Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorauswahlverfahren potentieller Insolvenzverwalter: Rechtsweg
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Überprüfung von Entscheidungen im Vorauswahlverfahren potentieller Insolvenzverwalter ist der Rechtsweg nach den §§ 23 ff. EGGVG eröffnet.
2. Einer Entscheidung im Vorauswahlverfahren, mit der die Aufnahme eines Antragstellers in die Vorauswahl abgelehnt wird, können nur konkret belegbare tatsächliche Umstände als (gerichtlich) überprüfbarer Maßstab zugrunde gelegt werden. Dies gilt auch, soweit auf ein "Fehlverhalten" des Antragstellers in einem früheren Insolvenzverfahren abgestellt wird.
Normenkette
EGGVG § 23; InsO § 56
Verfahrensgang
AG Gießen (Aktenzeichen 6 AR 6/06) |
Gründe
I. Der Antragsteller ist seit 1984 als Rechtsanwalt zugelassen. Er ist Fachanwalt für Steuer- und Arbeitsrecht. Seit dem Jahr 1993 ist er im Bereich der Konkurs- und Insolvenzverwaltung tätig und wurde in weit über 100 Verfahren als Sachverständiger, Sequester, Konkursverwalter und Insolvenzverwalter bei verschiedenen AG bestellt. Er ist als Dozent für Insolvenzrecht bei der A GmbH der Rechtsanwaltskammer ... tätig.
In den Jahren 2001 bis 2004 wurde der Antragsteller vom AG Gießen in 6 Verfahren bestellt. Die Bestellungen erfolgten jeweils durch Insolvenzrichter, die dort nicht mehr zuständig sind. Das Insolvenzgericht in Gießen war im Zeitpunkt der Antragstellung im vorliegenden Verfahren mit einem Insolvenzrichter und einer Insolvenzrichterin besetzt. Die letzte Bestellung des Antragstellers im Zuständigkeitsbereich des Insolvenzgerichts Gießen erfolgte am 12.8.2004 in dem Verfahren Az.: 6 IN 224/04. Das Unternehmen der dortigen Insolvenzschuldnerin ist durch den Antragsteller seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum Zwecke der Sanierung fortgeführt worden. Es handelt sich hierbei um das einzige Verfahren in diesem Insolvenzgerichtsbezirk, in welchem der Antragsteller noch als Insolvenzverwalter tätig ist. Der Antragsteller wurde trotz mehrfacher persönlicher Vorsprachen im Bezirk des Insolvenzgerichts Gießen von den Insolvenzrichtern nicht bestellt.
Im Dezember 2005 suchte der Antragsteller erneut den zuständigen Insolvenzrichter am AG Gießen auf und bat diesen um Berücksichtigung bei der Auswahl der zu bestellenden Insolvenzverwalter in künftigen Verfahren. In diesem Gespräch wurde ihm mitgeteilt, dass derzeit kein Bedarf bestehe und eine Bestellung zum Insolvenzverwalter nicht erfolgen werde. Daraufhin reichte der Antragsteller mit Schreiben vom 13.1.2006 (Bl. 41 ff. d.A.) eine Bewerbung ein und beantragte, ihn in die entsprechende Vorauswahlliste der zu bestellenden Insolvenzverwalter bei dem Insolvenzgericht in Gießen aufzunehmen. Der Bewerbung fügte er einen Erhebungsbogen hinsichtlich seiner Person und der seines Vertreters im Verhinderungsfall bei. Am 4.2.2006 erhielt der Antragsteller ein Schreiben der anderen Insolvenzrichterin bezüglich seiner Bewerbung (Bl. 48 d.A.). Sie teilte darin mit, dass am AG Gießen keine Vorauswahlliste geführt werde; da der Antragsteller aber dort schon als Verwalter tätig gewesen sei, seien seine Daten im EDV-System erfasst. Nach dieser Mitteilung nahm der Antragsteller an, in das Vorauswahlverfahren für die zu bestellenden Insolvenzverwalter des AG Gießen aufgenommen worden zu sein.
Mit von den beiden Insolvenzrichtern des AG Gießen unterzeichnetem Bescheid vom 28.4.2006, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 159 ff. d.A. verwiesen wird, wurde dem Antragsteller sodann mitgeteilt, dass sein Antrag vom 13.1.2006 zurückgewiesen werde. Zur Begründung der Zurückweisung führten die Insolvenzrichter im Wesentlichen aus, dass es beim AG Gießen keine Verwalterliste gebe, d.h. keine einheitliche Liste von potentiellen Insolvenzverwaltern geführt werde. Jeder der beiden Insolvenzrichter treffe die Vorauswahl selber. Umgerechnet auf die - im Einzelnen bezifferte - Zahl der eröffneten Verfahren habe das AG Gießen einen relativ großen Kreis von Insolvenzverwaltern. Der Kreis der Verwalter könne nicht ständig vergrößert werden. Das Gericht müsse volles Vertrauen zu der bestellten Person haben, was bei einer Bestellung nur in großen Zeitabständen erschwert werde. Man könne den nachgeordneten Mitarbeitern des Gerichts nicht zumuten, sich ständig auf neue Verwalter einzustellen. Wenn man jeden Bewerber berücksichtigen würde, würde auch ein erheblicher Qualitätsverlust eintreten. Die Büros, die sich auf Insolvenzverwaltungen spezialisiert hätten, müssten in erheblichem Umfang qualifiziertes Personal vorhalten, um Verfahren ordnungsgemäß abwickeln zu können. Dies sei nicht möglich, wenn sie nur ab und zu zum Verwalter bestellt würden. Wegen der Vielzahl der Bewerber seien die Kriterien, nach der die Verwalter ausgewählt würden, neu überdacht worden. Dazu wird in dem Schreiben ausgeführt: "Die Verwalter sollen über eine hervorragende Qualifikation verfügen und grundsätzlich ein Büro in unserem Insolvenzgerichtsbezirk haben. Sie sollen in der Lage sein, innerhalb von kurzer Zeit möglichst viele O...