Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit des weiblichen Vornamens "Bock"
Leitsatz (amtlich)
Das Recht der Eltern auf freie Wahl der Vornamen für ihr Kind umfasst auch die Möglichkeit, den von dem Kind nicht geführten Familiennamen eines Elternteils zu dessen weiterem Vornamen zu bestimmen und ist nur dort eingeschränkt, wo konkrete, im Einzelfall nachvollziehbare Beeinträchtigungen des Kindeswohls zu erwarten sind. Deshalb kann "Bock" neben zwei weiteren eindeutig weiblichen Vornamen für ein Mädchen zulässig sein, da für das Kind ein Bezug zu der koreanischen Herkunft und Bedeutung dieses Namens erkennbar ist und dessen Verwendung im Alltag wie üblich unterlassen werden kann.
Normenkette
GG Art. 6 Abs. 2; BGB §§ 12, 1626 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 10.06.2010; Aktenzeichen 5 T 685/09) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Darmstadt vom 24.9.2009 werden aufgehoben.
Das Standesamt wird angewiesen, für das eingangs genannte Kind als dritten Vornamen "Bock" in das Geburtenregister einzutragen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Beschwerdewert: 3.000,- EUR.
Gründe
I. Die beiden Antragsteller sind die Eltern des eingangs bezeichneten am ... geborenen Kindes. Sie haben am ... die Ehe geschlossen, ohne einen Ehenamen zu bestimmen. Für ihre Tochter bestimmten sie den Familiennamen der Mutter (X) zum Geburtsnamen und erklärten, das Kind solle die Vornamen "A B Bock" erhalten. Der Name "Bock" ist der von dem Vater auch nach der Eheschließung fortgeführte Geburtsname. Zur Begründung der Wahl des dritten Vornamens "Bock" gaben die Eltern an, hierdurch solle die Verbundenheit es Kindes mit seinem Vater zum Ausdruck gebracht werden. Außerdem solle hierdurch eine Verbindung zu den koreanischen Wurzeln hergestellt werden, da die Großmutter mütterlicherseits, die seit ... die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, ursprünglich aus Korea stammt und Bock im Koreanischen "Glück" bedeute. Des Weiteren verwiesen sie auf eine Bestätigung des koreanischen Generalkonsulats in Frankfurt/M., wonach es sich bei "Bock" um einen gebräuchlichen koreanischen männlichen Vornamen handele, wobei es in Korea keine Vorschrift gebe, bei der Vergabe von Vornamen darauf zu achten, ob das Kind weiblich oder männlich sei.
Das Standesamt hielt die Eintragung des dritten Vornamens "Bock" für unzulässig und legte die Sache über die Beteiligte zu 3) dem AG zur Entscheidung vor. Das AG wies das Standesamt mit Beschluss vom 24.9.2009 an, die Eintragung von "Bock" als drittem Vornamen für das Kind abzulehnen.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller wies das LG mit dem angefochtenen Beschluss vom 10.6.2010 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, zwar seien die Eltern in der Namenswahl als Ausübung ihrer Verantwortung für das Kind grundsätzlich frei. Das Wahlrecht der Eltern werde jedoch durch die Aufgabe des Staates beschränkt, das Kind als Grundrechtsträger vor verantwortungsloser Namenswahl durch die Eltern dort zu schützen, wo die Ausübung dieses Rechts das Kindeswohl zu beeinträchtigen drohe. Dies sei vorliegend der Fall. Bei "Bock" handele sich im deutschen Sprachkreis nur um einen gebräuchlichen Familiennamen, so dass keine Eignung zur Kennzeichnung der Individualität des Kindes bestehe, da er weder einem ausländischen noch einem im deutschen Sprachkreis bekannten herkömmlichen weiblichen Vornamen phonetisch ähnele. Darüber hinaus widerspreche "Bock" als Vorname dem Grundsatz der Geschlechtsoffenkundigkeit, da er im deutschen Sprachgebrauch eindeutig zur Bezeichnung männlicher Tiere verwendet und im übertragenen Sinne lediglich auf Männer bezogen werde. Schließlich sei die Verwendung von "Bock" als Vorname auch unzulässig, weil sie aufgrund naheliegender Assoziationen wie etwa "alter Bock" "sturer Bock" "geiler Bock" "bockig" "null Bock" gerade für ein Mädchen Anlass für Hänseleien, Belästigungen und Behinderungen biete. Hierbei sei die kumulative Wirkung der teilweise sexuell motivierten Wortspiele und Anzüglichkeiten mit der Verwendung eines eindeutig geschlechtsfremden Vornamens zu berücksichtigen. Die Kindeswohlgefährdung sei auch nicht durch eine Beschränkung auf die anderen beiden Vornamen im Alltag auszuschließen, da eine völlige Geheimhaltung des Namens nicht möglich sei.
Hiergegen wenden sich die beiden Antragsteller mit der weiteren Beschwerde, mit der sie insbesondere geltend machen, durch die Ablehnung des gewünschten dritten Vornamens "Bock" seien sie selbst in ihrem durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Elternrecht und das Kind in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzt.
Der Antragsgegner verteidigt die landgerichtliche Entscheidung.
II. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Auf das vorliegende Verfahren finden nach Art. 111 Abs. 1 FGG-ReformG noch die Vorschriften des FGG bezüglich der Rechtsmittel Anwendung, da das Verfahren erstinstanzlich durch einen vor dem maßgeblichen Stichtag des 1.9.2009 am 8.5.2009 be...