Entscheidungsstichwort (Thema)
Auch für die Beschwerde gegen die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gilt die Zweiwochenfrist des § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG
Leitsatz (amtlich)
Die unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung ist bei anwaltlicher Vertretung für die Versäumung der Rechtsmittelfrist nicht ursächlich, es sei denn es handelt sich um eine ungewöhnliche verfahrensrechtliche Situation, die nicht sicher zu beantwortende rechtliche Zweifelsfragen aufwirft, oder eine Sache, in der die Rechtsmittelzuständigkeit fraglich ist. Dies ist bei der Frist für die Beschwerde gegn die Ablehnung einer einstweiligen Anordnung nicht der Fall.
Normenkette
FamFG § 17 Abs. 2, § § 49 ff., § 63 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Königstein (Beschluss vom 29.12.2011) |
Tenor
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist wird der Antragstellerin nicht gewährt.
Der Antragstellerin werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.
Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt, §§ 49 Abs. 1, Alt. 1, 41, 40 Abs. 1 FamGKG.
Gründe
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz zurückgewiesen. In der Rechtsmittelbelehrung weist das AG darauf hin, dass binnen einer Frist von einem Monat bei dem AG das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt werden könne. Der Beschluss wurde dem Antragstellervertreter am 9.1.2012 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 30.1.2012 hat die Antragstellerin beim AG Beschwerde eingelegt. Mit Verfügung vom 21.3.2012 hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Beschwerdefrist zwei Wochen beträgt und grundsätzlich eine Wiedereinsetzung wegen der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung bei anwaltlicher Vertretung nicht in Betracht komme.
Die Antragstellerin hält an ihrer Beschwerde fest und verweist auf die Rechtsprechung des BGH vom 12.1.2012 - AZ V ZB 198/11, V ZB 199/11 -, MDR 2012, 417. Danach wäre zumindest hilfsweise Wiedereinsetzung zu gewähren.
Die gem. § 58 FamFG statthafte Beschwerde der Antragstellerin ist gem. § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen, da sie verfristet ist.
Die Beschwerde ist grundsätzlich gem. § 57 Satz 2 FamFG statthaft, da sie sich gegen eine Zurückweisung eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz richtet (§ 57 Satz 2 Nr. 4 FamFG). Sie wurde jedoch nicht innerhalb der maßgeblichen Beschwerdefrist von zwei Wochen, § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG, angefochten. Der angefochtene Beschluss wurde am 9.1.2012 zugestellt, die Beschwerde ist am 30.1.2012, mithin nach Ablauf der Zweiwochenfrist beim AG eingegangen. Zwar wird in der Literatur unter Hinweis auf den vermeintlichen Wortlaut des § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG, wonach Beschwerde binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist, wenn sie sich gegen eine einstweilige Anordnung richtet, vertreten, dass bei Beschlüssen, die eine einstweilige Anordnung ablehnen, die Einmonatsfrist nach § 63 Abs. 1 FamFG gelte, vgl. Prütting/Helms-Abramenko, FamFG, 2. Aufl., § 63 Rz. 4; Zöller-Feskorn, ZPO, 29. Aufl., § 63 FamFG, Rz. 3; Keidel-Sternal, FamFG, 17. Aufl., § 63 Rz. 14. Nach Auffassung des Senats ist diese Auslegung abzulehnen. Richtigerweise ist § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG dahingehend zu verstehen, dass die Zweiwochenbeschwerdefrist bei jeder Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren Anwendung findet. Diese Auslegung ist vom Wortlaut gedeckt, entspricht dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers und erfüllt den Zweck des einstweiligen Anordnungsverfahrens als Eilverfahren, wie hier OLG Zweibrücken vom 8.10.2010, FamRZ 2011, 794; KG vom 18.4.2011, FamRZ 2012, 51; Prütting/Helms-Stößer, FamFG, 2. Aufl., § 57 Rz. 12; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., § 63 FamFG Rz. 4; Schulte-Bunert/Weinreich-Unger, FamFG, 3. Aufl., § 63 Rz. 6; Musielak/Borth, FamFG, 3. Aufl., § 63 Rz. 2; wohl auch Dose, Einstweiliger Rechtschutz in Familiensachen, 3. Aufl., Rz. 430. Diese Auslegung entspricht dem Wortlaut, da auch eine ablehnende Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Anordnung als "eine einstweilige Anordnung" anzusehen ist, vgl. OLG Zweibrücken, a.a.O., In der Begründung des Gesetzgebers zu § 63 Abs. 2 FamFG(vgl. BT-Drucks. 16/6308, Seite 205) wird nicht darauf hingewiesen, dass die verkürzte Frist nur für stattgebende Beschlüsse im einstweiligen Anordnungsverfahren gelten solle. Es hätte nahegelegen, dass der Gesetzgeber gesondert darauf hinweist, wenn er ablehnende Entscheidungen einer anderen Beschwerdefrist unterwerfen möchte. Dem deutschen Rechtsmittelsystem ist eine unterschiedliche Frist zwischen stattgebenden und ablehnenden Entscheidungen grundsätzlich fremd, weswegen ein Hinweis des Gesetzgebers zumindest in der Begründung, besser noch im Wortlaut der Norm zu erwarten gewesen wäre. Für den Gleichlauf der Frist spricht auch, dass der Gesetzgeber mit dem FamFG zum ersten Mal die Anfechtung ablehnender Entscheidungen beschwer...