Entscheidungsstichwort (Thema)

Herstellereigenschaft und Kennzeichnungspflicht bei einem Verbraucherprodukt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Als Hersteller im Sinne von § 6 i.V.m. § 2 Nr. 15 ProdSG gilt, wer bei einem Verbraucherprodukt die einzige Firma anbringt.

2. Der Hersteller eines in Einzelteilen zur Selbstmontage gelieferten Verbraucherprodukts hat seinen Namen und seine Kontaktanschrift gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 ProdSG unmittelbar auf dem Produkt und nicht nur auf der Umverpackung anzubringen.

 

Normenkette

ProdSG § 2 Nrn. 13, 15, § 6; UWG § 3a

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 19.11.2023; Aktenzeichen 3-08 O 56/23)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Zurückweisungsbeschluss der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19.11.2023 (Az. 3-08 O 562/23) wird der Antragsgegnerin unter teilweiser Abänderung dieses Beschlusses im Wege der einstweiligen Verfügung, der Dringlichkeit halber ohne mündliche Verhandlung, unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, untersagt

im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs als Hersteller Sitzmöbel zu vertreiben - hiervon ausgenommen ist der Gamingstuhl Novel, EAN 9010585500049, für den eine Unterlassungserklärung abgegeben wurde -, wenn dabei nicht Name und Kontaktanschrift des Herstellers oder, sofern der Hersteller seinen Sitz nicht im Europäischen Wirtschaftsraum hat, Name und Kontaktanschrift des Bevollmächtigten oder, falls kein Bevollmächtigter existiert, Name und Kontaktanschrift des Einführers auf dem Produkt - und nicht lediglich auf der Umverpackung - angegeben wird, wie nachfolgend wiedergegeben geschehen beim Gamingstuhl Novel:.

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2. Im Übrigen werden der Eilantrag und die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens (einschließlich des Beschwerdeverfahrens) tragen die Antragstellerin 30 % und die Antragsgegnerin 70 %.

4. Der Streitwert des einstweiligen Verfügungsverfahrens wird - abweichend von der Festsetzung im Beschluss des Landgerichts vom 29.11.2023 - (auch für das Beschwerdeverfahren) auf die Gebührenstufe bis 16.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin nach Abgabe einer aus ihrer Sicht zu engen Unterlassungserklärung aus Wettbewerbsrecht im Eilverfahren auf weitergehende Unterlassung in Anspruch.

Die Parteien sind unmittelbare Wettbewerber im Bereich des Vertriebs von Büromöbeln und insbesondere sog. Gamingstühlen (für Spieler von Computerspielen). Die Antragsgegnerin verfügt darüber hinaus als einer der größten Möbelanbieter in Deutschland über ein breites Sortiment (u.a.) an Möbeln, einschließlich Sitzmöbel (vgl. z.B. Anlage AG12, GA 212 ff.).

Da Antragstellerin führte am 10.10.2023 bei der Antragsgegnerin einen Testkauf durch, da sie annahm, der von dieser beworbene und angebotene "Novel GAMINGSTUHL Gelb, Schwarz Metall, Kunststoff, Textil" (Artikelnummer 0788004201, EAN: 9010585500049) könnte Rechte an ihrem Gaminstuhl "Backforce One" verletzen. Der testweise erworbene Stuhl wurde am 12.10.2023 wie im Tenor wiedergegeben in einzelnen Teilen zur Selbstmontage in einem Karton an ihren Prozessbevollmächtigten ausgeliefert (vgl. S. 5 f. des Schriftsatzes vom 29.11.2023, GA 189 f.):

Dabei befanden sich zwar auf dem Karton, wie im Tenor wiedergegeben, Etiketten, unter anderem mit der Firma und Anschrift der Antragsgegnerin. Allerdings waren die Einzelteile des Stuhls nicht mit einer Herstellerkennzeichnung versehen. Hierüber informierte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin diese am 13.10.2023 (vgl. Anlage BRP7, GA 69).

Die Antragstellerin ließ die Antragsgegnerin mit Anwaltsschreiben vom 01.11.2023 mit Fristsetzung bis zum 08.11.2023 (u.a.) wegen fehlender Herstellerkennzeichnung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 ProdSG abmahnen (vgl. Anlage BRP8, GA 70 ff.). Nach der von ihr vorformulierte Erklärung sollte sich die Antragsgegnerin verpflichten (vgl. GA 77),

"es ab sofort bei Meidung einer für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung fällig werdenden Vertragsstrafe in Höhe von EUR 10.000,00 zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Möbel ohne Nennung des Namens oder der Firma und der Anschrift des Herstellers oder, wenn dieser nicht im europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, dessen Bevollmächtigten, zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, anzubieten und/oder anbieten zu lassen oder zu vertreiben und/oder vertreiben zu lassen".

Auf den Antrag der Antragsgegnerin vom 07.11.2023 auf Fristverlängerung bis zum 15.11.2023 (Anlage BRP9, GA 80 f.) regte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin der Gegenseite gegenüber mit E-Mail vom 08.11.2023 an, bereits jetzt über eine mögliche gütliche Streitbeilegung zu verhandeln und damit nicht bis zum Ablauf der zu verlängernden Frist abzuwa...

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