Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbringung von Asylsuchenden im Transitbereich eines Flughafens

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Unterbringung eines Betroffenen im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main nach Abschluss des "Flughafenasylverfahrens" handelt es sich auch vor Ablauf von 30 Tagen nach Ankunft des Betroffenen am Flughafen trotz der gesetzlichen Regelung des § 15 Abs. 6 S. 2 AufenthG um eine dem Richtervorbehalt unterliegende Freiheitsentziehung.

 

Normenkette

AufenthG § 15 Abs. 6; FEVG §§ 2, 13

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 07.11.2008; Aktenzeichen 2-28 T 118/08)

AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 24.06.2008)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss des LG Frankfurt am Main - 28. Zivilkammer - vom 07.11.2008 und der Beschluss des AG Frankfurt am Main vom 24.06.2008 werden aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die Unterbringung der Betroffenen auf dem Flughafen Frankfurt am Main (Gebäude ...) in der Zeit vom 24. bis zum 28.01.200y rechtswidrig war, weil sie nicht auf einer richterlichen Anordnung beruhte.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Die außergerichtlichen Kosten aller drei Instanzen hat der Antragsgegner zu tragen.

Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Betroffene ist gemeinsam mit ihrem Ehemann am 30.12.200x am Flughafen Frankfurt am Main ohne gültigen Pass oder Passersatz eingetroffen. Ihr Asylantrag wurde am 14.01.200y durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als offensichtlich unbegründet abgelehnt und gleichzeitig wurde ihr durch den Antragsgegner die Einreise verweigert. Mit Beschluss vom 24.01.200y hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main den Antrag der Betroffenen auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 14.01.200y abgelehnt. Im Zeitraum zwischen dem 24.01.200y und dem 28.01.200y befand sich die Betroffene gegen ihren Willen im Flughafen Frankfurt am Main im dortigen Transitbereich. Auf Antrag des Antragsgegners vom 27.01.200y ordnete das AG Frankfurt am Main mit Beschluss vom 28.01.200y gegen die Betroffene gemäß § 15 Abs. 6 S. 2 Aufenthaltsgesetz (nachfolgend: AufenthG) Haft zur Sicherung ihrer Abreise an.

Mit Schriftsatz vom 10.06.2008 haben die Verfahrensbevollmächtigen der Betroffenen beantragt, festzustellen, dass die Unterbringung der Betroffenen auf dem Flughafen Frankfurt am Main (Gebäude ...) in der Zeit vom 24. bis zum 28.01.200y rechtswidrig war (wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Bl. 1 ff der Akte nebst Anlagen Bezug genommen). Die haftrechtliche Spezialregelung für Ausländer in § 15 Abs. 6 AufenthG lasse eine richterfreie Unterbringung nur zu, wenn den Betroffenen von dort aus die Abreise aus dem Bundesgebiet möglich sei, wenn sie also reisen könnten, wenn sie nur wollten. Der Wortlaut lasse kein anderes Verständnis zu. Diese Voraussetzung sei bei der Betroffenen, deren Zurückweisung ohnehin nicht habe unmittelbar vollzogen werden können, da sie nicht über die für ihre Abreise notwendigen Papiere verfüge, nicht erfüllt. Da der Betroffenen die Abreise nicht möglich gewesen sei, hätte der Antragsgegner für die Unterbringung im Transit sofort, d.h. am 24.01. und nicht erst am 27.01.200y Haft zur Sicherung der Zurückweisung oder eine Anordnung zur Sicherung der Abreise beantragen müssen.

Mit Schriftsatz vom 13.06.2008 hat der Antragsgegner beantragt, den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unterbringung zurückzuweisen (wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Bl. 16f der Akte Bezug genommen). Nachdem das Asylverfahren nach Ablehnung des Rechtsmittels durch das Verwaltungsgericht am 24.01.200y beendet gewesen sei, habe die Betroffene der vollziehbaren Ausreisepflicht unterlegen. Somit habe für sie ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit bestanden, sich die für die Heimreise erforderlichen Papiere zukommen zu lassen und die Abreise zu organisieren. Der Umstand, dass sie Rechtsmittel eingelegt habe und durch ihr Verhalten die Beschaffung von Heimreisepapieren erforderlich gemacht habe, sei nicht geeignet, die Aussichtslosigkeit einer Rückreise innerhalb von 30 Tagen von vorneherein in Zweifel zu ziehen. Andernfalls würde den betroffenen Ausländern jede Möglichkeit genommen, innerhalb der 30 Tage freiwillig zurückzureisen oder ihre freiwillige Rückreise zu organisieren, wenn eine Haft zu beantragen wäre, sobald die Betroffenen vollziehbar rückreisepflichtig seien.

Mit Beschluss vom 24.06.200y hat das AG den Feststellungsantrag der Betroffenen vom 10.06.2008 als unbegründet zurückgewiesen (auf Bl. 18f der Akte wird Bezug genommen). Für die Auffassung der Betroffenen gebe der Gesetzestext des § 15 Abs. 6 AufenthG nichts her. Das einzige Kriterium für die Erforderlichkeit einer richterlichen Entscheidung sei nach dem Gesetzeswortlaut der Ablauf der 30-Tage-Frist. Diese sei vorliegend eingehalten worden.

Mit Schriftsatz vom 26.06.2008 (Bl. 21 der Akte) haben die Verfahrensbevollmäch...

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