Leitsatz (amtlich)
Zur Vergütung einer Ergänzungspflegerin mit dem Wirkungskreis der Vertretung in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten.
Verfahrensgang
AG Offenbach (Beschluss vom 16.06.2011) |
Tenor
Die Beschlüsse des AG Offenbach vom 16.6.2011 in der Form des Abhilfebeschlusses vom 14.9.2011 werden abgeändert und wie folgend neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Ergänzungspflegerin die Pflegschaft berufsmäßig führt.
Für die Tätigkeit der Beschwerdeführerin wird aufgrund ihrer Anträge vom 8.9.2009, 7.12.2009, 16.2.2010, 14.4.2010 und 11.10.2010 eine Gesamtvergütung i.H.v. 814,13 EUR festgesetzt.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Wert: 614,21 EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin wurde der betroffenen Minderjährigen, welche ohne ihre Eltern aus Eritrea als Flüchtling nach Deutschland eingereist ist, durch Beschluss des AG -Familiengericht- Gießen vom 14.8.2009 auf Anregung des späteren Vormundes, des Jugendamtes der Stadt G., als Ergänzungspflegerin mit dem Wirkungskreis der Vertretung in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten bestellt, weil der Vormund, wie das AG ausdrücklich festgestellt hat, hier nicht über die erforderliche Sachkunde verfüge. Eine Feststellung der Berufsmäßigkeit der Pflegschaft ist nicht erfolgt. In der Folgezeit vertrat die Ergänzungspflegerin das Kind im Rahmen eines von ihr gestellten Asylantrages und sodann auch in weiteren ausländerrechtlichen Angelegenheiten. Dabei führte sie auch eigene Ermittlungen für den insoweit maßgeblichen Sachverhalt, z.B. durch Gespräche mit Angehörigen und Ärzten durch. Erstmals mit Schreiben vom 8.9.2009 beantragte die Ergänzungspflegerin eine Vergütung ihrer Tätigkeit und Auslagen i.H.v. 103,95 EUR brutto von der Staatskasse, wobei sie ihre näher bezeichneten Tätigkeiten mit einem Stundenaufwand von 2,75 Stunden zu einem Satz von 31 EUR in Rechnung stellte. Das AG Gießen zahlte den entsprechenden Betrag an die Beschwerdeführerin aus, ein förmlicher Festsetzungsbeschluss erging zunächst nicht. In der Folgezeit stellte die Ergänzungspflegerin weitere Abrechnungen nach Stundenaufwand in einer Höhe von 244,94 EUR (Abrechnung vom 7.11.2009), 154,94 EUR (Abrechnung vom 16.2.2010) und 90,49 EUR (Abrechnung vom 14.4.2010), die allesamt zur Auszahlung gekommen sind. Als die Ergänzungspflegerin mit Antrag vom 11.10.2010 eine weitere Abrechnung ihrer Tätigkeit und Auslagen i.H.v. 219,81 EUR begehrte, beantragte der zuständige Bezirksrevisor bei dem LG Darmstadt die förmliche Festsetzung der Vergütung der Ergänzungspflegerin unter Begrenzung auf eine Gebühr im Rahmen der Beratungshilfe Nr. 2503 VV-RVG i.H.v. 70 EUR zzgl. einer Dokumentenpauschale i.H.v. 14 EUR und 19 % MWSt., also insgesamt 99,96 EUR bei gleichzeitiger Rückforderung eines bereits ausgezahlten Betrages von 494,35 EUR.
Mit Beschluss des AG Offenbach vom 16.6.2011 setzte dieses aufgrund der Anträge vom 8.8.2009, 7.12.2009, 16.2.2010 und 14.4.2010 eine Gesamtvergütung von 99,96 EUR fest. Im Übrigen wies es die Anträge zurück und kündigte hinsichtlich der zu viel ausbezahlten Beträge eine Rückforderung im Wege einer gesonderten Kostenrechnung i.H.v. 494,36 EUR an. In einem weiteren Beschluss vom 16.6.2011 wies es den Vergütungsantrag der Beschwerdeführerin vom 11.10.2011 auf Zahlung eines Gesamtbetrages von 219,81 EUR zurück.
Die Ergänzungspflegerin legte gegen beide ihr am 29.6.2011 zugestellte Beschlüsse mit Schreiben vom 13.7.2011, eingegangen beim AG am selben Tag, "sofortige" Beschwerde ein.
Mit Beschluss vom 14.9.2011 half das AG der Beschwerde gegen den oben zuerst genannten Beschluss teilweise ab und bewilligte der Ergänzungspflegerin wegen eines von ihr gestellten Duldungsantrages vom 5.1.2009 eine Vergütung in Höhe einer weiteren Beratungshilfegebühr i.H.v. 99,96 EUR, wodurch sich der Rückforderungsbetrag auf 394,40 EUR ermäßige. Im Übrigen half es der Beschwerde und auch der weiteren Beschwerde gegen den weiteren Beschluss vom 16.6.2011 nicht ab. Mit Beschluss vom 7.1.2013 wurden gem. § 20 FamFG die beiden Beschwerdeverfahren 5 WF 215/11 und 5 WF 218/11 miteinander verbunden.
II. Das Rechtsmittel ist als Beschwerde gegen die Beschlüsse der Rechtspflegerin des AG vom 16.6.2011 nach §§ 168 Abs. 1, 58 Abs. 1 FamFG, 11 Abs. 1 RpflG statthaft. Insoweit hätten die form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden unmittelbar vom AG dem Senat vorgelegt werden müssen, da nach § 68 Abs. 1 S. 2 FamFG eine Abhilfebefugnis des Familiengerichts nicht besteht. Der nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwerdewert von 600 EUR ist im Übrigen überschritten, da die Beschwerdeführerin insgesamt eine Vergütung i.H.v. 814,13 EUR verlangt und ihr nach den beiden zuvor erwähnten angefochtenen Beschlüssen nur ein Betrag von 199,92 EUR verbleiben soll.
Die Beschwerde ist begründet, da das AG die Ergänzungspflegerin wegen der von ihr geltend gemachten Vergütungsansprüche zu Unrecht auf die gebührenrechtlichen Sätze d...