Entscheidungsstichwort (Thema)
Doppelmangel beim Kauf nach Probe
Leitsatz (amtlich)
Beim Kauf von Wein, den der Käufer vorab gekostet hat, ist die tatsächliche Beschaffenheit des Weins nach der Probe vereinbart. Stellt sich nach der Beseitigung eines vorab festgestellten und bewusst hingenommenen Geschmacksmangels durch den Käufer ein weiterer, bis dahin nicht feststellbarer Mangel heraus, rechtfertigt dies Gewährleistungsansprüche nicht. Möglich gewesen wäre insoweit alleine eine Irrtumsanfechtung der Beschaffenheitsvereinbarung.
Normenkette
BGB §§ 433, 454
Verfahrensgang
Tenor
Es ist beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des LG Wiesbaden vom 16.12.2010 gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.
Der Beklagte hat Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17.5.2011.
Gründe
Die Parteien sind jeweils Inhaber eines Weingutes.
Der Kläger verlangt vom Beklagten gemäß Rechnung vom 13.2.2010 (Bl. 7) für die am 10.2.2011 erfolgte Lieferung von 3.590 Litern "X-Wein" als Fasswein den Betrag von 6.408,15 EUR.
Zuvor hatte der Beklagte eine Flasche des streitgegenständlichen Weines probeweise getrunken und sodann diesen beim Kläger bestellt. Mit Schreiben vom 19.3.2010 (Bl. 8) rügte der Beklagte einen "deutlichen Wein- und Geschmacksfehler" und bat um Rücknahme des Weines bzw. um den Auftrag des Klägers zur Entsorgung.
Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe den Wein nach dessen probeweiser Verkostung für gut befunden, sich für einige Tage Bedenkzeit auserbeten und sodann den Wein geordert. Es sei genau der Wein geliefert worden, den der Beklagte zuvor probiert habe. Der veräußerte Wein sei einwandfrei gewesen.
Der Beklagte hat vorgetragen, der zur Probe angebotene Wein sei noch "bauernhell" gewesen, mithin noch nicht filtriert, sondern leicht trüb. Geschmacklich habe er einen sog. "Böcklerston" festgestellt. Er sei jedoch davon ausgegangen, diesen Mangel unschwer beseitigen zu können und habe daher den Wein bestellt. Nach dessen Lieferung habe er den Wein filtriert und eine geringe Menge Kupfer zugesetzt, um den Böcklerston zu beseitigen. Dies sei auch gelungen; jedoch habe sich nachfolgend herausgestellt, dass der Böcklerston durch einen nachhaltigen, nicht behebbaren weiteren Mangel überlagert gewesen sei, nämlich durch einen "Fehlgärton". Letzterer führe dazu, dass der Traubenwein wie Apfelwein rieche und schmecke. Dieser -versteckte- Mangel habe bereits zum Zeitpunkt der Lieferung an ihn vorgelegen und sei nicht zu beseitigen. Nach Auskunft eines Weinfachlabors in Stadt1 sei der Wein unbrauchbar und müsse entsorgt werden.
Der LG hat der Klage stattgegeben: Der Vertragsschluss sei nach vorheriger Probe des Weins erfolgt. Geliefert worden sei der bestellte Wein. Wenn der Beklagte einen von ihm festgestellten Böcklerston mittels Zugabe von Kupfer zu beseitigen versucht und nach von ihm vorgenommener Behandlung des Weines, welche nicht Vertragsgegenstand gewesen sei, einen Fehlgärton festgestellt habe, so könne dies nicht dem Kläger zugerechnet werden; vielmehr unterfalle dies dem Risikobereich des Beklagten. Der Fehlgärton sei auch nach Darstellung des Beklagten zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs nicht vorhanden gewesen. Es liege auch kein versteckter Mangel vor, der sich erst im Nachhinein gezeigt habe.
Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er trägt vor, entgegen dem LG handele es sich um einen versteckten Mangel. Der Beklagte habe nicht damit rechnen müssen, dass nach der Beseitigung des Böcklertons durch Kupferzugabe ein Fehlgärton zutage treten würde. Entgegen der Annahme des LG sei dieser bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden gewesen und nicht erst durch die von Seiten des Beklagten vorgenommene Behandlung entstanden. Der Kläger verweist auf seinen erstinstanzlichen Beweisantritt bezüglich der Vernehmung des sachverständigen Zeugen Z1. Ein Fehlgärton sei ein Mangel, der bei der Gärung entstehe; letztere sei zum Zeitpunkt der Übergabe längst abgeschlossen gewesen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Es werde bestritten, dass der Wein zum Zeitpunkt des Gefahrenüberganges einen weiteren, versteckten Mangel (Fehlgärton) gehabt habe.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg.
Der Beklagte schuldet den Kaufpreis für den von ihm beim Kläger bestellten Wein, § 433 Abs. 2 BGB.
Dabei kann zugunsten des Beklagten unterstellt werden, dass der von ihm beanstandete Fehlgärton bereits zum Zeitpunkt der Übergabe an ihn vorhanden war. Die Parteien haben vorliegend einen Kauf nach Probe vereinbart (vgl. Palandt, BGB, 70. Aufl., vor § 454 Rz. 2). Es liegt mithin eine Beschaffenheitsvereinbarung i...