Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungsinteresse bei einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Ehevertrages
Leitsatz (amtlich)
Ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Nichtigkeit des Ehevertrags besteht nur nach Einleitung des Scheidungsverfahrens.
Normenkette
ZPO § 256
Verfahrensgang
AG Gießen (Beschluss vom 23.08.2005; Aktenzeichen 26 F 1095/05 UE) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Gründe
Das AG hat der von ihrem Ehemann in der gemeinsamen Ehewohnung getrennt lebenden Antragstellerin die Prozesskosten hilf e für eine Klage verweigert, mit welcher sie die Feststellung der Nichtigkeit eines am 17.6.2002 mit ihrem Ehemann geschlossenen Ehevertrags begehrt. Es sei nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin außerhalb des Scheidungsverfahrens ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an der Feststellung habe. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die beabsichtigte Klage hat keine Aussicht auf Erfolg, weil sie unzulässig wäre. Es fehlt der Klage ein schützenswertes Interesse der Klägerin auf alsbaldige Feststellung der Nichtigkeit des Ehevertrags (oder der Unzulässigkeit der Geltendmachung der Verzichtserklärungen der Antragstellerin durch den Antragsgegner nach § 242 BGB - Ausübungskontrolle, Hilfsantrag).
Eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Ehevertrags ist mangels Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig, solange ein Scheidungsantrag nicht gestellt ist (so auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.12.2004 - 2 WF 404/04, FamRZ 2005, 457). Solange die in dem Ehevertrag enthaltenen Regelungen für Folgesachen schon deswegen keine Wirksamkeit entfalten können, weil die Ehe noch besteht und ihr Ende rechtlich offen ist, fehlt es schon deswegen an einer Möglichkeit der Antragstellerin, die Ansprüche geltend zu machen, die der Ehevertrag nach seinem Wortlaut ausschließen soll. Nur der Streit über ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 256 Rz. 3a, unter Hinweis auf BGHZ 37, 137 [144]) soll zur Überprüfung gestellt werden dürfen, nicht der Streit über ein künftiges Rechtsverhältnis, das später möglicherweise entstehen kann (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 256 Rz. 3a), wenn die Ehe geschieden werden wird, wofür derzeit nur eine Wahrscheinlichkeit spricht. Die Gerichte sollen nicht angerufen werden, wenn nur die Möglichkeit besteht, dass ein streitiges Rechtsverhältnis zukünftig entsteht. Darin unterscheidet sich der Fall von betagten oder bedingten Rechtsgeschäften, die schon die gegenwärtigen Rechtsbeziehungen von Parteien berühren können.
Die Entscheidung des AG steht deswegen auch nicht im Widerspruch zu der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 1.7.2004 (OLG Düsseldorf v. 1.7.2004 - II-7 UF 227/03, OLGReport Düsseldorf 2004, 505 = FamRZ 2005, 282; v. 1.7.2004 - 7 UF 227/03, NJW-RR 2005, 1 [3]). Dort wurde ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit des Ehevertrages anerkannt, obwohl schon die Möglichkeit bestanden hatte, im Scheidungsverbund auf Leistung zu klagen, was im Grundsatz der Zulässigkeit einer Feststellungsklage immer entgegensteht (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 256 Rz. 7a). Es wurde die Auffassung vertreten, dass dann der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit im Vordergrund stehe könne. Allerdings war hier schon der Scheidungsantrag gestellt. Die Antragstellerin kann deswegen für ihre Rechtsansicht daraus nichts herleiten. Die von ihr weiter zitierte Entscheidung des 2. Familiensenats des OLG Frankfurt vom 29.10.1999 (OLG Frankfurt v. 29.10.1999 - 2 WF 290/99, http://www.hefam.de/urteile/2WF29099.html) betrifft ebenfalls die Rechtslage nach Stellung des Scheidungsantrags. Hingegen hat auch das Brandenburgische OLG mit Beschl. v. 9.8.2001, (OLG Brandenburg v. 9.8.2001 - 9 UF 238/00, NJW-RR 2002, 578) entschieden, dass einer negativen Feststellungsklage betreffs des nachehelichen Unterhalts in der Regel das Rechtsschutzinteresse fehle, solange die Eheleute nicht geschieden seien (gemeint ist die Stellung des Scheidungsantrags.
Es handelt sich hier nicht um eine zweifelhafte Rechtsfrage, die nicht abschließend vorweg im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren beantwortet werden könnte. Zwar besteht keine Rechtsprechung des BGH zu dem Problem, dies allein rechtfertigt aber die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 127 Abs. 4 ZPO, 1811, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.
Fundstellen
FamRZ 2006, 713 |
FuR 2006, 186 |
FamRB 2006, 175 |
ZFE 2006, 153 |
OLGR-West 2006, 400 |