Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgemäße Information über Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F.
Normenkette
VVG § 5a
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 28.10.2021; Aktenzeichen 2-30 O 105/21) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 28.10.2021 verkündete Urteil der 30. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main - Aktenzeichen: 2-30 O 105/21 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieser Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Rahmen einer Stufenklage um die Rückabwicklung eines Versicherungsvertrags nach Widerspruch.
Die Kläger schloss Ende des Jahres 2006 mit der damals noch als A Ltd. firmierenden Versicherungsgesellschaft, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist (nachfolgend einheitlich Beklagte), eine fondsgebundene Kapitallebensversicherung des Typs "B" mit der Versicherungsnummer ... im Policenmodell ab. Der Kläger unterzeichnete das Antragsformular nach Beratung durch eine Versicherungsmaklerin. Auf dem Antragsformular (Anlage K 1, Anlagenband Klägerseite) befand sich die folgende fettgedruckte Erklärung:
"Ich bin darüber belehrt worden, dass ich dem Vertrag innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins, der Verbraucherinformation und der Versicherungsbedingungen widersprechen kann. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Widerspruchserklärung. Hierauf werde ich bei Überlassung meiner Vertragsunterlagen nochmals ausdrücklich hingewiesen."
Der Kläger erhielt im Anschluss den Versicherungsschein und die Broschüre "Verbraucherinformation und Versicherungsbedingungen" gemeinsam mit dem Begleitschreiben vom 12. Dezember 2006 (Anlage K 2, Anlagenband Klägerseite). Auf dem Deckblatt der Broschüre "Verbraucherinformation und Versicherungsbedingungen" (Anlage B 2, Anlagenband Beklagtenseite, bzw. K 3, Anlagenband Klägerseite) findet sich die im Antragsformular in Bezug genommene Belehrung über das Widerspruchsrecht wie folgt:
"Sehr geehrte/r Versicherungsnehmer/in
als Teil Ihrer Vertragsunterlagen übersenden wir Ihnen anbei die folgenden Dokumente für
Ihren Versicherungsvertrag:
- Verbraucherinformation
- Versicherungsbedingungen
- Versicherungsschein
bei diesen Unterlagen handelt es sich um wichtige Dokumente, die im Anspruchsfall benötigt werden.
Bitte bewahren Sie diese Unterlagen daher an einem sicheren Ort auf. Nach § 5 a VVG können Sie diesem Versicherungsvertrag innerhalb von 30 Tagen nach Zugang dieses Schreibens und der beigefügten Unterlagen in Textform im Sinne von § 126 b BGB widersprechen (z.B. durch Brief, Fax oder E-Mail).
Zur Wahrung dieser Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs."
Als Versicherungsbeginn wurde der 1. Dezember 2006 und monatliche Beiträge i.H.v. EUR 100,00 über einen Zeitraum von 23 Jahren festgelegt. Der Kläger wirkte während der Vertragslaufzeit mehrfach auf den streitgegenständlichen Lebensversicherungsvertrag ein. So teilte er eine Adressänderung mit und beantragte einen Fondswechsel. Nach fast 14 Jahren nach Abschluss des Vertrages erklärte der Kläger mit Schreiben vom 19.08.2020 den Widerspruch gegen das Zustandekommen des Vertrages gemäß § 5a VVG alte Fassung und forderte die Beklagte zur Rückzahlung der Prämien und der damit gezogenen Nutzungen abzüglich der Risikokosten auf. Mit Schreiben vom 31.08.2020 lehnte die Beklagte den Widerspruch ab.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass er bei Übersendung der Police nicht ordnungsgemäß und insbesondere nicht vollständig über das ihm zustehende Widerspruchsrecht belehrt worden sei und ihm die gesetzlich vorgesehenen Verbraucherinformationen nicht vollständig erteilt worden seien. Aus diesem Grund habe die Frist zu keiner Zeit zu laufen begonnen und der Widerspruch sei wirksam erfolgt. Da ihm die zur Berechnung des Rückabwicklungsanspruchs notwendigen Parameter fehlten, sei er auf erster Stufe zunächst auf Auskunft der Beklagten angewiesen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Zwischenfeststellungsklage schon nicht zulässig sei. Des Weiteren sei der Kläger umfassend über sein Widerspruchsrecht inklusive vollständiger Verbraucherinformationen belehrt worden. Die Widerspruchsfrist sei somit bereits im Jahr 2007 abgelaufen und der Widerspruch verfristet. Selbst wenn die Widerspruchsfrist formal noch liefe, wäre die Geltendmachung des Vertragslösungsrechts nach der Rechtsprechung des EuGHs unverhältnismäßig. Jedenfalls verstieße die Ausübung eines Widerspruchsrechts nach fast 14 Jahren gegen Treu und Glauben sowohl unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung als auch des Rechtsmissbrauchs.
Mit Urteil vom 28.10.2021 (Bl. 196ff. d.A.), auf dessen tatsächliche Feststel...