Isolierte Feststellung der leiblichen Vaterschaft nach Adoption

Ist ein minderjähriges Kind adoptiert worden, hat der mutmaßliche leibliche Vater keine Möglichkeit mehr, seine Vaterschaft in einem isolierten Verfahren gerichtlich feststellen zu lassen. Nur für die Zeit bis zur Adoption ist dies bei berechtigtem Interesse möglich, wenn es z. B. um Unterhaltsansprüche oder eine Erbschaft geht.

Der BGH hat eine in der Rechtsprechung umstrittene Frage durch ein Grundsatzurteil geklärt. Entgegen der Auffassung diverser Oberlandesgerichte hat der BGH klargestellt, dass die Feststellung der leiblichen Vaterschaft in einem gerichtlichen Verfahren nicht mehr möglich ist, wenn das Kind adoptiert worden ist. In dem entschiedenen Fall wusste der mutmaßliche Erzeuger des Kindes lange nichts von seiner Vaterschaft. Die Mutter hat das Kind nach der Geburt zur Adoption freigegeben und dabei angegeben, dass ihr der Kindesvater nicht bekannt sei. Die an sich erforderliche Einwilligung des leiblichen Vaters in die Adoption wurde daher vom Gericht gemäß § 1747 Abs. 4 S. 1 BGB für entbehrlich gehalten. Es wurde angenommen, dass ein Aufenthalt dauernd unbekannt sei und die Adoption ohne seine Einwilligung ausgesprochen. Etwa zweieinhalb Jahre später erfuhr der Vater davon und wollte seine leibliche Vaterschaft gerichtlich feststellen lassen. Die Adoptiveltern verweigerten jedoch ihre Zustimmung zur Mitwirkung des Kindes an der genetischen Untersuchung, womit sie letztendlich Erfolg hatten.

Keine isolierte Feststellung der leiblichen Vaterschaft

Ist die rechtliche Vaterschaft gesetzlich bereits eindeutig und dauerhaft - wie vorliegend – den Adoptiveltern zugewiesen, dann besteht ein Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung nur in den vom Gesetz in § 1598a BGB genannten Fällen. Nach der Entscheidung des BGH ist diese Regelung abschließend und räumt dem mutmaßlichen genetischen Vater gerade keinen Anspruch ein, von Mutter und Kind die Einwilligung in eine genetische Untersuchung zu verlangen. Der mutmaßliche biologische Vater ist vom Gesetzgeber bewusst nicht in den Kreis der Klärungsberechtigten einbezogen worden. Selbst wenn dieser grundsätzlich ein Interesse an der Gewissheit über die Vaterschaft hat, soll verhindert werden, dass sein Klärungsinteresse die funktionierende soziale Familie beeinträchtigt. Er ist daher auf die Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft beschränkt, wenn er selbst bereit ist, auch rechtlich die Stellung des Vaters zu übernehmen.

Ausnahmsweise berechtigtes Interesse bei Adoption

Im Falle der Adoption besteht allerdings die Besonderheit, dass die rechtliche Beziehung zu den Adoptiveltern erst in dem Zeitpunkt begründet wird, wenn die Adoption vom Gericht ausgesprochen wird. Für die Zeit davor bleibt das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern bestehen. Dies kann sich auswirken, wenn bereits vor Ausspruch der Adoption ein Erbfall eingetreten ist, z. B. bei Tod des leiblichen Vaters, oder wenn bis zur Adoption Unterhaltsrückstände aufgelaufen sind. In diesen Fällen besteht ausnahmsweise ein zeitlich befristetes Feststellungsinteresse, die leibliche Vaterschaft klären zu lassen. Ein derartiges berechtigtes Interesse hatte der Antragsteller im vorliegenden Verfahren aber nicht dargelegt.

Leiblicher Vater nicht rechtlos gestellt

Das grundrechtlich geschützte Interesse des leiblichen Vaters wird dadurch gewahrt, dass er entweder einen Antrag auf Aufhebung der Adoption stellen kann oder aber trotz Adoption seine Rechte aus § 1686a BGB geltend machen kann, also das Recht auf Umgang mit dem Kind und Auskunftserteilung über die persönlichen Verhältnisse. Sofern es in einem solchen Verfahren auf die Klärung der leiblichen Vaterschaft ankommt, besteht gemäß § 167a FamFG die Möglichkeit, eine genetische Untersuchung durchführen zu lassen.

(BGH, Beschluss v. 15.5.2024, XII ZB 358/22)