Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuschlag nach §§ 76g, 97a, 307e, 307f SGB VI unterliegt nicht dem Versorgungsausgleich
Verfahrensgang
AG Michelstadt (Beschluss vom 31.08.2022; Aktenzeichen 42 F 31/22 S) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Auslagen sind nicht zu erstatten.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.200,00 Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die die Beschwerde führende Deutsche Rentenversicherung wendet sich gegen den erstinstanzlich unterbliebenen Ausgleich des Zuschlags nach §§ 76g, 97a, 307e, 307f SGB VI im Rahmen des durchgeführten Versorgungsausgleichs.
Durch den teilweise angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt, wobei ein Ausgleich des genannten für die Ehefrau mitgeteilten Zuschlags unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats unterblieben ist.
Zu den von den Ehegatten während der gesetzlichen Ehezeit vom 1. September 1979 bis 31. Januar 2022 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) erworbenen Anrechten wird auf die erstinstanzliche Entscheidung verwiesen.
Ergänzend ist zu Anrechten des am XX.XX.1959 geborenen Antragstellers (im Folgenden Ehemann) auszuführen, dass die erworbenen Entgeltpunkte in den Jahren 2018 bis 2021 auf einem Jahresentgelt von 46.934,00 Euro (2018), 49.982,00 Euro (2019), 48.262,00 Euro (2020) und 48.219,00 Euro (2021) und im Januar 2022 3.619,00 Euro beruhen (siehe Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Hessen vom 21. März 2022). Der Kapitalwert des betrieblichen Anrechts wurde auf der Grundlage eines fiktiven monatlichen Anspruchs auf Altersrente von 81,17 Euro berechnet, der Ehezeitanteil betrug 93,07 %.
Ergänzend ist zum in der gesetzlichen Rentenversicherung von der Ehefrau erworbenen Anrecht auszuführen: Der Berechnung des Zuschlags nach § 76g SGB VI liegen Grundrentenzeiten im Umfang von 447 Monaten zugrunde. Die erworbenen Entgeltpunkte beruhen in den Jahren 2018 bis 2020 auf einem Jahresentgelt von 5.400,00 Euro, im Jahr 2021 6.283,00 Euro und im Januar 2022 auf 998,45 Euro.
In ihrer Beschwerde macht die Deutsche Rentenversicherung Bund geltend, dass der Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährig Versicherte nach §§ 76g, 97a, 307e, 307f SGB VI als Anrecht im Sinne des § 2 VersAusglG dem Versorgungsausgleich unterliegt und auszugleichen ist. Die versicherten Personen, die einen Zuschlag erhalten, hätten rentenrechtliche Zeiten im Sinne von § 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI zurückgelegt, die lediglich eine zusätzliche Bewertung erfahren würden. Auch unter Berücksichtigung der getrennten Ermittlung der Entgeltpunkte aus dem Grundrentenzuschlag nach § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI und der Bedürftigkeitsprüfung nach § 97a SGB VI handele es sich um ein zu teilendes Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Anzahl der Entgeltpunkte könne bei Auskunftserteilung zweifelsfrei festgestellt werden, insofern liege ein gefestigtes Anrecht vor, das auch der Höhe nach bestimmt sei.
II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist unbegründet. Die Beschwerdeführerinnen sind durch die angefochtene Entscheidung in eigenen Rechten verletzt (§ 59 Abs. 1 FamFG), weil sie einen mit dem Recht des Versorgungsausgleichs nicht zu vereinbarenden Eingriff in ihre Rechtsstellung rügen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - XII ZB 221/06, Rn. 12; Beschluss vom 07. März 2012 - XII ZB 599/10, Rn. 8). Die Teilanfechtung ist zulässig (BGH, Beschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 629/13 -, juris).
Der Senat bleibt auch unter Berücksichtigung der in der Beschwerde und in der übrigen obergerichtlichen Rechtsprechung genannten gewichtigen Argumente bis zu einer höchstrichterlichen Klärung bei der Auffassung, dass der Zuschlag nach §§ 76g, 97a, 307e, 307f SGB VI nicht dem Versorgungsausgleich unterliegt. Dabei sei angemerkt, dass es dem Senat nicht darum geht, die Konzeption der Grundrente als Leistung nach dem SGB VI und nicht nach SGB II oder XII und damit auch auf Arbeit basierendem Anrecht in Frage zu stellen. Es geht um die Frage, ob dieses Anrecht in seiner konkreten Ausgestaltung und Konstruktion mit einer Wechselwirkung zwischen erworbenen Entgeltpunkten einerseits und Aspekten der Bedürftigkeit in den Höchstgrenzen des § 76g Abs. 4 Sätze 3 und 4 SGB VI und der Einkommensanrechnung nach § 97a SGB VI andererseits dem Ausgleich zwischen Ehegatten nach dem VersAusglG, zugänglich ist. Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung ist letzteres nach Auffassung des Senats zu verneinen
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 21. Juli 2022 (OLG Frankfurt - 6 UF 108/22 - Anmerkung Siede in NZFam 2022, 2763; Anmerkung Hausleiter/Schramm in NJW-Spezial 2022, 581) Folgendes ausgeführt:
"Das Anrecht aus § 76g SGB VI - Entgeltpunkte für langjährige Versicherung (Grundrente) - ist jedoch nicht auszugleichen.
Der Zuschlag nach § 76g SGB VI ist kein auszugleichend...