Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Ersatzzustellung

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 233-234, 418 Abs. 3, § 445 Abs. 2, § 448

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 06.05.2003; Aktenzeichen 4 O 231/02)

 

Tenor

Der Antrag des Beklagten, ihm für die Durchführung eines Berufungsverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Mit am 6.5.2003 verkündetem Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Darmstadt ist der mit bei Gericht am 22.11.2001 eingegangenem Schriftsatz erhobene Einspruch des Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid des AG Hünfeld vom 10.1.1996 über 233.799,85 DM nebst Zinsen als unzulässig verworfen worden. Das vorbezeichnete Urteil ist dem Beklagten, Bruder des Klägers, am 23.6.2003 zugestellt worden. Mit bei Gericht am 21.7.2003 eingegangenem Schriftsatz hat er um Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Berufungsverfahrens nachgesucht.

Das LG hat in dem vorbezeichneten Urteil, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird und welches der Beklagte anfechten will, festgestellt, dass der Vollstreckungsbescheid vom 10.1.1996 dem Beklagten am 17.8.2001 wirksam zugestellt worden sei, was durch die Zustellungsurkunde des Gerichtsvollziehers belegt werde. Dem Beklagten sei es nicht gelungen, den Beweis der Unrichtigkeit der in der öffentlichen Urkunde bezeugten Tatsachen zu führen. Seinem Antrag, ihn, den Beklagten, als Partei zu vernehmen, sei nicht zu entsprechen gewesen. Zum einen sei das Erbringen des Gegenbeweises nach § 418 Abs. 2 ZPO durch Parteivernehmung ausgeschlossen. Zum anderen fehle es an den Voraussetzungen des § 448 ZPO, denn für die Beklagtenbehauptung, die Zustellung des Vollstreckungsbescheides am 17.8.2001 sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, gebe es keine Anhaltspunkte.

Das LG hat weiter ausgeführt, dem Beklagten sei keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren gewesen, da er nicht glaubhaft gemacht habe, dass er ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Einspruchsfrist gehindert gewesen sei. Die verschiedenen Erklärungen des Beklagten stellten bloße Vermutungen dar.

Der Beklagte will das Urteil mit folgender Argumentation anfechten:

a) Der Vollstreckungsbescheid vom 17.8.2001 sei entgegen landgerichtlicher Auffassung ihm nicht wirksam zugestellt worden. Die Beweiskraft der Urkunde sei ausreichend erschüttert, was sich bereits aus der Zeugenaussage des Gerichtsvollziehers selbst ergebe. Das LG hätte ihn als Partei vernehmen müssen, weil die Aussage des Gerichtsvollziehers offensichtliche Mängel aufweise. In der Unterlassung der Parteivernehmung, zumindest aber einer informatorischen Anhörung seiner Person, liege ein Verfahrensfehler, den er rüge.

b) Auch die Darlegungen des LG zur Frage der Wiedereinsetzung begegneten Bedenken. Ihm, dem Beklagten, sei nicht möglich, mehr als alle Möglichkeiten aufzuzeigen, weshalb er von dem Benachrichtigungsschein keine Kenntnis erhalten habe. „Das Herausgreifen des LG einer dieser Möglichkeiten, nämlich derjenigen, dass der Benachrichtigungszettel mit einer Werbung verrutscht und weggeworfen” worden sei, könne nicht dazu führen, ihn „auszuschließen”.

Der Kläger sucht um Zurückweisung des Prozesskostenhilfeantrages nach.

Aller Einzelheiten i.Ü. wegen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Dem statthaften und auch sonst zulässigen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war nicht zu entsprechen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen, unter denen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann (§ 114 ZPO), nicht vorliegen.

Zwar liegen die subjektiven Voraussetzungen vor, aber die beabsichtigte Rechtsverteidigung bietet keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg.

I. Zum einen begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn das LG von einer ordnungsgemäßen Zustellung des Vollstreckungsbescheides an den Beklagten ausgegangen ist. Die hiergegen angedachten rechtlichen Angriffe gehen sämtlich fehl. Die Zustellungsurkunde über die Niederlegung der Sendung begründet als öffentliche Urkunde i.S.d. § 418 ZPO den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen, wonach ein Benachrichtigungsschein in den Briefkasten eingeworfen wurde. Damit ist bereits durch die Vorlage der Zustellungsurkunde eine wirksame Ersatzzustellung bewiesen, ohne dass es darauf ankommt, ob der Empfänger von der Benachrichtigung Kenntnis genommen hat oder nicht (vgl. OLG München, Beschl. v. 5.3.1994 – 21 W 2883/93, OLGReport München 1994, 92). Dies wird letztlich so wohl auch von der Berufung gesehen.

Der Beweis der Unrichtigkeit der in der Urkunde bezeugten Tatsachen, wonach ein Benachrichtigungsschein in den dem Empfänger zugeordneten Briefkasten eingeworfen wurde, kann zwar geführt werden, setzt aber neben einem substantiierten Beweisantritt voraus, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen dargelegt sein muss. Eine den vorstehenden Anforderungen genügend...

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