Leitsatz (amtlich)

  • § 1598a BGB eröffnet innerhalb der rechtlichen Familie die Klärung der genetischen Abstammung; er gewährt dagegen keinen Anspruch auf eine förmliche, rechtsfolgenlose Feststellung der biologischen Vaterschaft.
  • § 1598a BGB kann nicht verfassungskonform dahin ausgelegt werden, dass er einen Anspruch auf Klärung der genetischen Abstammung außerhalb der rechtlichen Familie eröffnet (BVerfG, Urteil vom 19.04.2016 - 1 BvR 3309/13, FamRZ 2016, 877).
  • Ebenso wenig kann er dahin ausgelegt werden dass er einen Anspruch auf förmliche, rechtsfolgenlose Feststellung der biologischen Vaterschaft gewährt. Dies verbieten bereits die rechtlichen Voraussetzungen eines Feststellungsantrags. Zudem besteht ausweislich der aus den Gesetzgebungsmaterialien ersichtlichen legislativen Erwägungen insoweit ausdrücklich keine planwidrige Regelungslücke.
 

Normenkette

BGB §§ 1598a, 1600b, 1600d

 

Verfahrensgang

AG Darmstadt (Beschluss vom 07.04.2016; Aktenzeichen 53 F 171/15 AB)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 2.000 EUR festgesetzt

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt (noch) die förmliche Feststellung der biologischen Vaterschaft des verstorbenen P.

Der 1961 geborene Antragsteller ging aus der Ehe der Beteiligten zu 3) mit dem verstorbenen L hervor. Seine Geschwister sind die Beteiligten zu 4) und zu 5). Die Schwester von L war mit P verheiratet. Aus dieser Ehe ist ein Sohn hervorgegangen, der Antragsgegner.

Nach dem Tod von L im Jahre 1978 informierten die Beteiligte zu 3) und der verstorbene P den Antragsteller darüber, dass letzterer sein leiblicher Vater sei. Darauf zog der Antragsteller zu seinem leiblichen Vater, bei dem er bis 1983 lebte. Nach dem Tod von dessen Ehefrau im Jahre 2005 lebte die Mutter des Antragstellers (Beteiligte zu 3) bis 2013 mit Herrn P zusammen. Dieser verstarb am 22.01.2015.

Im Verfahren 53 F 170/15... ordnete das AG - Familiengericht - Darmstadt mit Beschluss vom 26.01.2015 im Wege der einstweiligen Anordnung an, dass der Antragsgegner die Entnahme einer Gewebeprobe seines verstorbenen Vaters zum Zwecke einer DNA-Extrahierung zu dulden habe. Das anhand der Gewebeprobe vom Antragsteller privat bei Professor X in Auftrag gegebene Abstammungsgutachten vom 06.02.2015... ergab eine Vaterschaftswahrscheinlichkeit von ≫ 99,9999 %.

Im Ausgangsverfahren hat der Antragsteller zuletzt einerseits die Feststellung begehrt, dass L nicht sein Vater sei, andererseits die Feststellung, dass P sein Vater sei.

Das AG hat den auf Anfechtung der Vaterschaft des Herrn L gerichteten Antrag mit Teilbeschluss vom 16.07.2015 zurückgewiesen ... Die dagegen erhobene Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 20.10.2015... zurückgewiesen. Zur Begründung haben AG und Oberlandesgericht darauf verwiesen, dass die gesetzliche Anfechtungsfrist infolge der seit 1978 bestehenden Kenntnis der für eine Vaterschaft des Herrn P sprechenden Umstände gemäß § 1600b Abs. 1 und Abs. 3 BGB abgelaufen sei, nämlich nach Ablauf von 2 Jahren nach Volljährigkeit des 1961 geborenen Antragstellers.

Mit dem nunmehr angefochtenen Endbeschluss vom 07.04.2016 hat das AG den weiteren Antrag des Antragstellers auf Feststellung der biologischen Vaterschaft des P zurückgewiesen, da das deutsche Recht für ein derartiges Begehren keine Anspruchsgrundlage biete. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.

Gegen den seiner Bevollmächtigten am 15.04.2016 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit am 17.05.2016 (Dienstag nach Pfingsten) beim AG eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage Beschwerde erhoben. Er erstrebt weiter die förmliche Feststellung, dass er der biologische Sohn des verstorbenen P sei. Seiner Auffassung nach beinhaltet sein allgemeines Persönlichkeitsrecht neben dem Anspruch auf Kenntnis der Abstammung auch das Recht auf deren förmliche Feststellung. Der Antragsgegner ist seinem Begehr entgegengetreten. Seiner Ansicht nach sind die Rechte und Interessen des Antragstellers durch die sichere Kenntnis seiner Abstammung gewahrt. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird der Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 13.06.2016 in Bezug genommen. Die weiteren Beteiligten haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II. Die gemäß § 111 Nr. 3, § 169, §§ 58 ff. FamFG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

§ 1598a BGB bietet keine Grundlage für das Ansinnen des Antragstellers. Seine Anwendung setzt einerseits voraus, dass sich das Begehr gegen den rechtlichen Vater richtet (BT-Drucks. 16/6561, S. 12; BVerfG, Urteil vom 19.04.2016 - 1 BvR 3309/13, Rn. 28 = FamRZ 2016, 877). Dies ist vorliegend nicht der verstorbene P, sondern der ebenfalls verstorbene Ehemann der Mutter des Antragstellers. Andererseits gewährt § 1598a BGB lediglich einen Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und die Duldung der Entnahme einer für diese Untersuchun...

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