Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorzeitige Gestattung des Zuschlags im Vergabeverfahren

 

Normenkette

GWB §§ 124, 169

 

Tenor

Der Antrag der Antragsgegnerin auf Gestattung des sofortigen Zuschlags wird zurückgewiesen.

Die Kosten dieses Verfahrens - einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin - hat die Antragsgegnerin zu tragen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens über die vorzeitige Gestattung des Zuschlags in einem Vergabeverfahren.

Die Antragsgegnerin schrieb mit EU-Bekanntmachung Nr. ... vom 15.4.2017 Bauleistungen für den Neubau der gymnasialen Oberstufe an einer Schule aus, auf das sich die Antragstellerin fristgerecht bewarb.

Die Antragsgegnerin hatte zuvor, im Jahr 2016, für das Projekt der Modernisierung einer anderen Schule ("Schule1") Bauleistungen ausgeschrieben und hierauf der Antragstellerin den Zuschlag erteilt. Bei der Durchführung dieses Auftrags setzte die Antragsgegnerin entgegen der zunächst bestehenden vertraglichen Vereinbarung Nachunternehmer ein, was die Antragsgegnerin in zwei Schreiben unter Fristsetzung mit der Aufforderung, die Leistung im eigenen Betrieb aufzunehmen, monierte. Ob - wie die Antragstellerin behauptet - die ursprüngliche Regelung konkludent abbedungen wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Wie in den beiden Schreiben angekündigt, kündigte die Antragsgegnerin am 5.5.2017 den Vertrag aus wichtigem Grund.

Im Hinblick auf das - nach Behauptung der Antragsgegnerin - vertragswidrige Verhalten der Antragstellerin, das zu der außerordentlichen Kündigung des früheren Auftrags geführt hatte, schloss die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 12.7.2017 das Angebot der Antragstellerin von dem Vergabeverfahren für den Neubau der gymnasialen Oberstufe unter Bezugnahme auf § 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A und § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB aus und teilte ihr mit, den Zuschlag einem anderen Unternehmen erteilen zu wollen.

Die Antragstellerin rügte mit Telefax vom 13.7.2017 und 18.7.2017 den Ausschluss und setzte eine Frist zur Abhilfe. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag, mit dem sie sich gegen den Ausschluss des Angebots wehrt.

Die Antragsgegnerin hat bei der Vergabekammer Antrag auf Gestattung des vorzeitigen Zuschlags gestellt. Sie hat insoweit geltend gemacht, es bestehe ein dringendes öffentliches Interesse an der vorzeitigen Erteilung des Zuschlags, da die Bereitstellung von Räumlichkeiten für die schulische Ausbildung der Kinder zur Daseinsvorsorge gehöre. Die Durchführung der baulichen Maßnahmen unterliege im Schulbereich engen zeitlichen Grenzen. Da - neben bereits eingetretener, von ihr im Wesentlichen nicht zu vertretender Verzögerungen - weitere Verzögerungen eine Verschiebung der Nutzbarkeit um ein Schuljahr bedeuteten, sei eine zügige Durchführung der in der Ausschreibung enthaltenen Maßnahmen notwendig, um eine rechtzeitige Fertigstellung zum Schuljahresbeginn 2019/2020 zu ermöglichen. Das öffentliche Interesse überwiege gegenüber dem Interesse der Antragstellerin, da der Nachprüfungsantrag jedenfalls unbegründet sei. Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB lägen vor. Sie, die Antragsgegnerin, habe den früheren öffentlichen Auftrag zu recht und wirksam außerordentlich gekündigt, da die Antragstellerin dort vertragswidrig Subunternehmer eingesetzt habe. Sie, die Antragsgegnerin, habe den Subunternehmereinsatz nicht konkludent genehmigt, was sich bereits aus den wiederholten Abmahnungen und Fristsetzungen ergebe. Dies sei zudem im hiesigen Nachprüfungsverfahren nicht umfassend zu überprüfen; für die Antragstellerin hätten vielmehr eigene Rechtsmittel gegen die Kündigung zur Verfügung bestanden. Der Ausschluss sei auch verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei aufgrund einer Prognoseentscheidung erfolgt. Sie, die Antragsgegnerin, habe davon ausgehen müssen, das die Antragstellerin wiederum nicht alle geplanten Subunternehmer benennen werde, sodass die Eignung der tatsächlich zum Einsatz kommenden Subunternehmer nicht festgestellt werden könne.

Die Antragstellerin hat die Zurückweisung des Antrags auf Gestattung des vorzeitigen Zuschlags beantragt. Sie sei durch den Ausschluss in ihren Rechten verletzt. Die beantragte Vorabgestattung unterlaufe ihr Recht auf effektiven Rechtsschutz. Es fehle eine besondere Dringlichkeit, da die Antragsgegnerin die geltend gemachte Dringlichkeit aufgrund vorheriger Verzögerungen selbst zu vertreten habe. Auch sei der Ausschluss zu Unrecht erfolgt. Die Beendigung des früheren Auftragsverhältnisses beruhe nicht auf einer mangelhaften Erfüllung einer wesentlichen Anforderung durch sie, die Antragstellerin, da die Antragsgegnerin die Tätigkeit der eingesetzten Subunternehmer genehmigt habe und das Recht zur Kündigung jedenfalls verwirkt gewesen sei. Der Ausschluss sei ermessensfehlerhaft und nicht verhältnismäßig. Die Antragsgegnerin habe keine Prognoseentscheidung getroffen, in der sie auf künftig zu erwartendes ...

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