6, 50 SGB VIII, sondern als bestellter Amtsvormund (§§ 1791b BGB, 2 Abs. 2 Nr. 11, 55 SGB VIII) Beschwerde eingelegt hat, was dieser auf Hinweis des Senates ausdrücklich bestätigt hat. Der Amtsvormund ist jedoch durch die bloße Begründung einer Vormundschaft gem. §§ 1773, 1774 BGB für das betroffene Kind wegen des Ruhens der elterlichen Sorge nicht in eigenen Rechten verletzt, da hiervon noch keine unmittelbare Rechtswirkung zu Lasten des Amtsvormundes ausgeht. Erst durch seine Auswahl und Bestellung als Amtsvormund wird seine Rechtstellung betroffen. Eine Beschwerdebefugnis in Bezug auf die Anordnung der Vormundschaft besteht demnach nicht (BGH NJW 2012, 685). Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, das AG hätte keine Vormundschaft anordnen dürfen, sondern zumindest zusätzlich auch noch Ergänzungspflegschaft(en) anordnen müssen, war die Beschwerde daher als unzulässig zu verwerfen, so dass es auch nicht darauf ankommt, ob der Entscheidung des BGH vom 29.5.2013 (FamRZ 2013, 1206) zur Frage der Verhinderung eines Vormunds wegen angeblich mangelnder Sachkunde zu folgen ist.
Die Beschwerde ist nach §§ 58 ff. FamFG aber insoweit zulässig, als der Amtsvormund geltend macht, das AG hätte die Bestellung eines Rechtsanwaltes als Mitvormund gem. § 1797 Abs. 2 BGB mit dem (selbständigen) Wirkungskreis der ausländer- und asylrechtlichen Betreuung bestellen müssen, weil sich die Beschwerde insoweit gegen seine Auswahl und Bestellung zum alleinigen Vormund de...