Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer Kundenanlage nach § 3 Nr. 24a EnWG

 

Normenkette

EnWG § 3 Nr. 16, § 24a

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 25.01.2022; Aktenzeichen EnVR 20/18)

 

Tenor

Der Beschluss der Beschwerdegegnerin vom 29.08.2016 wird aufgehoben und die Beschwerdegegnerin verpflichtet, über den Antrag der Beschwerdeführerin zu 1 und 2 im Wege des besonderen Missbrauchsverfahren gemäß § 31 EnWG das Verhalten der Beteiligten zu 1 auf dessen Übereinstimmung mit den Vorgaben in den Bestimmungen der Abschnitte 2 und 3 des Dritten Teils des EnWG und der auf dieser Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen zu überprüfen sowie die erforderlichen Anordnungen zu treffen, damit die Beteiligte zu 1 ihren gesetzlichen Verpflichtungen als Betreiberin eines Energieversorgungsnetzes nachkommt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen der Beschwerdeführerinnen hat die Beschwerdegegnerin zu tragen. Die Beteiligte zu 1 hat ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerinnen begehren im Wege des besonderen Missbrauchsverfahrens nach § 31 EnWG, das Verhalten der Beteiligten zu 1 (i.F: A) auf seine Übereinstimmung mit den Vorgaben der Abschnitt 2 und 3 des Dritten Teils des EnWG zu überprüfen.

Die Beschwerdeführerin zu 1 ist der städtische Energie-, Wasser- und Fernwärmeversorger in Stadt1; größter Anteilseigner ist die Stadt1. Die Beschwerdeführerin zu 1 ist Eigentümerin der Energieversorgungsnetze (Strom und Gas) der allgemeinen Versorgung in Stadt1, die sie an ihr Tochterunternehmen, die Beschwerdeführerin zu 2, verpachtet hat. Die Beschwerdeführerin zu 2 betreibt das Stromverteilernetz in Stadt1; sie gehört zu 100 % der Beschwerdeführerin zu 1.

Die A ist ein Energieversorgungsunternehmen und eine 100%ige Tochter der B GmbH & Co. KG. Auf dem Gelände der sog. "C" befindet sich eine Umspanneinrichtung, welche an das Mittelspannungsnetz der Beschwerdeführerin zu 2 angeschlossen ist. Die A betreibt die Umspanneinrichtung und beliefert gegenwärtig 397 Wohneinheiten in der Liegenschaft "C" nach erfolgter Umwandlung in Niederspannung mit Strom.

Die C befinden sich im D-Viertel und wurden im Jahr 2012/2013 erbaut. Ursprünglich setzten sie sich aus 48 Eigentumswohnungen und 397 öffentlich geförderten Wohnungen im Sozialmietwohnungsbau zusammen (Bl. 316). Die im Straße1 18-26 gelegenen Eigentumswohnungen werden gegenwärtig nicht mehr von der A versorgt. Die A versorgt gegenwärtig die Gebäude im Straße1 3-21, 28-32, 36-44 sowie in der Straße2 42-66 (Bl. 155). Im Rahmen der Jahresabrechnungen wird den Verbrauchern neben dem Grundpreis ein auf den konkreten Verbrauch bezogener Arbeitspreis in Rechnung gestellt. Dieser beträgt 0,18 EUR pro Kilowattstunde. Der jährliche Gesamtverbrauch in der Liegenschaft lag in den Vorjahren bei knapp 1,2 Millionen kWh und beläuft sich derzeit auf knapp 1 Mio. kWh.

Die Beschwerdeführerin zu 2 stellt der A seit Aufnahme der Lieferbeziehung jedenfalls seit 2014 für die Netznutzung unter anderem eine Konzessionsabgabe in Rechnung. Zwischen der Beschwerdeführerin zu 2 und der A ist derzeit ein Rechtsstreit über die Verpflichtung zur Zahlung einer Konzessionsabgabe vor dem Landgericht Stadt1 (Az.: .../16) anhängig.

Die Beschwerdegegnerin hat den Antrag mit Beschluss vom 29.08.2016 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen wie folgt ausgeführt: Die A betreibe die elektrische Anlage im Einklang mit den gesetzlichen Voraussetzungen als Kundenanlage im Sinne von § 3 Nr. 24 a EnWG. Für die Frage, ob eine Energieanlage als Kundenanlage betrieben werde, komme es allein auf die tatsächlichen Eigenschaften der Anlage im Sinne des § 3 Nr. 24 a EnWG an. Alle dort genannten Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt:

Die Anlage befinde sich auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet. Dabei komme es nicht auf die Parzellierung des Grundstücks an, sondern allein auf die Einheitlichkeit des Gebietes. Maßgeblich sei, ob aus Sicht eines objektiven Betrachters das Grundstück als einheitlich wahrgenommen werde. Dies sei vorliegend der Fall ausweislich des vorgelegten Kartenmaterials und der Luftbilder.

Die Energieanlage sei auch mit einem Energieversorgungsnetz verbunden; dies erfolge hier über einen einzigen Anschlusspunkt auf der Mittelspannungsebene.

Die Anlage sei schließlich für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität unbedeutend. Maßgeblich sei insoweit das Verhältnis der in der Gesetzesbegründung beispielhaft aufgeführten Parameter zum Stadt1 Stadtgebiet. An das Netz der Beschwerdeführerin zu 2 seien über 400.000 Entnahmestellen angeschlossen, die hier zu beurteilenden knapp 400 angeschlossenen Haushalte stellten damit weniger als ein Promille dar. Die Entnahme aus dem Netz der Beschwerd...

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